wickelnde Keim der Zukunft, und noch mehr, sie erscheint uns auch noch dabei als ein fertiges, vollendetes und abgerundetes Product für die Gegenwart. --
Hier liegt zwar die Grundursache, weshalb eine Morphologie der Krystalle oder der unorganischen Welt eine so ganz wesentliche verschiedene Bedeutung und Entwicklung gewinnen muß, wie die Ge- staltenlehre der sogenannten lebenden Wesen; es kommt aber noch ein anderes, freilich gegen das angegebene viel untergeordneteres Ver- hältniß hinzu, wodurch die Betrachtung der organischen Formen eine Schwierigkeit und Verwicklung erhält, welcher die menschliche Fassungs- kraft mit den ihr gegenwärtig zu Gebote stehenden Mitteln noch lange nicht gewachsen ist. --
Unter Gestalt versteht man die Begrenzung der Körper im Raume; die Grenzen, wodurch sich eben die bestimmte Gestalt vom grenzen- losen Raum abscheidet, sind Flächen. Flächen selbst sind entweder ebene und dann wieder durch Linien begrenzt, oder gekrümmte und dann in verschiedener Weise durch das Verhältniß ihrer Theile zu einer oder mehreren Linien bestimmt. Die ebenen Flächen sind geo- metrisch leicht zu construiren und zu ordnen, wenn ihre Grenzlinien gerade sind, und somit auch die von ihnen begrenzten Körper, wie die Krystalle. Bei Ebenen, die von Curven begrenzt werden, wächst die Schwierigkeit mehr und mehr, nach der größern Verwicklung, welche die Theorie der krummen Linien darbietet. Von den gekrümmten Flächen sind dagegen nur wenige, wie die Kugel, das Elipsoid und so weiter, geometrisch scharf zu bestimmen, sehr bald werden die Verhält- nisse so verwickelt, daß sie den scharfsinnigsten Combinationen der größ- ten Mathematiker Trotz bieten. Nun sind aber alle Linien und Flächen, die an organischen Körpern vorkommen, gekrümmt und fast immer so unregelmäßig, daß an eine geometrische Bestimmung derselben durch- aus noch nicht zu denken ist. -- So sind wir schon, abgesehen von allen anderen Schwierigkeiten, bei der bloßen Bezeichnung der ein- zelnen organischen Formen außer Stand gesetzt, uns scharf bestimmter geometrischer Ausdrücke zu bedienen und wir können uns nur durch
wickelnde Keim der Zukunft, und noch mehr, ſie erſcheint uns auch noch dabei als ein fertiges, vollendetes und abgerundetes Product für die Gegenwart. —
Hier liegt zwar die Grundurſache, weshalb eine Morphologie der Kryſtalle oder der unorganiſchen Welt eine ſo ganz weſentliche verſchiedene Bedeutung und Entwicklung gewinnen muß, wie die Ge- ſtaltenlehre der ſogenannten lebenden Weſen; es kommt aber noch ein anderes, freilich gegen das angegebene viel untergeordneteres Ver- hältniß hinzu, wodurch die Betrachtung der organiſchen Formen eine Schwierigkeit und Verwicklung erhält, welcher die menſchliche Faſſungs- kraft mit den ihr gegenwärtig zu Gebote ſtehenden Mitteln noch lange nicht gewachſen iſt. —
Unter Geſtalt verſteht man die Begrenzung der Körper im Raume; die Grenzen, wodurch ſich eben die beſtimmte Geſtalt vom grenzen- loſen Raum abſcheidet, ſind Flächen. Flächen ſelbſt ſind entweder ebene und dann wieder durch Linien begrenzt, oder gekrümmte und dann in verſchiedener Weiſe durch das Verhältniß ihrer Theile zu einer oder mehreren Linien beſtimmt. Die ebenen Flächen ſind geo- metriſch leicht zu conſtruiren und zu ordnen, wenn ihre Grenzlinien gerade ſind, und ſomit auch die von ihnen begrenzten Körper, wie die Kryſtalle. Bei Ebenen, die von Curven begrenzt werden, wächſt die Schwierigkeit mehr und mehr, nach der größern Verwicklung, welche die Theorie der krummen Linien darbietet. Von den gekrümmten Flächen ſind dagegen nur wenige, wie die Kugel, das Elipſoid und ſo weiter, geometriſch ſcharf zu beſtimmen, ſehr bald werden die Verhält- niſſe ſo verwickelt, daß ſie den ſcharfſinnigſten Combinationen der größ- ten Mathematiker Trotz bieten. Nun ſind aber alle Linien und Flächen, die an organiſchen Körpern vorkommen, gekrümmt und faſt immer ſo unregelmäßig, daß an eine geometriſche Beſtimmung derſelben durch- aus noch nicht zu denken iſt. — So ſind wir ſchon, abgeſehen von allen anderen Schwierigkeiten, bei der bloßen Bezeichnung der ein- zelnen organiſchen Formen außer Stand geſetzt, uns ſcharf beſtimmter geometriſcher Ausdrücke zu bedienen und wir können uns nur durch
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wickelnde Keim der Zukunft, und noch mehr, ſie erſcheint uns auch
noch dabei als ein fertiges, vollendetes und abgerundetes Product
für die Gegenwart. —
Hier liegt zwar die Grundurſache, weshalb eine Morphologie
der Kryſtalle oder der unorganiſchen Welt eine ſo ganz weſentliche
verſchiedene Bedeutung und Entwicklung gewinnen muß, wie die Ge-
ſtaltenlehre der ſogenannten lebenden Weſen; es kommt aber noch ein
anderes, freilich gegen das angegebene viel untergeordneteres Ver-
hältniß hinzu, wodurch die Betrachtung der organiſchen Formen eine
Schwierigkeit und Verwicklung erhält, welcher die menſchliche Faſſungs-
kraft mit den ihr gegenwärtig zu Gebote ſtehenden Mitteln noch lange
nicht gewachſen iſt. —
Unter Geſtalt verſteht man die Begrenzung der Körper im Raume;
die Grenzen, wodurch ſich eben die beſtimmte Geſtalt vom grenzen-
loſen Raum abſcheidet, ſind Flächen. Flächen ſelbſt ſind entweder
ebene und dann wieder durch Linien begrenzt, oder gekrümmte und
dann in verſchiedener Weiſe durch das Verhältniß ihrer Theile zu
einer oder mehreren Linien beſtimmt. Die ebenen Flächen ſind geo-
metriſch leicht zu conſtruiren und zu ordnen, wenn ihre Grenzlinien
gerade ſind, und ſomit auch die von ihnen begrenzten Körper, wie die
Kryſtalle. Bei Ebenen, die von Curven begrenzt werden, wächſt die
Schwierigkeit mehr und mehr, nach der größern Verwicklung, welche
die Theorie der krummen Linien darbietet. Von den gekrümmten
Flächen ſind dagegen nur wenige, wie die Kugel, das Elipſoid und ſo
weiter, geometriſch ſcharf zu beſtimmen, ſehr bald werden die Verhält-
niſſe ſo verwickelt, daß ſie den ſcharfſinnigſten Combinationen der größ-
ten Mathematiker Trotz bieten. Nun ſind aber alle Linien und Flächen,
die an organiſchen Körpern vorkommen, gekrümmt und faſt immer ſo
unregelmäßig, daß an eine geometriſche Beſtimmung derſelben durch-
aus noch nicht zu denken iſt. — So ſind wir ſchon, abgeſehen von
allen anderen Schwierigkeiten, bei der bloßen Bezeichnung der ein-
zelnen organiſchen Formen außer Stand geſetzt, uns ſcharf beſtimmter
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/104>, abgerufen am 21.11.2024.
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