Pflanzenart sich eine fast ausschließliche Herrschaft begründet, die Haide, welche diesem Landstrich ihren Namen geliehen hat. Aehn- liche Verhältnisse aber als in Nordamerica den Unterschied zwischen der Kiefernhaide und Cypressensümpfen hervorrufen, sind auch hier thätig eine wesentliche Verschiedenheit zu begründen. Die große Ebenheit des Bodens, an manchen Stellen selbst geognostische Verhältnisse, indem geringere Bodenerhebungen flache rings geschlos- sene Becken bilden, machen an vielen Orten den freien Abfluß des Wassers unmöglich und die Haide, unterstützt durch die von der Feuch- tigkeit hervorgerufene eigene Vegetation, bildet durch die jährlich sich anhäufende Pflanzensubstanz, welche im Wasser nur bis zu einem gewissen Grade verkohlt ohne völlig zersetzt zu werden, jene schwarzen Massen vegetabilischer Ueberreste, welche als Torf in der Oeconomie der Anwohner eine so wesentliche Rolle spielen. So wechseln hier in verschiedener Vertheilungsweise, dürre, trockne Sandhaiden mit feuchten schwammigen Torfhaiden oder Mooren. Am Rande der letzteren, seltner auf ihnen selbst, pflegt sich eine bald mehr bald weniger gesunde Baumvegetation anzusiedeln und man findet oft in der Lüneburger Haide Gruppen von prachtvollen Eichen, welche eins jener behaglich freundlichen, strohgedeckten Häuser beschattend, und gehoben durch den Hintergrund der in eigenthümlichen rothen Farbentinten schimmernden Haide, einen hier gar nicht vermutheten landschaftlichen Reiz entwickeln. -- Diesen großen Mooren reihen sich noch die Torfmoore einiger höheren Gebirge des Brockens, der Röhn, des Fichtelgebirges und so weiter und die sogenannten Moose von Süddeutschland und der Schweiz an.
In einem andern Clima, in einem andern Vegetationsgürtel zeigen sich analoge Verhältnisse, den äußersten Norden Europas durch- ziehend. Wie dort die dürre Sandhaide mit den wasserdurchtränkten Mooren, so wechseln auch hier in mannigfacher Weise trockene wasser- leere Streifen mit sumpfigem Boden. Aber wir befinden uns hier in Wahlenbergs Reich der Flechten und der Moose. Die dürren Stellen überziehen in unabsehbaren Flächen krause, trockene, bleigraue
Pflanzenart ſich eine faſt ausſchließliche Herrſchaft begründet, die Haide, welche dieſem Landſtrich ihren Namen geliehen hat. Aehn- liche Verhältniſſe aber als in Nordamerica den Unterſchied zwiſchen der Kiefernhaide und Cypreſſenſümpfen hervorrufen, ſind auch hier thätig eine weſentliche Verſchiedenheit zu begründen. Die große Ebenheit des Bodens, an manchen Stellen ſelbſt geognoſtiſche Verhältniſſe, indem geringere Bodenerhebungen flache rings geſchloſ- ſene Becken bilden, machen an vielen Orten den freien Abfluß des Waſſers unmöglich und die Haide, unterſtützt durch die von der Feuch- tigkeit hervorgerufene eigene Vegetation, bildet durch die jährlich ſich anhäufende Pflanzenſubſtanz, welche im Waſſer nur bis zu einem gewiſſen Grade verkohlt ohne völlig zerſetzt zu werden, jene ſchwarzen Maſſen vegetabiliſcher Ueberreſte, welche als Torf in der Oeconomie der Anwohner eine ſo weſentliche Rolle ſpielen. So wechſeln hier in verſchiedener Vertheilungsweiſe, dürre, trockne Sandhaiden mit feuchten ſchwammigen Torfhaiden oder Mooren. Am Rande der letzteren, ſeltner auf ihnen ſelbſt, pflegt ſich eine bald mehr bald weniger geſunde Baumvegetation anzuſiedeln und man findet oft in der Lüneburger Haide Gruppen von prachtvollen Eichen, welche eins jener behaglich freundlichen, ſtrohgedeckten Häuſer beſchattend, und gehoben durch den Hintergrund der in eigenthümlichen rothen Farbentinten ſchimmernden Haide, einen hier gar nicht vermutheten landſchaftlichen Reiz entwickeln. — Dieſen großen Mooren reihen ſich noch die Torfmoore einiger höheren Gebirge des Brockens, der Röhn, des Fichtelgebirges und ſo weiter und die ſogenannten Mooſe von Süddeutſchland und der Schweiz an.
In einem andern Clima, in einem andern Vegetationsgürtel zeigen ſich analoge Verhältniſſe, den äußerſten Norden Europas durch- ziehend. Wie dort die dürre Sandhaide mit den waſſerdurchtränkten Mooren, ſo wechſeln auch hier in mannigfacher Weiſe trockene waſſer- leere Streifen mit ſumpfigem Boden. Aber wir befinden uns hier in Wahlenbergs Reich der Flechten und der Mooſe. Die dürren Stellen überziehen in unabſehbaren Flächen krauſe, trockene, bleigraue
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Pflanzenart ſich eine faſt ausſchließliche Herrſchaft begründet, die
Haide, welche dieſem Landſtrich ihren Namen geliehen hat. Aehn-
liche Verhältniſſe aber als in Nordamerica den Unterſchied zwiſchen
der Kiefernhaide und Cypreſſenſümpfen hervorrufen, ſind
auch hier thätig eine weſentliche Verſchiedenheit zu begründen. Die
große Ebenheit des Bodens, an manchen Stellen ſelbſt geognoſtiſche
Verhältniſſe, indem geringere Bodenerhebungen flache rings geſchloſ-
ſene Becken bilden, machen an vielen Orten den freien Abfluß des
Waſſers unmöglich und die Haide, unterſtützt durch die von der Feuch-
tigkeit hervorgerufene eigene Vegetation, bildet durch die jährlich
ſich anhäufende Pflanzenſubſtanz, welche im Waſſer nur bis zu einem
gewiſſen Grade verkohlt ohne völlig zerſetzt zu werden, jene ſchwarzen
Maſſen vegetabiliſcher Ueberreſte, welche als Torf in der Oeconomie
der Anwohner eine ſo weſentliche Rolle ſpielen. So wechſeln hier in
verſchiedener Vertheilungsweiſe, dürre, trockne Sandhaiden mit
feuchten ſchwammigen Torfhaiden oder Mooren. Am Rande
der letzteren, ſeltner auf ihnen ſelbſt, pflegt ſich eine bald mehr bald
weniger geſunde Baumvegetation anzuſiedeln und man findet oft in
der Lüneburger Haide Gruppen von prachtvollen Eichen, welche
eins jener behaglich freundlichen, ſtrohgedeckten Häuſer beſchattend,
und gehoben durch den Hintergrund der in eigenthümlichen rothen
Farbentinten ſchimmernden Haide, einen hier gar nicht vermutheten
landſchaftlichen Reiz entwickeln. — Dieſen großen Mooren reihen ſich
noch die Torfmoore einiger höheren Gebirge des Brockens, der Röhn,
des Fichtelgebirges und ſo weiter und die ſogenannten Mooſe von
Süddeutſchland und der Schweiz an.
In einem andern Clima, in einem andern Vegetationsgürtel
zeigen ſich analoge Verhältniſſe, den äußerſten Norden Europas durch-
ziehend. Wie dort die dürre Sandhaide mit den waſſerdurchtränkten
Mooren, ſo wechſeln auch hier in mannigfacher Weiſe trockene waſſer-
leere Streifen mit ſumpfigem Boden. Aber wir befinden uns hier
in Wahlenbergs Reich der Flechten und der Mooſe. Die dürren
Stellen überziehen in unabſehbaren Flächen krauſe, trockene, bleigraue
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/340>, abgerufen am 28.11.2024.
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