Aus Furcht und Bangigkeit geschieht es augenscheinlich nicht. Die Recension ist schon seit mer als einem Jare gedruckt; so lange wartete ich mit Fleiß mit meiner Antwort. Sie hat gar keinen Ton im Publico, nicht einmal unter späteren Recen- senten, angegeben. Sicher und ruhig hätte ich sie also in ihrer bereits eingetretenen Vergessenheit modern lassen können.
Wäre sie immer anonymisch geblieben: so würde ich natürlicher Weise noch weni- ger Notiz von ihr genommen haben. A- ber da es, ich weiß nicht durch einen Zu- fall, oder mit Hrn. Herders Vorsatze, all- gemein bekannt wurde, daß die Recension von ihm wäre: so war ich seinem bekann- ten, und zwar nicht durch Historie, aber doch durch Belleslettres, berühmten Namen mer Aufmerksamkeit schuldig, als einem namenlosen Unbekannten.
Endlich sah ich diese Recension von einer gewissen Nebenseite an, von der sie mir wichtig schien: -- als eine Urkunde des leidigen Recensenten-Unfugs, der seit etwa zehen Jaren unsre Deutsche Litteratur schändet.
Zwar
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Vorbericht.
Aus Furcht und Bangigkeit geſchieht es augenſcheinlich nicht. Die Recenſion iſt ſchon ſeit mer als einem Jare gedruckt; ſo lange wartete ich mit Fleiß mit meiner Antwort. Sie hat gar keinen Ton im Publico, nicht einmal unter ſpaͤteren Recen- ſenten, angegeben. Sicher und ruhig haͤtte ich ſie alſo in ihrer bereits eingetretenen Vergeſſenheit modern laſſen koͤnnen.
Waͤre ſie immer anonymiſch geblieben: ſo wuͤrde ich natuͤrlicher Weiſe noch weni- ger Notiz von ihr genommen haben. A- ber da es, ich weiß nicht durch einen Zu- fall, oder mit Hrn. Herders Vorſatze, all- gemein bekannt wurde, daß die Recenſion von ihm waͤre: ſo war ich ſeinem bekann- ten, und zwar nicht durch Hiſtorie, aber doch durch Belleslettres, beruͤhmten Namen mer Aufmerkſamkeit ſchuldig, als einem namenloſen Unbekannten.
Endlich ſah ich dieſe Recenſion von einer gewiſſen Nebenſeite an, von der ſie mir wichtig ſchien: — als eine Urkunde des leidigen Recenſenten-Unfugs, der ſeit etwa zehen Jaren unſre Deutſche Litteratur ſchaͤndet.
Zwar
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[0013]
Vorbericht.
Aus Furcht und Bangigkeit geſchieht
es augenſcheinlich nicht. Die Recenſion
iſt ſchon ſeit mer als einem Jare gedruckt;
ſo lange wartete ich mit Fleiß mit meiner
Antwort. Sie hat gar keinen Ton im
Publico, nicht einmal unter ſpaͤteren Recen-
ſenten, angegeben. Sicher und ruhig haͤtte
ich ſie alſo in ihrer bereits eingetretenen
Vergeſſenheit modern laſſen koͤnnen.
Waͤre ſie immer anonymiſch geblieben:
ſo wuͤrde ich natuͤrlicher Weiſe noch weni-
ger Notiz von ihr genommen haben. A-
ber da es, ich weiß nicht durch einen Zu-
fall, oder mit Hrn. Herders Vorſatze, all-
gemein bekannt wurde, daß die Recenſion
von ihm waͤre: ſo war ich ſeinem bekann-
ten, und zwar nicht durch Hiſtorie, aber
doch durch Belleslettres, beruͤhmten Namen
mer Aufmerkſamkeit ſchuldig, als einem
namenloſen Unbekannten.
Endlich ſah ich dieſe Recenſion von
einer gewiſſen Nebenſeite an, von der ſie
mir wichtig ſchien: — als eine Urkunde
des leidigen Recenſenten-Unfugs, der
ſeit etwa zehen Jaren unſre Deutſche
Litteratur ſchaͤndet.
Zwar
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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/13>, abgerufen am 16.02.2025.
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