Da der jetzige Name des Simois, Dumbrek kein türkisches Wort ist, so will man darin eine Corruption des Namens Thymbrius erkennen, und somit beweisen, dass der am Fusse der Trümmer von Ophrynium vor- beifliessende, das nordöstliche Thal der Ebene von Troja durchströmende und sich vor Ilium in den Kalifatli- Asmak, das uralte Bett des Scamander, werfende Fluss der Thymbrius ist und unmöglich der Simois sein kann.
Ich erwidere darauf: dass kein Beispiel vorhanden ist, dass ein griechischer auf os endigender Name auf türkisch durch ein mit einem k endigendes Wort wiedergegeben wäre; ferner dass Dumbrek jedenfalls eine Corruption der beiden türkischen Worte [ - 3 Zeichen fehlen][ - 4 Zeichen fehlen], Don barek, sein muss. Don heisst Eis und barek drückt den Besitz oder die Wohnung aus; die beiden Worte würden daher soviel heissen, als Eis innehabend, und dürfte sich der Name dadurch erklären, dass die durch den Simois verursachten Ueberschwemmungen öfter bei der Winterkälte gefrieren und die ganze Nordost-Ebene eine Eisdecke bildet. Im ganzen Alterthum aber wurde dieser Fluss Simois genannt, denn nach Strabo (XIII, 1, S. 103) war auf einem Hügel zu Ophrynium das dem Hektor geweihte Wäldchen; nach Lykophron (Kassandra) war der Held in Ophrynium begraben, und nach Virgil (Aeneis, III, 302--305), welcher der gewis- senhafteste Ueberlieferer der Traditionen ist, war das Grab Hektor's im Wäldchen nahe am Ufer des Simois.
Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
Da der jetzige Name des Simoïs, Dumbrek kein türkisches Wort ist, so will man darin eine Corruption des Namens Thymbrius erkennen, und somit beweisen, dass der am Fusse der Trümmer von Ophrynium vor- beifliessende, das nordöstliche Thal der Ebene von Troja durchströmende und sich vor Ilium in den Kalifatli- Asmak, das uralte Bett des Scamander, werfende Fluss der Thymbrius ist und unmöglich der Simoïs sein kann.
Ich erwidere darauf: dass kein Beispiel vorhanden ist, dass ein griechischer auf os endigender Name auf türkisch durch ein mit einem k endigendes Wort wiedergegeben wäre; ferner dass Dumbrek jedenfalls eine Corruption der beiden türkischen Worte [ – 3 Zeichen fehlen][ – 4 Zeichen fehlen], Don barek, sein muss. Don heisst Eis und barek drückt den Besitz oder die Wohnung aus; die beiden Worte würden daher soviel heissen, als Eis innehabend, und dürfte sich der Name dadurch erklären, dass die durch den Simoïs verursachten Ueberschwemmungen öfter bei der Winterkälte gefrieren und die ganze Nordost-Ebene eine Eisdecke bildet. Im ganzen Alterthum aber wurde dieser Fluss Simoïs genannt, denn nach Strabo (XIII, 1, S. 103) war auf einem Hügel zu Ophrynium das dem Hektor geweihte Wäldchen; nach Lykophron (Kassandra) war der Held in Ophrynium begraben, und nach Virgil (Aeneis, III, 302—305), welcher der gewis- senhafteste Ueberlieferer der Traditionen ist, war das Grab Hektor’s im Wäldchen nahe am Ufer des Simoïs.
Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
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[[320]/0386]
Da der jetzige Name des Simoïs, Dumbrek kein
türkisches Wort ist, so will man darin eine Corruption
des Namens Thymbrius erkennen, und somit beweisen,
dass der am Fusse der Trümmer von Ophrynium vor-
beifliessende, das nordöstliche Thal der Ebene von Troja
durchströmende und sich vor Ilium in den Kalifatli-
Asmak, das uralte Bett des Scamander, werfende Fluss
der Thymbrius ist und unmöglich der Simoïs sein kann.
Ich erwidere darauf: dass kein Beispiel vorhanden
ist, dass ein griechischer auf os endigender Name auf
türkisch durch ein mit einem k endigendes Wort
wiedergegeben wäre; ferner dass Dumbrek jedenfalls
eine Corruption der beiden türkischen Worte ___ ____,
Don barek, sein muss. Don heisst Eis und barek drückt
den Besitz oder die Wohnung aus; die beiden Worte
würden daher soviel heissen, als Eis innehabend, und
dürfte sich der Name dadurch erklären, dass die durch
den Simoïs verursachten Ueberschwemmungen öfter bei
der Winterkälte gefrieren und die ganze Nordost-Ebene
eine Eisdecke bildet. Im ganzen Alterthum aber
wurde dieser Fluss Simoïs genannt, denn nach Strabo
(XIII, 1, S. 103) war auf einem Hügel zu Ophrynium
das dem Hektor geweihte Wäldchen; nach Lykophron
(Kassandra) war der Held in Ophrynium begraben, und
nach Virgil (Aeneis, III, 302—305), welcher der gewis-
senhafteste Ueberlieferer der Traditionen ist, war das
Grab Hektor’s im Wäldchen nahe am Ufer des Simoïs.
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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. [320]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/386>, abgerufen am 22.12.2024.
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