Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>


dazu zu bahnen, daß einmal ein vollständi-
ges Lehrgebäude der Revolutionen des Erd-
bodens und Menschengeschlechts darauf ge-
bauet werden könnte".

Noch bitte ich, die lächerliche Eitelkeit
zu bemerken, die in Hen. Herders obigem
Tadel liegt. Der gute Leser soll glauben,
Hr. Herder wisse alles, teils was bisher
schon in der Weltgeschichte geschehen, teils
was künftig noch darinn geschehen müsse!
Wie weiß er das eine, wie kan er das zwei-
te messen? Das sind Kenntnisse, die der Him-
mel, seinen Freunden nicht einmal, im Schla-
fe giebt: Studium, langes Studium, ge-
hört dazu. Historicus non nascitur, sed fit.

3. Bei der ganzen alten Geschichte feh-
let noch die ware Reinigung des Grun-
des.

Reinigung des Grundes, ein pompeuser
Ausdruck! Platter und verständlicher würde
der Einwurf so lauten: "Viele alte Schrift-
steller, aus denen wir Facta für die alte Welt-
geschichte holen, sind noch zur Zeit schlecht
edirt (Strabo z. E. und Mela!). Die Her-
ausgeber waren meist bloße Philologen, und
unfähig, dem Historiker in die Hände zu ar-
beiten. Selbst in der kleinen Kritik ist den

Leuten


dazu zu bahnen, daß einmal ein vollſtaͤndi-
ges Lehrgebaͤude der Revolutionen des Erd-
bodens und Menſchengeſchlechts darauf ge-
bauet werden koͤnnte”.

Noch bitte ich, die laͤcherliche Eitelkeit
zu bemerken, die in Hen. Herders obigem
Tadel liegt. Der gute Leſer ſoll glauben,
Hr. Herder wiſſe alles, teils was bisher
ſchon in der Weltgeſchichte geſchehen, teils
was kuͤnftig noch darinn geſchehen muͤſſe!
Wie weiß er das eine, wie kan er das zwei-
te meſſen? Das ſind Kenntniſſe, die der Him-
mel, ſeinen Freunden nicht einmal, im Schla-
fe giebt: Studium, langes Studium, ge-
hoͤrt dazu. Hiſtoricus non naſcitur, ſed fit.

3. Bei der ganzen alten Geſchichte feh-
let noch die ware Reinigung des Grun-
des.

Reinigung des Grundes, ein pompeuſer
Ausdruck! Platter und verſtaͤndlicher wuͤrde
der Einwurf ſo lauten: “Viele alte Schrift-
ſteller, aus denen wir Facta fuͤr die alte Welt-
geſchichte holen, ſind noch zur Zeit ſchlecht
edirt (Strabo z. E. und Mela!). Die Her-
ausgeber waren meiſt bloße Philologen, und
unfaͤhig, dem Hiſtoriker in die Haͤnde zu ar-
beiten. Selbſt in der kleinen Kritik iſt den

Leuten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0062" n="266[42]"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> dazu zu bahnen, daß einmal ein voll&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ges Lehrgeba&#x0364;ude der Revolutionen des Erd-<lb/>
bodens und Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts darauf ge-<lb/>
bauet werden ko&#x0364;nnte&#x201D;.</p><lb/>
          <p>Noch bitte ich, die la&#x0364;cherliche <hi rendition="#fr">Eitelkeit</hi><lb/>
zu bemerken, die in Hen. Herders obigem<lb/>
Tadel liegt. Der gute Le&#x017F;er &#x017F;oll glauben,<lb/>
Hr. Herder wi&#x017F;&#x017F;e alles, teils was bisher<lb/>
&#x017F;chon in der Weltge&#x017F;chichte ge&#x017F;chehen, teils<lb/>
was ku&#x0364;nftig noch darinn ge&#x017F;chehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e!<lb/>
Wie weiß er das eine, wie kan er das zwei-<lb/>
te me&#x017F;&#x017F;en? Das &#x017F;ind Kenntni&#x017F;&#x017F;e, die der Him-<lb/>
mel, &#x017F;einen Freunden nicht einmal, im <hi rendition="#fr">Schla-<lb/>
fe</hi> giebt: <hi rendition="#fr">Studium,</hi> langes Studium, ge-<lb/>
ho&#x0364;rt dazu. <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toricus non na&#x017F;citur, &#x017F;ed fit.</hi></p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">3. <hi rendition="#aq">Bei der ganzen alten Ge&#x017F;chichte feh-<lb/>
let noch die <hi rendition="#i">ware Reinigung des Grun-<lb/>
des</hi>.</hi></hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Reinigung des Grundes</hi>,</hi> ein pompeu&#x017F;er<lb/>
Ausdruck! Platter und ver&#x017F;ta&#x0364;ndlicher wu&#x0364;rde<lb/>
der Einwurf &#x017F;o lauten: &#x201C;Viele alte Schrift-<lb/>
&#x017F;teller, aus denen wir Facta fu&#x0364;r die alte Welt-<lb/>
ge&#x017F;chichte holen, &#x017F;ind noch zur Zeit &#x017F;chlecht<lb/>
edirt (Strabo z. E. und Mela!). Die Her-<lb/>
ausgeber waren mei&#x017F;t bloße Philologen, und<lb/>
unfa&#x0364;hig, dem Hi&#x017F;toriker in die Ha&#x0364;nde zu ar-<lb/>
beiten. Selb&#x017F;t in der kleinen Kritik i&#x017F;t den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leuten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266[42]/0062] dazu zu bahnen, daß einmal ein vollſtaͤndi- ges Lehrgebaͤude der Revolutionen des Erd- bodens und Menſchengeſchlechts darauf ge- bauet werden koͤnnte”. Noch bitte ich, die laͤcherliche Eitelkeit zu bemerken, die in Hen. Herders obigem Tadel liegt. Der gute Leſer ſoll glauben, Hr. Herder wiſſe alles, teils was bisher ſchon in der Weltgeſchichte geſchehen, teils was kuͤnftig noch darinn geſchehen muͤſſe! Wie weiß er das eine, wie kan er das zwei- te meſſen? Das ſind Kenntniſſe, die der Him- mel, ſeinen Freunden nicht einmal, im Schla- fe giebt: Studium, langes Studium, ge- hoͤrt dazu. Hiſtoricus non naſcitur, ſed fit. 3. Bei der ganzen alten Geſchichte feh- let noch die ware Reinigung des Grun- des. Reinigung des Grundes, ein pompeuſer Ausdruck! Platter und verſtaͤndlicher wuͤrde der Einwurf ſo lauten: “Viele alte Schrift- ſteller, aus denen wir Facta fuͤr die alte Welt- geſchichte holen, ſind noch zur Zeit ſchlecht edirt (Strabo z. E. und Mela!). Die Her- ausgeber waren meiſt bloße Philologen, und unfaͤhig, dem Hiſtoriker in die Haͤnde zu ar- beiten. Selbſt in der kleinen Kritik iſt den Leuten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/62
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 266[42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/62>, abgerufen am 22.11.2024.