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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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gefässe mit eulenköpfen.
der ganzen Gegend nicht vorkommt. Ich zweifle daher
nicht im geringsten daran, dass dieses trojanische Volk
der Steinperiode den Priapus göttlich verehrt und, zu
den indogermanischen Völkerstämmen gehörend, diese
Religion schon von Baktrien mitgebracht hat, denn in
Indien wird der Gott der Erzeugung und der Zerstörung
bekanntlich in dieser Form dargestellt und angebetet.
Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass diese alten Tro-
janer die Vorfahren des grossen hellenischen Volks sind;
denn ich fand bereits mehrfach auf Bechern und Vasen
von Terracotta den Kopf der Eule dargestellt, welche
muthmasslich die Ur-Urgrossmutter des athenischen
Vogels der Pallas-Athene ist.

Ausser dem erwähnten kleinen Stück Silberdraht
und zwei kupfernen Nägeln habe ich bisjetzt in den
Schichten der Steinperiode keine Spur von Metall ge-
funden.

Gleichwie in den obern Schichten finde ich auch in
jenen der Steinperiode viele Eberzähne, die ohne Aus-
nahme in letzterer alle zugespitzt sind und als Werk-
zeuge gedient haben. Unbegreiflich ist es mir, wie die
Männer der Steinperiode mit ihren unvollkommenen
Waffen wilde Schweine zu erlegen im Stande waren.
Ihre Lanzen sind zwar -- gleich fast allen andern Waffen
und Werkzeugen -- aus sehr hartem schwarzen oder
grünen Stein, aber doch so stumpf, dass eine wahre
Riesenkraft dazu gehören muss, um damit einen Eber
zu tödten. Hämmer und Aexte kommen in allen Grössen
in grossen Massen vor. Ebenso finde ich sehr viele Ge-
wichte von Granit, auch viele Handmühlen von Lava,
die aus zwei etwa 1 Fuss langen, von einer Seite ovalen,

gefässe mit eulenköpfen.
der ganzen Gegend nicht vorkommt. Ich zweifle daher
nicht im geringsten daran, dass dieses trojanische Volk
der Steinperiode den Priapus göttlich verehrt und, zu
den indogermanischen Völkerstämmen gehörend, diese
Religion schon von Baktrien mitgebracht hat, denn in
Indien wird der Gott der Erzeugung und der Zerstörung
bekanntlich in dieser Form dargestellt und angebetet.
Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass diese alten Tro-
janer die Vorfahren des grossen hellenischen Volks sind;
denn ich fand bereits mehrfach auf Bechern und Vasen
von Terracotta den Kopf der Eule dargestellt, welche
muthmasslich die Ur-Urgrossmutter des athenischen
Vogels der Pallas-Athene ist.

Ausser dem erwähnten kleinen Stück Silberdraht
und zwei kupfernen Nägeln habe ich bisjetzt in den
Schichten der Steinperiode keine Spur von Metall ge-
funden.

Gleichwie in den obern Schichten finde ich auch in
jenen der Steinperiode viele Eberzähne, die ohne Aus-
nahme in letzterer alle zugespitzt sind und als Werk-
zeuge gedient haben. Unbegreiflich ist es mir, wie die
Männer der Steinperiode mit ihren unvollkommenen
Waffen wilde Schweine zu erlegen im Stande waren.
Ihre Lanzen sind zwar — gleich fast allen andern Waffen
und Werkzeugen — aus sehr hartem schwarzen oder
grünen Stein, aber doch so stumpf, dass eine wahre
Riesenkraft dazu gehören muss, um damit einen Eber
zu tödten. Hämmer und Aexte kommen in allen Grössen
in grossen Massen vor. Ebenso finde ich sehr viele Ge-
wichte von Granit, auch viele Handmühlen von Lava,
die aus zwei etwa 1 Fuss langen, von einer Seite ovalen,

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[25/0091] gefässe mit eulenköpfen. der ganzen Gegend nicht vorkommt. Ich zweifle daher nicht im geringsten daran, dass dieses trojanische Volk der Steinperiode den Priapus göttlich verehrt und, zu den indogermanischen Völkerstämmen gehörend, diese Religion schon von Baktrien mitgebracht hat, denn in Indien wird der Gott der Erzeugung und der Zerstörung bekanntlich in dieser Form dargestellt und angebetet. Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass diese alten Tro- janer die Vorfahren des grossen hellenischen Volks sind; denn ich fand bereits mehrfach auf Bechern und Vasen von Terracotta den Kopf der Eule dargestellt, welche muthmasslich die Ur-Urgrossmutter des athenischen Vogels der Pallas-Athene ist. Ausser dem erwähnten kleinen Stück Silberdraht und zwei kupfernen Nägeln habe ich bisjetzt in den Schichten der Steinperiode keine Spur von Metall ge- funden. Gleichwie in den obern Schichten finde ich auch in jenen der Steinperiode viele Eberzähne, die ohne Aus- nahme in letzterer alle zugespitzt sind und als Werk- zeuge gedient haben. Unbegreiflich ist es mir, wie die Männer der Steinperiode mit ihren unvollkommenen Waffen wilde Schweine zu erlegen im Stande waren. Ihre Lanzen sind zwar — gleich fast allen andern Waffen und Werkzeugen — aus sehr hartem schwarzen oder grünen Stein, aber doch so stumpf, dass eine wahre Riesenkraft dazu gehören muss, um damit einen Eber zu tödten. Hämmer und Aexte kommen in allen Grössen in grossen Massen vor. Ebenso finde ich sehr viele Ge- wichte von Granit, auch viele Handmühlen von Lava, die aus zwei etwa 1 Fuss langen, von einer Seite ovalen,

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/91>, abgerufen am 30.04.2024.