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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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strabo's ueberlieferung.
aufzunehmen, rührt die sich in durchschnittlich 9 Meter
Tiefe durch den grössten Theil des Berges ziehende
Schlackenschicht von geschmolzenem Blei- und Kupfer-
erz her, welches hier zur Zeit von Trojas Zerstörung in
grossen Massen vorhanden gewesen sein muss.

Strabo sagt (XIII, § 599, Ausgabe Forbiger): "Von
der alten Stadt (Troja) hat sich keine Spur erhalten.
Sehr natürlich, denn da die Städte ringsum zwar ver-
wüstet, jedoch nicht ganz zerstört waren, sie aber von
Grund aus geschleift war, so wurden alle Steine zur
Wiederherstellung jener weggeführt. So soll wenigstens
Archäanax aus Mitylene mit den Steinen von dort her
Sigeum ummauert haben." Diese Angaben Strabo's
sind aber durchaus falsch, und ist die Sage des Alter-
thums, als sei Troja von Grund aus geschleift, nur da-
durch zu erklären, dass es, tief in kolossalen Massen von
Holzasche und Steinen begraben, von einer neuen Stadt
überbaut, und diese, wiederum zerstört, abermals von
Gebäuden überbaut wurde, die ein gleiches Schicksal
hatten, bis endlich die auf Troja lastende Schuttmasse
6 bis 8 Meter Dicke erreichte und auf dieser die Akropolis
des Ilion der griechischen Colonie gegründet wurde.

Infolge meinr früheren irrigen Idee, dass Troja
nur auf dem Urboden und ganz nahe darüber zu suchen
sei, ist leider 1871 und 1872 ein grosser Theil der
Stadt von mir zerstört worden, denn ich habe damals
alle mir in den höhern Schuttschichten in den Weg
kommenden Hauswände niedergebrochen. Sobald ich
aber in diesem Jahre durch klare Beweise zur bestimm-
ten Ueberzeugung gelangt war, dass Troja nicht auf
dem Urboden, sondern in 7 bis 10 Meter Tiefe zu suchen

strabo’s ueberlieferung.
aufzunehmen, rührt die sich in durchschnittlich 9 Meter
Tiefe durch den grössten Theil des Berges ziehende
Schlackenschicht von geschmolzenem Blei- und Kupfer-
erz her, welches hier zur Zeit von Trojas Zerstörung in
grossen Massen vorhanden gewesen sein muss.

Strabo sagt (XIII, § 599, Ausgabe Forbiger): „Von
der alten Stadt (Troja) hat sich keine Spur erhalten.
Sehr natürlich, denn da die Städte ringsum zwar ver-
wüstet, jedoch nicht ganz zerstört waren, sie aber von
Grund aus geschleift war, so wurden alle Steine zur
Wiederherstellung jener weggeführt. So soll wenigstens
Archäanax aus Mitylene mit den Steinen von dort her
Sigeum ummauert haben.“ Diese Angaben Strabo’s
sind aber durchaus falsch, und ist die Sage des Alter-
thums, als sei Troja von Grund aus geschleift, nur da-
durch zu erklären, dass es, tief in kolossalen Massen von
Holzasche und Steinen begraben, von einer neuen Stadt
überbaut, und diese, wiederum zerstört, abermals von
Gebäuden überbaut wurde, die ein gleiches Schicksal
hatten, bis endlich die auf Troja lastende Schuttmasse
6 bis 8 Meter Dicke erreichte und auf dieser die Akropolis
des Ilion der griechischen Colonie gegründet wurde.

Infolge meinr früheren irrigen Idee, dass Troja
nur auf dem Urboden und ganz nahe darüber zu suchen
sei, ist leider 1871 und 1872 ein grosser Theil der
Stadt von mir zerstört worden, denn ich habe damals
alle mir in den höhern Schuttschichten in den Weg
kommenden Hauswände niedergebrochen. Sobald ich
aber in diesem Jahre durch klare Beweise zur bestimm-
ten Ueberzeugung gelangt war, dass Troja nicht auf
dem Urboden, sondern in 7 bis 10 Meter Tiefe zu suchen

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[309/0375] strabo’s ueberlieferung. aufzunehmen, rührt die sich in durchschnittlich 9 Meter Tiefe durch den grössten Theil des Berges ziehende Schlackenschicht von geschmolzenem Blei- und Kupfer- erz her, welches hier zur Zeit von Trojas Zerstörung in grossen Massen vorhanden gewesen sein muss. Strabo sagt (XIII, § 599, Ausgabe Forbiger): „Von der alten Stadt (Troja) hat sich keine Spur erhalten. Sehr natürlich, denn da die Städte ringsum zwar ver- wüstet, jedoch nicht ganz zerstört waren, sie aber von Grund aus geschleift war, so wurden alle Steine zur Wiederherstellung jener weggeführt. So soll wenigstens Archäanax aus Mitylene mit den Steinen von dort her Sigeum ummauert haben.“ Diese Angaben Strabo’s sind aber durchaus falsch, und ist die Sage des Alter- thums, als sei Troja von Grund aus geschleift, nur da- durch zu erklären, dass es, tief in kolossalen Massen von Holzasche und Steinen begraben, von einer neuen Stadt überbaut, und diese, wiederum zerstört, abermals von Gebäuden überbaut wurde, die ein gleiches Schicksal hatten, bis endlich die auf Troja lastende Schuttmasse 6 bis 8 Meter Dicke erreichte und auf dieser die Akropolis des Ilion der griechischen Colonie gegründet wurde. Infolge meinr früheren irrigen Idee, dass Troja nur auf dem Urboden und ganz nahe darüber zu suchen sei, ist leider 1871 und 1872 ein grosser Theil der Stadt von mir zerstört worden, denn ich habe damals alle mir in den höhern Schuttschichten in den Weg kommenden Hauswände niedergebrochen. Sobald ich aber in diesem Jahre durch klare Beweise zur bestimm- ten Ueberzeugung gelangt war, dass Troja nicht auf dem Urboden, sondern in 7 bis 10 Meter Tiefe zu suchen

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/375>, abgerufen am 09.11.2024.