der Pflanzen auf eine solche Weise sicher stellen, daß sie, jedem schäd- lichen und störenden Einflusse entzogen, einen allgemeinen Mangel ganz unmöglich machte.
Daß hierbei es nicht auf eine einfache, festbestimmte Form der Vermehrung ankommen durfte, wie bei den höheren Thieren, ist für sich klar und zeigt sich noch um so mehr, wenn wir beachten, daß der Mensch und die meisten Thiere gerade auf diejenigen Pflanzentheile bei ihrer Nahrung angewiesen sind, die wir gewöhnlich für die ein- zigen Vermehrungsorgane der Pflanzen nehmen, ich meine die Saamen.
Gleichwohl bot sich dem forschenden Blicke des Menschen zuerst die Beobachtung dar, daß die meisten Pflanzen gewisse Organe bil- den, aus denen sich unter Umständen eine neue Pflanze entwickelt, welche man bei den größeren schon fertig angelegt von einigen Hüllen umschlossen, im Saamen, erkennen konnte. Nahe lag hier die Ver- gleichung mit einem Ei, in welchem der Keim schon zum jungen Thiere, zum Embryo, gezeitigt ist. Aber man blieb dabei nicht stehen. Schon früh bemerkte man, daß es bei manchen Pflanzenarten zwei verschiedene Formen von Individuen gebe, von denen nur die eine Form den Saamen trägt, wie beim Hanf (Cannabis sativa), der Dattelpalme (Phoenix dactylifera), den Pistacien (Pistacia lentis- cus). Ebenfalls sehr früh machte man die Beobachtung, daß die Saamen der einen Pflanze gar nicht zur Ausbildung kommen, wenn nicht ein Exemplar von der anderen Form in ihrer Nähe wächst und gleichzeitig blüht. Schon Theophrast und Plinius berichten, daß die Landleute, die sich mit der Cultur der Datteln beschäftigen, Blüthen- zweige des einen Baums zwischen die Blüthenzweige des saamen- tragenden aufhängen, um so die Entwicklung der Saamen und Früchte hervorzurufen. Kämpfer erzählt uns, daß bei einem Einfall der Türken in Bassora die Einwohner den Feind allein dadurch zur Rückkehr ge- zwungen hätten, daß sie schnell alle Palmenbäume der einen Art abge- hauen, so daß die andern unfruchtbar geworden seyen, wodurch dem Feinde das einzige Nahrungsmittel entzogen sey. Noch auffallender erscheinen die zuerst von Micheli an einer italienischen Wasserpflanze
der Pflanzen auf eine ſolche Weiſe ſicher ſtellen, daß ſie, jedem ſchäd- lichen und ſtörenden Einfluſſe entzogen, einen allgemeinen Mangel ganz unmöglich machte.
Daß hierbei es nicht auf eine einfache, feſtbeſtimmte Form der Vermehrung ankommen durfte, wie bei den höheren Thieren, iſt für ſich klar und zeigt ſich noch um ſo mehr, wenn wir beachten, daß der Menſch und die meiſten Thiere gerade auf diejenigen Pflanzentheile bei ihrer Nahrung angewieſen ſind, die wir gewöhnlich für die ein- zigen Vermehrungsorgane der Pflanzen nehmen, ich meine die Saamen.
Gleichwohl bot ſich dem forſchenden Blicke des Menſchen zuerſt die Beobachtung dar, daß die meiſten Pflanzen gewiſſe Organe bil- den, aus denen ſich unter Umſtänden eine neue Pflanze entwickelt, welche man bei den größeren ſchon fertig angelegt von einigen Hüllen umſchloſſen, im Saamen, erkennen konnte. Nahe lag hier die Ver- gleichung mit einem Ei, in welchem der Keim ſchon zum jungen Thiere, zum Embryo, gezeitigt iſt. Aber man blieb dabei nicht ſtehen. Schon früh bemerkte man, daß es bei manchen Pflanzenarten zwei verſchiedene Formen von Individuen gebe, von denen nur die eine Form den Saamen trägt, wie beim Hanf (Cannabis sativa), der Dattelpalme (Phoenix dactylifera), den Piſtacien (Pistacia lentis- cus). Ebenfalls ſehr früh machte man die Beobachtung, daß die Saamen der einen Pflanze gar nicht zur Ausbildung kommen, wenn nicht ein Exemplar von der anderen Form in ihrer Nähe wächſt und gleichzeitig blüht. Schon Theophraſt und Plinius berichten, daß die Landleute, die ſich mit der Cultur der Datteln beſchäftigen, Blüthen- zweige des einen Baums zwiſchen die Blüthenzweige des ſaamen- tragenden aufhängen, um ſo die Entwicklung der Saamen und Früchte hervorzurufen. Kämpfer erzählt uns, daß bei einem Einfall der Türken in Baſſora die Einwohner den Feind allein dadurch zur Rückkehr ge- zwungen hätten, daß ſie ſchnell alle Palmenbäume der einen Art abge- hauen, ſo daß die andern unfruchtbar geworden ſeyen, wodurch dem Feinde das einzige Nahrungsmittel entzogen ſey. Noch auffallender erſcheinen die zuerſt von Micheli an einer italieniſchen Waſſerpflanze
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[61/0077]
der Pflanzen auf eine ſolche Weiſe ſicher ſtellen, daß ſie, jedem ſchäd-
lichen und ſtörenden Einfluſſe entzogen, einen allgemeinen Mangel
ganz unmöglich machte.
Daß hierbei es nicht auf eine einfache, feſtbeſtimmte Form der
Vermehrung ankommen durfte, wie bei den höheren Thieren, iſt für
ſich klar und zeigt ſich noch um ſo mehr, wenn wir beachten, daß der
Menſch und die meiſten Thiere gerade auf diejenigen Pflanzentheile
bei ihrer Nahrung angewieſen ſind, die wir gewöhnlich für die ein-
zigen Vermehrungsorgane der Pflanzen nehmen, ich meine die Saamen.
Gleichwohl bot ſich dem forſchenden Blicke des Menſchen zuerſt
die Beobachtung dar, daß die meiſten Pflanzen gewiſſe Organe bil-
den, aus denen ſich unter Umſtänden eine neue Pflanze entwickelt,
welche man bei den größeren ſchon fertig angelegt von einigen Hüllen
umſchloſſen, im Saamen, erkennen konnte. Nahe lag hier die Ver-
gleichung mit einem Ei, in welchem der Keim ſchon zum jungen
Thiere, zum Embryo, gezeitigt iſt. Aber man blieb dabei nicht ſtehen.
Schon früh bemerkte man, daß es bei manchen Pflanzenarten zwei
verſchiedene Formen von Individuen gebe, von denen nur die eine
Form den Saamen trägt, wie beim Hanf (Cannabis sativa), der
Dattelpalme (Phoenix dactylifera), den Piſtacien (Pistacia lentis-
cus). Ebenfalls ſehr früh machte man die Beobachtung, daß die
Saamen der einen Pflanze gar nicht zur Ausbildung kommen, wenn
nicht ein Exemplar von der anderen Form in ihrer Nähe wächſt und
gleichzeitig blüht. Schon Theophraſt und Plinius berichten, daß die
Landleute, die ſich mit der Cultur der Datteln beſchäftigen, Blüthen-
zweige des einen Baums zwiſchen die Blüthenzweige des ſaamen-
tragenden aufhängen, um ſo die Entwicklung der Saamen und Früchte
hervorzurufen. Kämpfer erzählt uns, daß bei einem Einfall der Türken
in Baſſora die Einwohner den Feind allein dadurch zur Rückkehr ge-
zwungen hätten, daß ſie ſchnell alle Palmenbäume der einen Art abge-
hauen, ſo daß die andern unfruchtbar geworden ſeyen, wodurch dem
Feinde das einzige Nahrungsmittel entzogen ſey. Noch auffallender
erſcheinen die zuerſt von Micheli an einer italieniſchen Waſſerpflanze
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/77>, abgerufen am 05.12.2024.
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