Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 1. Göttingen u. a., 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Kap. II §. 20.
nen; man muß sich das ganze Zeitalter,
in dem dieses grosse Genie aufblühete, vor-
stellen können; man muß wissen, wie es in,
dem Jahrhunderte des Hippokrates in und
ausser Griechenland, in der ganzen übrigen
bekannten Welt, in Aegypten, Persien,
Babylon, und Rom, ausgesehen habe.

Diese Foderung ist weit schwerer, wie
die vorige §. 19. Begebenheiten, die von
Natur in einander verflochten sind, lassen
sich eben dadurch leichte als gleichzeitig den-
ken: aber Begebenheiten ohne allen merkli-
chen Realzusammenhang, die Siege des Ti-
murs und die Jntriguen der Margaretha,
wie lassen sich diese als coexistent behalten?
Sie haben keine Verbindungspuncte, sie
verhalten sich eben so willkührlich wie Wör-
ter und Jdeen zusammen, und die systema-
tische Weltgeschichte scheint dadurch eine eben
so lästige Memoriensache wie das Sprachen-
lernen zu werden.

§. 21.

Kap. II §. 20.
nen; man muß ſich das ganze Zeitalter,
in dem dieſes groſſe Genie aufbluͤhete, vor-
ſtellen koͤnnen; man muß wiſſen, wie es in,
dem Jahrhunderte des Hippokrates in und
auſſer Griechenland, in der ganzen uͤbrigen
bekannten Welt, in Aegypten, Perſien,
Babylon, und Rom, ausgeſehen habe.

Dieſe Foderung iſt weit ſchwerer, wie
die vorige §. 19. Begebenheiten, die von
Natur in einander verflochten ſind, laſſen
ſich eben dadurch leichte als gleichzeitig den-
ken: aber Begebenheiten ohne allen merkli-
chen Realzuſammenhang, die Siege des Ti-
murs und die Jntriguen der Margaretha,
wie laſſen ſich dieſe als coexiſtent behalten?
Sie haben keine Verbindungspuncte, ſie
verhalten ſich eben ſo willkuͤhrlich wie Woͤr-
ter und Jdeen zuſammen, und die ſyſtema-
tiſche Weltgeſchichte ſcheint dadurch eine eben
ſo laͤſtige Memorienſache wie das Sprachen-
lernen zu werden.

§. 21.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0062" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kap. <hi rendition="#aq">II</hi> §. 20.</hi></fw><lb/>
nen; man muß &#x017F;ich das ganze Zeitalter,<lb/>
in dem die&#x017F;es gro&#x017F;&#x017F;e Genie aufblu&#x0364;hete, vor-<lb/>
&#x017F;tellen ko&#x0364;nnen; man muß wi&#x017F;&#x017F;en, wie es in,<lb/>
dem Jahrhunderte des Hippokrates in und<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er Griechenland, in der ganzen u&#x0364;brigen<lb/>
bekannten Welt, in Aegypten, Per&#x017F;ien,<lb/>
Babylon, und Rom, ausge&#x017F;ehen habe.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Foderung i&#x017F;t weit &#x017F;chwerer, wie<lb/>
die vorige §. 19. Begebenheiten, die von<lb/>
Natur in einander verflochten &#x017F;ind, la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich eben dadurch leichte als gleichzeitig den-<lb/>
ken: aber Begebenheiten ohne allen merkli-<lb/>
chen Realzu&#x017F;ammenhang, die Siege des Ti-<lb/>
murs und die Jntriguen der Margaretha,<lb/>
wie la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die&#x017F;e als coexi&#x017F;tent behalten?<lb/>
Sie haben keine Verbindungspuncte, &#x017F;ie<lb/>
verhalten &#x017F;ich eben &#x017F;o willku&#x0364;hrlich wie Wo&#x0364;r-<lb/>
ter und Jdeen zu&#x017F;ammen, und die &#x017F;y&#x017F;tema-<lb/>
ti&#x017F;che Weltge&#x017F;chichte &#x017F;cheint dadurch eine eben<lb/>
&#x017F;o la&#x0364;&#x017F;tige Memorien&#x017F;ache wie das Sprachen-<lb/>
lernen zu werden.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 21.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0062] Kap. II §. 20. nen; man muß ſich das ganze Zeitalter, in dem dieſes groſſe Genie aufbluͤhete, vor- ſtellen koͤnnen; man muß wiſſen, wie es in, dem Jahrhunderte des Hippokrates in und auſſer Griechenland, in der ganzen uͤbrigen bekannten Welt, in Aegypten, Perſien, Babylon, und Rom, ausgeſehen habe. Dieſe Foderung iſt weit ſchwerer, wie die vorige §. 19. Begebenheiten, die von Natur in einander verflochten ſind, laſſen ſich eben dadurch leichte als gleichzeitig den- ken: aber Begebenheiten ohne allen merkli- chen Realzuſammenhang, die Siege des Ti- murs und die Jntriguen der Margaretha, wie laſſen ſich dieſe als coexiſtent behalten? Sie haben keine Verbindungspuncte, ſie verhalten ſich eben ſo willkuͤhrlich wie Woͤr- ter und Jdeen zuſammen, und die ſyſtema- tiſche Weltgeſchichte ſcheint dadurch eine eben ſo laͤſtige Memorienſache wie das Sprachen- lernen zu werden. §. 21.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772/62
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 1. Göttingen u. a., 1772, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772/62>, abgerufen am 03.12.2024.