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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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verziertes gefäss; terracotten mit thieren und sonne.

Leider habe ich seit 12 Tagen wenig von der un-
tern festen Erdwand losbrechen können, da ich zur
Vermeidung der Lebensgefahr mich ganz besonders mit
der Anlegung und Vergrösserung der Seitenterrassen
beschäftigen musste. Jetzt aber habe ich riesige eiserne
Hebel von 3 Meter Länge und 16 Centimeter Um-
fang angeschafft, und hoffe somit fortan die härtesten
Erdwände, von 3 Meter Dicke, 20 Meter Breite und 5
bis 8 Meter Höhe, mittels Winden auf einmal nieder-
brechen zu können. In dem Wenigen, was dieser Tage von
der untern Erdwand losgebrochen ist, finde ich wieder-
holt die unwiderlegbarsten Beweise höherer Civilisation,
und will nur ein vor mir liegendes, in 15 Meter
Tiefe gefundenes Bruchstück eines glänzend dunkel-
grauen Gefässes erwähnen, welches wol 60 Centimeter im
Durchmesser gehabt haben mag und auswendig und in-
wendig Verzierungen zeigt, die in eingravirten horizon-
talen und wellenförmigen Linien bestehen. Erstere, in
Streifen von je fünf Linien, bilden drei Fächer, wovon das
unterste mit acht, das folgende mit fünf wellenförmigen
Linien geschmückt ist, welche wol die Meereswogen
vorstellen sollen; von dem darauffolgenden Fach ist
nichts erhalten; die Dicke des Thons ist genau 11/2 Cen-
timeter. Das Stück ist auf Tafel 26 abgebildet.

In meinem Berichte vom 25. v. M. erwähnte ich die
Auffindung eines jener runden Stücke Terracotta, auf
dem drei Thiere mit Geweihen im Kreise um die Cen-
tralsonne eingravirt waren. Es sind seitdem noch vier
dieser merkwürdigen Stücke mit ähnlichen Darstellungen
vorgekommen. Auf dem einen, welches in 6 Meter
Tiefe gefunden wurde, stehen nur zwei Thiere mit Ge-

verziertes gefäss; terracotten mit thieren und sonne.

Leider habe ich seit 12 Tagen wenig von der un-
tern festen Erdwand losbrechen können, da ich zur
Vermeidung der Lebensgefahr mich ganz besonders mit
der Anlegung und Vergrösserung der Seitenterrassen
beschäftigen musste. Jetzt aber habe ich riesige eiserne
Hebel von 3 Meter Länge und 16 Centimeter Um-
fang angeschafft, und hoffe somit fortan die härtesten
Erdwände, von 3 Meter Dicke, 20 Meter Breite und 5
bis 8 Meter Höhe, mittels Winden auf einmal nieder-
brechen zu können. In dem Wenigen, was dieser Tage von
der untern Erdwand losgebrochen ist, finde ich wieder-
holt die unwiderlegbarsten Beweise höherer Civilisation,
und will nur ein vor mir liegendes, in 15 Meter
Tiefe gefundenes Bruchstück eines glänzend dunkel-
grauen Gefässes erwähnen, welches wol 60 Centimeter im
Durchmesser gehabt haben mag und auswendig und in-
wendig Verzierungen zeigt, die in eingravirten horizon-
talen und wellenförmigen Linien bestehen. Erstere, in
Streifen von je fünf Linien, bilden drei Fächer, wovon das
unterste mit acht, das folgende mit fünf wellenförmigen
Linien geschmückt ist, welche wol die Meereswogen
vorstellen sollen; von dem darauffolgenden Fach ist
nichts erhalten; die Dicke des Thons ist genau 1½ Cen-
timeter. Das Stück ist auf Tafel 26 abgebildet.

In meinem Berichte vom 25. v. M. erwähnte ich die
Auffindung eines jener runden Stücke Terracotta, auf
dem drei Thiere mit Geweihen im Kreise um die Cen-
tralsonne eingravirt waren. Es sind seitdem noch vier
dieser merkwürdigen Stücke mit ähnlichen Darstellungen
vorgekommen. Auf dem einen, welches in 6 Meter
Tiefe gefunden wurde, stehen nur zwei Thiere mit Ge-

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[90/0156] verziertes gefäss; terracotten mit thieren und sonne. Leider habe ich seit 12 Tagen wenig von der un- tern festen Erdwand losbrechen können, da ich zur Vermeidung der Lebensgefahr mich ganz besonders mit der Anlegung und Vergrösserung der Seitenterrassen beschäftigen musste. Jetzt aber habe ich riesige eiserne Hebel von 3 Meter Länge und 16 Centimeter Um- fang angeschafft, und hoffe somit fortan die härtesten Erdwände, von 3 Meter Dicke, 20 Meter Breite und 5 bis 8 Meter Höhe, mittels Winden auf einmal nieder- brechen zu können. In dem Wenigen, was dieser Tage von der untern Erdwand losgebrochen ist, finde ich wieder- holt die unwiderlegbarsten Beweise höherer Civilisation, und will nur ein vor mir liegendes, in 15 Meter Tiefe gefundenes Bruchstück eines glänzend dunkel- grauen Gefässes erwähnen, welches wol 60 Centimeter im Durchmesser gehabt haben mag und auswendig und in- wendig Verzierungen zeigt, die in eingravirten horizon- talen und wellenförmigen Linien bestehen. Erstere, in Streifen von je fünf Linien, bilden drei Fächer, wovon das unterste mit acht, das folgende mit fünf wellenförmigen Linien geschmückt ist, welche wol die Meereswogen vorstellen sollen; von dem darauffolgenden Fach ist nichts erhalten; die Dicke des Thons ist genau 1½ Cen- timeter. Das Stück ist auf Tafel 26 abgebildet. In meinem Berichte vom 25. v. M. erwähnte ich die Auffindung eines jener runden Stücke Terracotta, auf dem drei Thiere mit Geweihen im Kreise um die Cen- tralsonne eingravirt waren. Es sind seitdem noch vier dieser merkwürdigen Stücke mit ähnlichen Darstellungen vorgekommen. Auf dem einen, welches in 6 Meter Tiefe gefunden wurde, stehen nur zwei Thiere mit Ge-

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/156>, abgerufen am 09.11.2024.