Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite



riker nur 2 dazu spendiren, so würde ich
eher fertig. Jch fodere sie nicht als Colle-
cten: ich erbitte sie mir als Muster, wor-
nach ich die meinigen formen könnte.

III. Die ganze Universalhistorie muß
nur Ein großes Ganze seyn. Dieses giebt
mir also Hr. H. zu. Nun um dieses große
Ganze
als ganz auf die Seele des Kindes,
Schülers, Zuhörers, oder Lesers, aufzutra-
gen, muß man stückweise verfaren, das
große Bild in Teile zerschneiden, aus je-
dem Teil ein eignes Bild, ein kleineres
Ganze, machen, aber schon beim Auftragen da-
hin sehen, daß künftig so viel möglich kein Teil
insularisch da stehe, sondern sich sogleich in
seiner Verbindung mit andern auf allen Sei-
ten zeige, und folglich am Ende der Arbeit
Ein Bild, aus vielen kleinen zusammenge-
setzt, dem Auge entgegen komme. Dies ist
der Gang der Natur bei der Menschenseele,
die so wenig, als das körperliche Auge, ein
allzugroßes Bild auf einmal fassen kan:
Trennung des großen in kleinere Bilder,
Verweilen bei diesen einzelnen Bildern, end-
lich Rückkehr zum großen Bilde, und Zu-
sammensetzung aller in Eins, -- dies ist der
Gang der Menschenseele. So lernen unsre

Kinder
U 2



riker nur 2 dazu ſpendiren, ſo wuͤrde ich
eher fertig. Jch fodere ſie nicht als Colle-
cten: ich erbitte ſie mir als Muſter, wor-
nach ich die meinigen formen koͤnnte.

III. Die ganze Univerſalhiſtorie muß
nur Ein großes Ganze ſeyn. Dieſes giebt
mir alſo Hr. H. zu. Nun um dieſes große
Ganze
als ganz auf die Seele des Kindes,
Schuͤlers, Zuhoͤrers, oder Leſers, aufzutra-
gen, muß man ſtuͤckweiſe verfaren, das
große Bild in Teile zerſchneiden, aus je-
dem Teil ein eignes Bild, ein kleineres
Ganze, machen, aber ſchon beim Auftragen da-
hin ſehen, daß kuͤnftig ſo viel moͤglich kein Teil
inſulariſch da ſtehe, ſondern ſich ſogleich in
ſeiner Verbindung mit andern auf allen Sei-
ten zeige, und folglich am Ende der Arbeit
Ein Bild, aus vielen kleinen zuſammenge-
ſetzt, dem Auge entgegen komme. Dies iſt
der Gang der Natur bei der Menſchenſeele,
die ſo wenig, als das koͤrperliche Auge, ein
allzugroßes Bild auf einmal faſſen kan:
Trennung des großen in kleinere Bilder,
Verweilen bei dieſen einzelnen Bildern, end-
lich Ruͤckkehr zum großen Bilde, und Zu-
ſammenſetzung aller in Eins, — dies iſt der
Gang der Menſchenſeele. So lernen unſre

Kinder
U 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0103" n="307[83]"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> riker nur 2 dazu &#x017F;pendiren, &#x017F;o wu&#x0364;rde ich<lb/>
eher fertig. Jch fodere &#x017F;ie nicht als Colle-<lb/>
cten: ich erbitte &#x017F;ie mir als Mu&#x017F;ter, wor-<lb/>
nach ich die meinigen formen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Die ganze Univer&#x017F;alhi&#x017F;torie muß<lb/>
nur <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ein großes Ganze</hi></hi> &#x017F;eyn. Die&#x017F;es giebt<lb/>
mir al&#x017F;o Hr. H. zu. Nun um die&#x017F;es <hi rendition="#fr">große<lb/>
Ganze</hi> als <hi rendition="#fr">ganz</hi> auf die Seele des Kindes,<lb/>
Schu&#x0364;lers, Zuho&#x0364;rers, oder Le&#x017F;ers, aufzutra-<lb/>
gen, muß man <hi rendition="#fr">&#x017F;tu&#x0364;ckwei&#x017F;e</hi> verfaren, das<lb/>
große Bild in Teile zer&#x017F;chneiden, aus je-<lb/>
dem Teil ein eignes Bild, ein kleineres<lb/>
Ganze, machen, aber &#x017F;chon beim Auftragen da-<lb/>
hin &#x017F;ehen, daß ku&#x0364;nftig &#x017F;o viel mo&#x0364;glich kein Teil<lb/>
in&#x017F;ulari&#x017F;ch da &#x017F;tehe, &#x017F;ondern &#x017F;ich &#x017F;ogleich in<lb/>
&#x017F;einer Verbindung mit andern auf allen Sei-<lb/>
ten zeige, und folglich am Ende der Arbeit<lb/>
Ein Bild, aus vielen kleinen zu&#x017F;ammenge-<lb/>
&#x017F;etzt, dem Auge entgegen komme. Dies i&#x017F;t<lb/>
der Gang der Natur bei der Men&#x017F;chen&#x017F;eele,<lb/>
die &#x017F;o wenig, als das ko&#x0364;rperliche Auge, ein<lb/>
allzugroßes Bild auf einmal fa&#x017F;&#x017F;en kan:<lb/>
Trennung des großen in kleinere Bilder,<lb/>
Verweilen bei die&#x017F;en einzelnen Bildern, end-<lb/>
lich Ru&#x0364;ckkehr zum großen Bilde, und Zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;etzung aller in Eins, &#x2014; dies i&#x017F;t der<lb/>
Gang der Men&#x017F;chen&#x017F;eele. So lernen un&#x017F;re<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Kinder</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307[83]/0103] riker nur 2 dazu ſpendiren, ſo wuͤrde ich eher fertig. Jch fodere ſie nicht als Colle- cten: ich erbitte ſie mir als Muſter, wor- nach ich die meinigen formen koͤnnte. III. Die ganze Univerſalhiſtorie muß nur Ein großes Ganze ſeyn. Dieſes giebt mir alſo Hr. H. zu. Nun um dieſes große Ganze als ganz auf die Seele des Kindes, Schuͤlers, Zuhoͤrers, oder Leſers, aufzutra- gen, muß man ſtuͤckweiſe verfaren, das große Bild in Teile zerſchneiden, aus je- dem Teil ein eignes Bild, ein kleineres Ganze, machen, aber ſchon beim Auftragen da- hin ſehen, daß kuͤnftig ſo viel moͤglich kein Teil inſulariſch da ſtehe, ſondern ſich ſogleich in ſeiner Verbindung mit andern auf allen Sei- ten zeige, und folglich am Ende der Arbeit Ein Bild, aus vielen kleinen zuſammenge- ſetzt, dem Auge entgegen komme. Dies iſt der Gang der Natur bei der Menſchenſeele, die ſo wenig, als das koͤrperliche Auge, ein allzugroßes Bild auf einmal faſſen kan: Trennung des großen in kleinere Bilder, Verweilen bei dieſen einzelnen Bildern, end- lich Ruͤckkehr zum großen Bilde, und Zu- ſammenſetzung aller in Eins, — dies iſt der Gang der Menſchenſeele. So lernen unſre Kinder U 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/103
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 307[83]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/103>, abgerufen am 06.05.2024.