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Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.

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Das Alter des Menschengeschlechts.
machten Entdeckungen in diese Perioden einreihen. Bestimmte Gebirgs¬
arten, die wir nach den in ihnen enthaltenen Versteinerungen als gleich¬
zeitig erkennen, nennen wir Formationen; eine Reihe solcher For¬
mationen, die durch gewisse Charactere als näher verwandt sich zeigen,
nennen wir Perioden, und mehrere Perioden können wir noch wie¬
der als Epochen zusammenfassen. -- Wenn die älteste Epoche so
eigenthümliche Pflanzen und Thierformen darbietet, daß kaum irgend
eine Beziehung derselben auf die jetzt um uns lebenden gefunden wer¬
den kann, so zeigt die zweite Epoche eine allmähliche Verähnlichung mit
unserer Jetztwelt, aber erst in der dritten Epoche treten nach und nach
anfänglich in geringer Artenzahl, dann allmählich immer häufiger Thier-
und Pflanzenarten auf, die sich auch noch jetzt lebendig auf der Erde
finden. Die älteste Epoche oder die Paläozoische umfaßt fünf Pe¬
rioden mit 9 Formationen; die Secundäre oder Mesozoische
Epoche drei Perioden mit 18 Formationen, endlich die Tertiäre oder
Känozoische Epoche drei Perioden mit 7 Formationen. Auf diese
34 Formationen folgen dann noch zwei, welche man als die vierte oder
Quartäre Epoche zusammenfaßt; die älteste dieser letzten Formatio¬
nen bezeichnet man als die Postpliocäne, sie enthält zwar keine
Muscheln mehr, die nicht auch jetzt noch lebend auf der Erde gefunden
würden, aber dagegen sehr viele eigenthümliche jetzt längst ausgestor¬
bene Säugethierarten, Elephanten-, (Mammuth), Rhinoceros-, Löwen-,
Hyänen-, Bärenarten, Mastodonten und andere. Die jüngste Forma¬
tion endlich, welche man als Neuzeit bezeichnet, bietet uns ausschlie߬
lich nur noch jetzt lebende Organismen aus allen Lebenskreisen dar. --
Die postpliocäne Formation bezeichnete man früher auch wohl als Di¬
luvium und die Neuzeit als Alluvium, beides sehr schlecht ge¬
wählte und daher mit Recht von den neueren Geognosten beseitigte
Ausdrücke. Bestimmt kann man nachweisen, daß im Anfang der post¬
pliocänen Formation Europa eine von der jetzigen ganz verschiedene
geographische Gestaltung und in Folge dessen manche höchst eigenthüm¬
liche physikalische Erscheinungen dargeboten hat.

Das Alter des Menſchengeſchlechts.
machten Entdeckungen in dieſe Perioden einreihen. Beſtimmte Gebirgs¬
arten, die wir nach den in ihnen enthaltenen Verſteinerungen als gleich¬
zeitig erkennen, nennen wir Formationen; eine Reihe ſolcher For¬
mationen, die durch gewiſſe Charactere als näher verwandt ſich zeigen,
nennen wir Perioden, und mehrere Perioden können wir noch wie¬
der als Epochen zuſammenfaſſen. — Wenn die älteſte Epoche ſo
eigenthümliche Pflanzen und Thierformen darbietet, daß kaum irgend
eine Beziehung derſelben auf die jetzt um uns lebenden gefunden wer¬
den kann, ſo zeigt die zweite Epoche eine allmähliche Verähnlichung mit
unſerer Jetztwelt, aber erſt in der dritten Epoche treten nach und nach
anfänglich in geringer Artenzahl, dann allmählich immer häufiger Thier-
und Pflanzenarten auf, die ſich auch noch jetzt lebendig auf der Erde
finden. Die älteſte Epoche oder die Paläozoiſche umfaßt fünf Pe¬
rioden mit 9 Formationen; die Secundäre oder Meſozoiſche
Epoche drei Perioden mit 18 Formationen, endlich die Tertiäre oder
Känozoiſche Epoche drei Perioden mit 7 Formationen. Auf dieſe
34 Formationen folgen dann noch zwei, welche man als die vierte oder
Quartäre Epoche zuſammenfaßt; die älteſte dieſer letzten Formatio¬
nen bezeichnet man als die Poſtpliocäne, ſie enthält zwar keine
Muſcheln mehr, die nicht auch jetzt noch lebend auf der Erde gefunden
würden, aber dagegen ſehr viele eigenthümliche jetzt längſt ausgeſtor¬
bene Säugethierarten, Elephanten-, (Mammuth), Rhinoceros-, Löwen-,
Hyänen-, Bärenarten, Maſtodonten und andere. Die jüngſte Forma¬
tion endlich, welche man als Neuzeit bezeichnet, bietet uns ausſchlie߬
lich nur noch jetzt lebende Organismen aus allen Lebenskreiſen dar. —
Die poſtpliocäne Formation bezeichnete man früher auch wohl als Di¬
luvium und die Neuzeit als Alluvium, beides ſehr ſchlecht ge¬
wählte und daher mit Recht von den neueren Geognoſten beſeitigte
Ausdrücke. Beſtimmt kann man nachweiſen, daß im Anfang der poſt¬
pliocänen Formation Europa eine von der jetzigen ganz verſchiedene
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[9/0019] Das Alter des Menſchengeſchlechts. machten Entdeckungen in dieſe Perioden einreihen. Beſtimmte Gebirgs¬ arten, die wir nach den in ihnen enthaltenen Verſteinerungen als gleich¬ zeitig erkennen, nennen wir Formationen; eine Reihe ſolcher For¬ mationen, die durch gewiſſe Charactere als näher verwandt ſich zeigen, nennen wir Perioden, und mehrere Perioden können wir noch wie¬ der als Epochen zuſammenfaſſen. — Wenn die älteſte Epoche ſo eigenthümliche Pflanzen und Thierformen darbietet, daß kaum irgend eine Beziehung derſelben auf die jetzt um uns lebenden gefunden wer¬ den kann, ſo zeigt die zweite Epoche eine allmähliche Verähnlichung mit unſerer Jetztwelt, aber erſt in der dritten Epoche treten nach und nach anfänglich in geringer Artenzahl, dann allmählich immer häufiger Thier- und Pflanzenarten auf, die ſich auch noch jetzt lebendig auf der Erde finden. Die älteſte Epoche oder die Paläozoiſche umfaßt fünf Pe¬ rioden mit 9 Formationen; die Secundäre oder Meſozoiſche Epoche drei Perioden mit 18 Formationen, endlich die Tertiäre oder Känozoiſche Epoche drei Perioden mit 7 Formationen. Auf dieſe 34 Formationen folgen dann noch zwei, welche man als die vierte oder Quartäre Epoche zuſammenfaßt; die älteſte dieſer letzten Formatio¬ nen bezeichnet man als die Poſtpliocäne, ſie enthält zwar keine Muſcheln mehr, die nicht auch jetzt noch lebend auf der Erde gefunden würden, aber dagegen ſehr viele eigenthümliche jetzt längſt ausgeſtor¬ bene Säugethierarten, Elephanten-, (Mammuth), Rhinoceros-, Löwen-, Hyänen-, Bärenarten, Maſtodonten und andere. Die jüngſte Forma¬ tion endlich, welche man als Neuzeit bezeichnet, bietet uns ausſchlie߬ lich nur noch jetzt lebende Organismen aus allen Lebenskreiſen dar. — Die poſtpliocäne Formation bezeichnete man früher auch wohl als Di¬ luvium und die Neuzeit als Alluvium, beides ſehr ſchlecht ge¬ wählte und daher mit Recht von den neueren Geognoſten beſeitigte Ausdrücke. Beſtimmt kann man nachweiſen, daß im Anfang der poſt¬ pliocänen Formation Europa eine von der jetzigen ganz verſchiedene geographiſche Geſtaltung und in Folge deſſen manche höchſt eigenthüm¬ liche phyſikaliſche Erſcheinungen dargeboten hat.

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_menschengeschlecht_1863/19>, abgerufen am 28.03.2024.