Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.Kraft ermessen, welche angewendet werden mußte. Und mit wem ließ Es kann aber wohl überhaupt keinem Zweifel unterliegen, daß Es findet aber diese Bemerkung vor allem ihre volle Anwendung Schleiden, Pflanze. 3
Kraft ermeſſen, welche angewendet werden mußte. Und mit wem ließ Es kann aber wohl überhaupt keinem Zweifel unterliegen, daß Es findet aber dieſe Bemerkung vor allem ihre volle Anwendung Schleiden, Pflanze. 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="33"/> Kraft ermeſſen, welche angewendet werden mußte. Und mit wem ließ<lb/> ſich hier die menſchliche Geiſteskraft in dieſen Rieſenkampf ein? —<lb/> Mit den Ueberreſten von Geſchöpfen, von denen tauſende durch den<lb/> Druck des Fingers vernichtet werden können. Wir ſtaunen und fragen<lb/> uns: was heißt „klein“ in der Natur?</p><lb/> <p>Es kann aber wohl überhaupt keinem Zweifel unterliegen, daß<lb/> es einem noch höchſt rohen Zeitalter oder einer ſehr niedrigen Bil-<lb/> dungsſtufe angehört, wenn man den Werth, die Wichtigkeit eines<lb/> Dinges nach groß oder klein abmeſſen will, ein Maßſtab, der ja bei<lb/> dem allerweſentlichſten und werthvollſten was wir kennen keine An-<lb/> wendung findet, denn der Menſchengeiſt läßt ſich nicht nach Fuß, Zoll<lb/> und Linie beſtimmen. Nur der ſinnlichen Natur imponirt das phyſiſch<lb/> Große, der gebildetere Menſch wird die Gegenſtände ſeiner Betrach-<lb/> tung vollſtändig nach <hi rendition="#g">allen</hi> ihren Verhältniſſen kennen zu lernen<lb/> ſuchen und dann erſt aus der vollſtändigen Kenntniß derſelben ſich<lb/> ein Urtheil über weſentlich und unweſentlich erlauben und gar oft<lb/> wird er dann dahin geführt werden, dasjenige, was die kleinſten<lb/> Dimenſionen hat, für das allerbedeutendſte zu erklären.</p><lb/> <p>Es findet aber dieſe Bemerkung vor allem ihre volle Anwendung<lb/> auf die Botanik. Es gab für dieſelbe eine Zeit, in welcher ſie an-<lb/> fing ſich aus der mittelalterlichen Nacht des Nichts empor zu arbeiten,<lb/> wo ſie alſo nur noch in ihren roheſten Anfängen exiſtirte, es iſt die<lb/> Zeit der Linn<hi rendition="#aq">é</hi>'ſchen Schule. Wir wollen Linn<hi rendition="#aq">é</hi>'s Verdienſt nicht<lb/> ſchmälern, denn größer iſt der Ruhm eine Wiſſenſchaft zu erfinden,<lb/> neu zu geſtalten, als ſie, wenn ihre Grundſteine einmal gelegt ſind,<lb/> weiter auszubauen; wir wollen Linn<hi rendition="#aq">é</hi>, wie geſagt, nicht damit zu<lb/> nahe treten, wenn wir ihn als den Urheber eines der traurigſten Vor-<lb/> urtheile bezeichnen, welches lange die Botanik auf einer äußerſt nie-<lb/> drigen Stufe erhalten hat und auch jetzt nicht ſo ganz überwunden<lb/> iſt, daß ſeine ſchlimmen Nachwirkungen nicht noch mannigfach dem<lb/> Fortſchritt der Wiſſenſchaft hemmend in den Weg träten. Wir meinen<lb/> Linn<hi rendition="#aq">é</hi>'s Widerwillen gegen das Microſcop und ſeine Verachtung aller<lb/> Kenntniſſe, die ſich nur mit Hülfe deſſelben gewinnen laſſen. — Der<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Schleiden</hi>, Pflanze. 3</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [33/0049]
Kraft ermeſſen, welche angewendet werden mußte. Und mit wem ließ
ſich hier die menſchliche Geiſteskraft in dieſen Rieſenkampf ein? —
Mit den Ueberreſten von Geſchöpfen, von denen tauſende durch den
Druck des Fingers vernichtet werden können. Wir ſtaunen und fragen
uns: was heißt „klein“ in der Natur?
Es kann aber wohl überhaupt keinem Zweifel unterliegen, daß
es einem noch höchſt rohen Zeitalter oder einer ſehr niedrigen Bil-
dungsſtufe angehört, wenn man den Werth, die Wichtigkeit eines
Dinges nach groß oder klein abmeſſen will, ein Maßſtab, der ja bei
dem allerweſentlichſten und werthvollſten was wir kennen keine An-
wendung findet, denn der Menſchengeiſt läßt ſich nicht nach Fuß, Zoll
und Linie beſtimmen. Nur der ſinnlichen Natur imponirt das phyſiſch
Große, der gebildetere Menſch wird die Gegenſtände ſeiner Betrach-
tung vollſtändig nach allen ihren Verhältniſſen kennen zu lernen
ſuchen und dann erſt aus der vollſtändigen Kenntniß derſelben ſich
ein Urtheil über weſentlich und unweſentlich erlauben und gar oft
wird er dann dahin geführt werden, dasjenige, was die kleinſten
Dimenſionen hat, für das allerbedeutendſte zu erklären.
Es findet aber dieſe Bemerkung vor allem ihre volle Anwendung
auf die Botanik. Es gab für dieſelbe eine Zeit, in welcher ſie an-
fing ſich aus der mittelalterlichen Nacht des Nichts empor zu arbeiten,
wo ſie alſo nur noch in ihren roheſten Anfängen exiſtirte, es iſt die
Zeit der Linné'ſchen Schule. Wir wollen Linné's Verdienſt nicht
ſchmälern, denn größer iſt der Ruhm eine Wiſſenſchaft zu erfinden,
neu zu geſtalten, als ſie, wenn ihre Grundſteine einmal gelegt ſind,
weiter auszubauen; wir wollen Linné, wie geſagt, nicht damit zu
nahe treten, wenn wir ihn als den Urheber eines der traurigſten Vor-
urtheile bezeichnen, welches lange die Botanik auf einer äußerſt nie-
drigen Stufe erhalten hat und auch jetzt nicht ſo ganz überwunden
iſt, daß ſeine ſchlimmen Nachwirkungen nicht noch mannigfach dem
Fortſchritt der Wiſſenſchaft hemmend in den Weg träten. Wir meinen
Linné's Widerwillen gegen das Microſcop und ſeine Verachtung aller
Kenntniſſe, die ſich nur mit Hülfe deſſelben gewinnen laſſen. — Der
Schleiden, Pflanze. 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |