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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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der schatz des priamos.
wiss, dass sie in einer hölzernen Kiste (phoriamos)
lagen, wie solche in der Ilias (XXIV, 228) im Pa-
last des Priamos erwähnt werden; dies scheint um
so gewisser, als ich unmittelbar neben den Gegenstän-
den einen 101/2 Centimeter langen kupfernen Schlüssel
fand, dessen 5 Centimeter langer und breiter Bart die
grösste Aehnlichkeit hat mit dem der grossen Kassen-
schlüssel in den Banken. Merkwürdigerweise hat dieser
Schlüssel einen hölzernen Griff gehabt; das wie
bei den Dolchmessern unter rechtem Winkel umgebo-
gene Ende des Schlüsselstiels lässt keinen Zweifel dar-
über.

Vermuthlich hat jemand aus der Familie des Priamos
den Schatz in aller Eile in die Kiste gepackt, diese
fortgetragen, ohne Zeit zu haben, den Schlüssel heraus-
zuziehen, ist aber auf der Mauer von Feindes Hand
oder vom Feuer erreicht und hat die Kiste im Stich lassen
müssen, die sogleich 1 Meter 50 oder 1 Meter 80 Centimeter
hoch mit der rothen Asche und den Steinen des daneben
stehenden königlichen Hauses überschüttet wurde. Viel-
leicht gehörten dem Unglücklichen, welcher den Schatz zu
retten versucht hat, die einige Tage früher in einem Raume
des königlichen Hauses und unmittelbar neben dem
Fundort des Schatzes entdeckten Gegenstände, nämlich
ein Helm und eine 18 Centimeter hohe, 14 Centimeter
breite dicke silberne Vase, in welcher ein eleganter,
11 Centimeter hoher, 9 Centimeter breiter Becher von
Elektron steckte. Der Helm wurde zertrümmert, kann je-
doch vielleicht wieder zusammengeleimt werden, da ich
alle Stücke davon habe. Die beiden obern Theile (der
phalos) desselben sind unversehrt. Neben dem Helm fand

der schatz des priamos.
wiss, dass sie in einer hölzernen Kiste (φωριαμός)
lagen, wie solche in der Ilias (XXIV, 228) im Pa-
last des Priamos erwähnt werden; dies scheint um
so gewisser, als ich unmittelbar neben den Gegenstän-
den einen 10½ Centimeter langen kupfernen Schlüssel
fand, dessen 5 Centimeter langer und breiter Bart die
grösste Aehnlichkeit hat mit dem der grossen Kassen-
schlüssel in den Banken. Merkwürdigerweise hat dieser
Schlüssel einen hölzernen Griff gehabt; das wie
bei den Dolchmessern unter rechtem Winkel umgebo-
gene Ende des Schlüsselstiels lässt keinen Zweifel dar-
über.

Vermuthlich hat jemand aus der Familie des Priamos
den Schatz in aller Eile in die Kiste gepackt, diese
fortgetragen, ohne Zeit zu haben, den Schlüssel heraus-
zuziehen, ist aber auf der Mauer von Feindes Hand
oder vom Feuer erreicht und hat die Kiste im Stich lassen
müssen, die sogleich 1 Meter 50 oder 1 Meter 80 Centimeter
hoch mit der rothen Asche und den Steinen des daneben
stehenden königlichen Hauses überschüttet wurde. Viel-
leicht gehörten dem Unglücklichen, welcher den Schatz zu
retten versucht hat, die einige Tage früher in einem Raume
des königlichen Hauses und unmittelbar neben dem
Fundort des Schatzes entdeckten Gegenstände, nämlich
ein Helm und eine 18 Centimeter hohe, 14 Centimeter
breite dicke silberne Vase, in welcher ein eleganter,
11 Centimeter hoher, 9 Centimeter breiter Becher von
Elektron steckte. Der Helm wurde zertrümmert, kann je-
doch vielleicht wieder zusammengeleimt werden, da ich
alle Stücke davon habe. Die beiden obern Theile (der
φάλος) desselben sind unversehrt. Neben dem Helm fand

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[296/0362] der schatz des priamos. wiss, dass sie in einer hölzernen Kiste (φωριαμός) lagen, wie solche in der Ilias (XXIV, 228) im Pa- last des Priamos erwähnt werden; dies scheint um so gewisser, als ich unmittelbar neben den Gegenstän- den einen 10½ Centimeter langen kupfernen Schlüssel fand, dessen 5 Centimeter langer und breiter Bart die grösste Aehnlichkeit hat mit dem der grossen Kassen- schlüssel in den Banken. Merkwürdigerweise hat dieser Schlüssel einen hölzernen Griff gehabt; das wie bei den Dolchmessern unter rechtem Winkel umgebo- gene Ende des Schlüsselstiels lässt keinen Zweifel dar- über. Vermuthlich hat jemand aus der Familie des Priamos den Schatz in aller Eile in die Kiste gepackt, diese fortgetragen, ohne Zeit zu haben, den Schlüssel heraus- zuziehen, ist aber auf der Mauer von Feindes Hand oder vom Feuer erreicht und hat die Kiste im Stich lassen müssen, die sogleich 1 Meter 50 oder 1 Meter 80 Centimeter hoch mit der rothen Asche und den Steinen des daneben stehenden königlichen Hauses überschüttet wurde. Viel- leicht gehörten dem Unglücklichen, welcher den Schatz zu retten versucht hat, die einige Tage früher in einem Raume des königlichen Hauses und unmittelbar neben dem Fundort des Schatzes entdeckten Gegenstände, nämlich ein Helm und eine 18 Centimeter hohe, 14 Centimeter breite dicke silberne Vase, in welcher ein eleganter, 11 Centimeter hoher, 9 Centimeter breiter Becher von Elektron steckte. Der Helm wurde zertrümmert, kann je- doch vielleicht wieder zusammengeleimt werden, da ich alle Stücke davon habe. Die beiden obern Theile (der φάλος) desselben sind unversehrt. Neben dem Helm fand

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/362>, abgerufen am 02.05.2024.