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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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widerlegung der ansichten calvert's.
dass auch zur Zeit des trojanischen Kriegs mehr stei-
nerne als kupferne Werkzeuge vorhanden waren.
Steinerne Lanzen sind übrigens eine grosse Seltenheit,
und fand ich in diesem Jahre nur zwei, von denen ich ge-
wiss weiss, dass es Lanzen sind, und wovon die eine
in 31/2, die andere in 6 Meter Tiefe vorkam.

Herr Frank Calvert in den Dardanellen, der mir
durch den in 7 Meter Tiefe gefundenen Hippopotamos
beweisen will, dass der Schutt in dieser Tiefe aus einer
Zeit stammt, wo es in den Flüssen der Troade Hippo-
potamoi gab, hat in seinem Artikel vom 25. Januar d. J.
im "Levant Herald" die Meinung ausgesprochen, dass
Homer nothwendigerweise steinerne Messer und Werk-
zeuge erwähnt haben würde, wenn es solche in Troja
gegeben hätte, und dass, da er keine erwähnt, auch
keine dagewesen sein können; folglich dass keine der
von mir durchgrabenen Trümmerschichten, worin stei-
nerne Werkzeuge vorkommen, vom homerischen Troja
herrühren könne, und schon die Schuttschicht, welche
unmittelbar auf die bis 2 Meter Tiefe reichenden grie-
chischen Trümmer folgt, um mehr als 1000 Jahr älter
sein müsse als der trojanische Krieg.

Wenn Herr Calvert sich aber die Mühe gemacht
hätte, im Homer nachzusehen, dann würde er gefunden
haben, dass das Wort Hammer (Raister) nur ein einziges
mal (Ilias, XVIII, 477) vorkommt, und zwar in der Hand
des Hephaestos; es ist zwar nicht bemerkt, von welchem
Material dieser Hammer war, jedoch kann der Gott des
Feuers wol keinen andern als einen kupfernen gehabt
haben. Ferner scheint Herr Calvert noch nie Messer
von Silex gesehen zu haben, denn sonst würde er wissen,

widerlegung der ansichten calvert’s.
dass auch zur Zeit des trojanischen Kriegs mehr stei-
nerne als kupferne Werkzeuge vorhanden waren.
Steinerne Lanzen sind übrigens eine grosse Seltenheit,
und fand ich in diesem Jahre nur zwei, von denen ich ge-
wiss weiss, dass es Lanzen sind, und wovon die eine
in 3½, die andere in 6 Meter Tiefe vorkam.

Herr Frank Calvert in den Dardanellen, der mir
durch den in 7 Meter Tiefe gefundenen Hippopotamos
beweisen will, dass der Schutt in dieser Tiefe aus einer
Zeit stammt, wo es in den Flüssen der Troade Hippo-
potamoi gab, hat in seinem Artikel vom 25. Januar d. J.
im „Levant Herald“ die Meinung ausgesprochen, dass
Homer nothwendigerweise steinerne Messer und Werk-
zeuge erwähnt haben würde, wenn es solche in Troja
gegeben hätte, und dass, da er keine erwähnt, auch
keine dagewesen sein können; folglich dass keine der
von mir durchgrabenen Trümmerschichten, worin stei-
nerne Werkzeuge vorkommen, vom homerischen Troja
herrühren könne, und schon die Schuttschicht, welche
unmittelbar auf die bis 2 Meter Tiefe reichenden grie-
chischen Trümmer folgt, um mehr als 1000 Jahr älter
sein müsse als der trojanische Krieg.

Wenn Herr Calvert sich aber die Mühe gemacht
hätte, im Homer nachzusehen, dann würde er gefunden
haben, dass das Wort Hammer (ῥαιστήρ) nur ein einziges
mal (Ilias, XVIII, 477) vorkommt, und zwar in der Hand
des Hephaestos; es ist zwar nicht bemerkt, von welchem
Material dieser Hammer war, jedoch kann der Gott des
Feuers wol keinen andern als einen kupfernen gehabt
haben. Ferner scheint Herr Calvert noch nie Messer
von Silex gesehen zu haben, denn sonst würde er wissen,

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[235/0301] widerlegung der ansichten calvert’s. dass auch zur Zeit des trojanischen Kriegs mehr stei- nerne als kupferne Werkzeuge vorhanden waren. Steinerne Lanzen sind übrigens eine grosse Seltenheit, und fand ich in diesem Jahre nur zwei, von denen ich ge- wiss weiss, dass es Lanzen sind, und wovon die eine in 3½, die andere in 6 Meter Tiefe vorkam. Herr Frank Calvert in den Dardanellen, der mir durch den in 7 Meter Tiefe gefundenen Hippopotamos beweisen will, dass der Schutt in dieser Tiefe aus einer Zeit stammt, wo es in den Flüssen der Troade Hippo- potamoi gab, hat in seinem Artikel vom 25. Januar d. J. im „Levant Herald“ die Meinung ausgesprochen, dass Homer nothwendigerweise steinerne Messer und Werk- zeuge erwähnt haben würde, wenn es solche in Troja gegeben hätte, und dass, da er keine erwähnt, auch keine dagewesen sein können; folglich dass keine der von mir durchgrabenen Trümmerschichten, worin stei- nerne Werkzeuge vorkommen, vom homerischen Troja herrühren könne, und schon die Schuttschicht, welche unmittelbar auf die bis 2 Meter Tiefe reichenden grie- chischen Trümmer folgt, um mehr als 1000 Jahr älter sein müsse als der trojanische Krieg. Wenn Herr Calvert sich aber die Mühe gemacht hätte, im Homer nachzusehen, dann würde er gefunden haben, dass das Wort Hammer (ῥαιστήρ) nur ein einziges mal (Ilias, XVIII, 477) vorkommt, und zwar in der Hand des Hephaestos; es ist zwar nicht bemerkt, von welchem Material dieser Hammer war, jedoch kann der Gott des Feuers wol keinen andern als einen kupfernen gehabt haben. Ferner scheint Herr Calvert noch nie Messer von Silex gesehen zu haben, denn sonst würde er wissen,

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/301>, abgerufen am 13.05.2024.