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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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grösseste Maulwerck bey diesem Mord-Geschrey soll der kleine Christoph oder
Schieffer-Decker gehabt haben, den man vor allen andern habe hören kön-
nen, wie Fixel es uns zugestanden hat.

§. 15.

Fixel ist einer von denen ersten, die in die Mühle fallen,
greiffet auch sein unglückliches Gewerbe zu erst an, schläget seinen mitgenom-
menen Prügel einem Fischer der dazumahl ein Mahl-Gast war, lns Ge-
nicke und aufs Haupt, daß das Cranium zersplittert und tödlich verletzet
worden, bekannte auch uns Predigern, da er nüchterne Sinne im Gefäng-
nisse bekam, der leibhaffte böse Feind müsse ihn zur selben unglücklichen
Stunde recht in Schnüren gezogen und zu dieser That angeschärffet haben,
er wüste sonst nicht, woher er zur selbigen Zeit solchen ungemeinen dollen
Grimm bekommen, er wäre auch so ausgelassen gewesen, daß er wol alle
selbst in der Mühle die Hälse gebrochen hätte, da er doch sonsten eben nicht
so ungeheuer grimmig, sondern vielmehr eines weichen und seigen Hertzens
gewesen, welches er mehrmals im Gefängniß zween jungen Leuten zur War-
nung einschärffte, wenn er sie ermahnete, daß sie doch ja den lieben GOtt
besser fürchten lernen möchten, sonst würde der Teuffel in der Geschwindig-
keit an sie dringen, der ihnen zu denen schändlichsten Thaten die gewaltigste
Kräffte zuschieben könte.

§. 16.

Fixels Weib, die Wanckin, ob sie gleich sonsten ein salsches
Hertz gegen dis junge Blut hegete, und ihm schlechte Weiber-Treue erwie-
sen, also, daß sie in so kurtzer Zeit, da sie sich beyde geschleppet hatten, einander offt
zu Kopffe gegangen waren, er auch schon mit heimlichen Gedancken gegangen,
sie, als eine unerträgliche Xantippe zu verlassen; so war sie dennoch in die-
ser Plünderungs-Arbeit seine treue Gehülffin, folgete ihrem Manne auf dem
Fusse nach, tritt hinzu, da er den Fischer zu Boden geschlagen hatte, und
hilfft ihn binden; und da sie mit ihm fertig, läufft sie von selbst in die
Stube und bindet die Müllerin nach eigener Aussage, ohne das Fixel sol-
ches gewust, wenn sie solches nicht nachgehends selbst vor Gerichte ausgesa-
get hätte, welche Aussage auch mit der Müllerin ihrem Zeugnisse Accord
ist, die eine kleine Person glatt am Munde, und in Kleidern also staffirt,
wie die Fixelin zuvor beschrieben worden, ausgesaget, von der sie im Bette
liegend überfallen und mit einem Stricke gebunden worden. Kräffte sowol
als Muth hatte dieses Weib gnug, war auch bereits mehr bey solcher Arbeit
gewesen, wozu solcher Muth und Gewaltsamkeit erfodert worden.

§. 17.

groͤſſeſte Maulwerck bey dieſem Mord-Geſchrey ſoll der kleine Chriſtoph oder
Schieffer-Decker gehabt haben, den man vor allen andern habe hoͤren koͤn-
nen, wie Fixel es uns zugeſtanden hat.

§. 15.

Fixel iſt einer von denen erſten, die in die Muͤhle fallen,
greiffet auch ſein ungluͤckliches Gewerbe zu erſt an, ſchlaͤget ſeinen mitgenom-
menen Pruͤgel einem Fiſcher der dazumahl ein Mahl-Gaſt war, lns Ge-
nicke und aufs Haupt, daß das Cranium zerſplittert und toͤdlich verletzet
worden, bekannte auch uns Predigern, da er nuͤchterne Sinne im Gefaͤng-
niſſe bekam, der leibhaffte boͤſe Feind muͤſſe ihn zur ſelben ungluͤcklichen
Stunde recht in Schnuͤren gezogen und zu dieſer That angeſchaͤrffet haben,
er wuͤſte ſonſt nicht, woher er zur ſelbigen Zeit ſolchen ungemeinen dollen
Grimm bekommen, er waͤre auch ſo ausgelaſſen geweſen, daß er wol alle
ſelbſt in der Muͤhle die Haͤlſe gebrochen haͤtte, da er doch ſonſten eben nicht
ſo ungeheuer grimmig, ſondern vielmehr eines weichen und ſeigen Hertzens
geweſen, welches er mehrmals im Gefaͤngniß zween jungen Leuten zur War-
nung einſchaͤrffte, wenn er ſie ermahnete, daß ſie doch ja den lieben GOtt
beſſer fuͤrchten lernen moͤchten, ſonſt wuͤrde der Teuffel in der Geſchwindig-
keit an ſie dringen, der ihnen zu denen ſchaͤndlichſten Thaten die gewaltigſte
Kraͤffte zuſchieben koͤnte.

§. 16.

Fixels Weib, die Wanckin, ob ſie gleich ſonſten ein ſalſches
Hertz gegen dis junge Blut hegete, und ihm ſchlechte Weiber-Treue erwie-
ſen, alſo, daß ſie in ſo kurtzer Zeit, da ſie ſich beyde geſchleppet hatten, einander offt
zu Kopffe gegangen waren, er auch ſchon mit heimlichen Gedancken gegangen,
ſie, als eine unertraͤgliche Xantippe zu verlaſſen; ſo war ſie dennoch in die-
ſer Pluͤnderungs-Arbeit ſeine treue Gehuͤlffin, folgete ihrem Manne auf dem
Fuſſe nach, tritt hinzu, da er den Fiſcher zu Boden geſchlagen hatte, und
hilfft ihn binden; und da ſie mit ihm fertig, laͤufft ſie von ſelbſt in die
Stube und bindet die Muͤllerin nach eigener Ausſage, ohne das Fixel ſol-
ches gewuſt, wenn ſie ſolches nicht nachgehends ſelbſt vor Gerichte ausgeſa-
get haͤtte, welche Ausſage auch mit der Muͤllerin ihrem Zeugniſſe Accord
iſt, die eine kleine Perſon glatt am Munde, und in Kleidern alſo ſtaffirt,
wie die Fixelin zuvor beſchrieben worden, ausgeſaget, von der ſie im Bette
liegend uͤberfallen und mit einem Stricke gebunden worden. Kraͤffte ſowol
als Muth hatte dieſes Weib gnug, war auch bereits mehr bey ſolcher Arbeit
geweſen, wozu ſolcher Muth und Gewaltſamkeit erfodert worden.

§. 17.
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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 23[21]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/21>, abgerufen am 19.04.2024.