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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838.

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thode sein, wie Schwierigkeiten zuvorzukommen, als Observa-
tionen, um solche aufzulösen.

Die hermeneutischen Leistungen glücklicher Arbeiter (im Ein-
zelnen) müssen betrachtet werden. Aber das theoretische Ver-
fahren geht nicht auf die Einzelheiten ein, sondern betrachtet
die Auffindung der Identität der Sprache mit dem Den-
ken. -- Den Schwierigkeiten im Nachconstruiren der Rede und
des Gedankenganges vorzubeugen, ist die Aufgabe der Her-
meneutik. Aber so in dieser Allgemeinheit ist die Aufgabe nicht
zu lösen. Denn die Produktionen einer fremden Sprache sind
für uns immer fragmentarisch. Verschieden ist nun zwar bei den
verschiedenen Sprachen der Umfang des vor uns liegenden. Aber
die Totalproduktion der Sprache fehlt uns mehr und minder,
z. B. im griechischen und hebräischen. Es liegt uns keine Sprache
ganz vor, selbst nicht die eigene Muttersprache. Daher müssen wir
die Säze der hermeneutischen Theorie so construiren, daß sie nicht
einzelne Schwierigkeiten lösen, sondern fortschreitende Anweisungen
zum Verfahren seien, und immer nur mit der Aufgabe im Allge-
meinen zu thun haben. Die Schwierigkeiten werden dann als
Ausnahmen angesehen und bedürfen eines andern Verfahrens.
Wir fragen dabei nur nach den Ergänzungen des Mangels, aus
dem die Schwierigkeiten entstehen, nicht nach dem (allgemeinen)
Typus. Dieß wird in beiden Richtungen (der grammatischen
und psychologischen) gleich sein.

13. Es giebt keine andere Mannigfaltigkeit in der
Auslegungsmethode, als das Obige (12.).

1. Beispielsweise die wunderliche Ansicht, aus dem Streit
über die historische Auslegung des N. T. entstanden, als ob es
mehrere Arten der Interpretation gäbe. Die Behauptung der
historischen Interpretation ist nur die richtige Behauptung vom
Zusammenhange der neutestam. Schriftsteller mit ihrem Zeit-
alter. (Verfänglicher Ausdruck Zeitbegriffe). Aber sie wird
falsch, wenn sie die neue begriffsbildende Kraft des Christen-

thode ſein, wie Schwierigkeiten zuvorzukommen, als Obſerva-
tionen, um ſolche aufzuloͤſen.

Die hermeneutiſchen Leiſtungen gluͤcklicher Arbeiter (im Ein-
zelnen) muͤſſen betrachtet werden. Aber das theoretiſche Ver-
fahren geht nicht auf die Einzelheiten ein, ſondern betrachtet
die Auffindung der Identitaͤt der Sprache mit dem Den-
ken. — Den Schwierigkeiten im Nachconſtruiren der Rede und
des Gedankenganges vorzubeugen, iſt die Aufgabe der Her-
meneutik. Aber ſo in dieſer Allgemeinheit iſt die Aufgabe nicht
zu loͤſen. Denn die Produktionen einer fremden Sprache ſind
fuͤr uns immer fragmentariſch. Verſchieden iſt nun zwar bei den
verſchiedenen Sprachen der Umfang des vor uns liegenden. Aber
die Totalproduktion der Sprache fehlt uns mehr und minder,
z. B. im griechiſchen und hebraͤiſchen. Es liegt uns keine Sprache
ganz vor, ſelbſt nicht die eigene Mutterſprache. Daher muͤſſen wir
die Saͤze der hermeneutiſchen Theorie ſo conſtruiren, daß ſie nicht
einzelne Schwierigkeiten loͤſen, ſondern fortſchreitende Anweiſungen
zum Verfahren ſeien, und immer nur mit der Aufgabe im Allge-
meinen zu thun haben. Die Schwierigkeiten werden dann als
Ausnahmen angeſehen und beduͤrfen eines andern Verfahrens.
Wir fragen dabei nur nach den Ergaͤnzungen des Mangels, aus
dem die Schwierigkeiten entſtehen, nicht nach dem (allgemeinen)
Typus. Dieß wird in beiden Richtungen (der grammatiſchen
und pſychologiſchen) gleich ſein.

13. Es giebt keine andere Mannigfaltigkeit in der
Auslegungsmethode, als das Obige (12.).

1. Beiſpielsweiſe die wunderliche Anſicht, aus dem Streit
uͤber die hiſtoriſche Auslegung des N. T. entſtanden, als ob es
mehrere Arten der Interpretation gaͤbe. Die Behauptung der
hiſtoriſchen Interpretation iſt nur die richtige Behauptung vom
Zuſammenhange der neuteſtam. Schriftſteller mit ihrem Zeit-
alter. (Verfaͤnglicher Ausdruck Zeitbegriffe). Aber ſie wird
falſch, wenn ſie die neue begriffsbildende Kraft des Chriſten-

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[20/0044] thode ſein, wie Schwierigkeiten zuvorzukommen, als Obſerva- tionen, um ſolche aufzuloͤſen. Die hermeneutiſchen Leiſtungen gluͤcklicher Arbeiter (im Ein- zelnen) muͤſſen betrachtet werden. Aber das theoretiſche Ver- fahren geht nicht auf die Einzelheiten ein, ſondern betrachtet die Auffindung der Identitaͤt der Sprache mit dem Den- ken. — Den Schwierigkeiten im Nachconſtruiren der Rede und des Gedankenganges vorzubeugen, iſt die Aufgabe der Her- meneutik. Aber ſo in dieſer Allgemeinheit iſt die Aufgabe nicht zu loͤſen. Denn die Produktionen einer fremden Sprache ſind fuͤr uns immer fragmentariſch. Verſchieden iſt nun zwar bei den verſchiedenen Sprachen der Umfang des vor uns liegenden. Aber die Totalproduktion der Sprache fehlt uns mehr und minder, z. B. im griechiſchen und hebraͤiſchen. Es liegt uns keine Sprache ganz vor, ſelbſt nicht die eigene Mutterſprache. Daher muͤſſen wir die Saͤze der hermeneutiſchen Theorie ſo conſtruiren, daß ſie nicht einzelne Schwierigkeiten loͤſen, ſondern fortſchreitende Anweiſungen zum Verfahren ſeien, und immer nur mit der Aufgabe im Allge- meinen zu thun haben. Die Schwierigkeiten werden dann als Ausnahmen angeſehen und beduͤrfen eines andern Verfahrens. Wir fragen dabei nur nach den Ergaͤnzungen des Mangels, aus dem die Schwierigkeiten entſtehen, nicht nach dem (allgemeinen) Typus. Dieß wird in beiden Richtungen (der grammatiſchen und pſychologiſchen) gleich ſein. 13. Es giebt keine andere Mannigfaltigkeit in der Auslegungsmethode, als das Obige (12.). 1. Beiſpielsweiſe die wunderliche Anſicht, aus dem Streit uͤber die hiſtoriſche Auslegung des N. T. entſtanden, als ob es mehrere Arten der Interpretation gaͤbe. Die Behauptung der hiſtoriſchen Interpretation iſt nur die richtige Behauptung vom Zuſammenhange der neuteſtam. Schriftſteller mit ihrem Zeit- alter. (Verfaͤnglicher Ausdruck Zeitbegriffe). Aber ſie wird falſch, wenn ſie die neue begriffsbildende Kraft des Chriſten-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/44>, abgerufen am 05.12.2024.