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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Futurum; Osk. Umbr.
der wurzel as gebildet. Eine spur des j von as-ja-mi findet§. 298.
sich hier nicht. 3. plur. -zet ist = set *sent (z = s §. 165),
scheint also der 3. plur. praesentis set (sunt) volkommen gleich
zu sein; -st ergibt sich eben so als rest von est (est). Ob in
didest, herest das e anlaut des hilfsverbum oder stammaußlaut
des verbum und zwar des praesensstammes ist, dürfte auf
grundlage des oskischen materiales kaum zu entscheiden sein.
Das umbrische spricht jedoch dafür, daß dise futurform eine
neubildung ist, bestehend auß dem praesensstamme und dem
praesens (I, a) der wurzel es mit futurbeziehung, wie ja auch
die lateinischen formen auf -bo neubildungen sind, welche das
keltische teilt, wärend sie im umbrischen und oskischen felen.
Vgl. d. futur. exactum.

Das Umbrische zeigt deutlicher als das oskische den
praesensstamm als den ersten teil der futurform und gibt so-
mit die selbe als neubildung zu erkennen. Beispile: 2. sing.
benes (venies) für *beness, heries (voles); 3. sing. ferest
(feret), eest (ibit), seste (sistet), heriest heries (volet), habiest
(habebit) u. a.; 3. plur. staheren, d. i. *staesent (stabunt).
Die formen seste(st), heriest zeigen sicher die praesensstämme
*sista, *herja, deshalb zerlegen wir auch fere-st, ee-st (ee nach
I, b; die 1. sg. hätte dann *ehu *eu = lat. eo gelautet), stahe-ren
zu praes. stahu; habie-st sezt ein *habiu = habeo vorauß;
fuiest läßt daher auf ein praesens *fuiu nach V schließen,
eine bildungsweise des praesens, die bei wurzeln auf vocale
vorzüglich häufig ist; vgl. latein. -bo des futurs, das wir auß
bhujami erklären und äol. phuio.

Da jedoch die griechischen futura auf *esjo neben den
andern bildungsweisen als weiterentwickelung der alten futur-
form, nicht als neubildungen zu betrachten sind, und da man
das e der umbr. und oskischen formen ebenfals als anlaut des
hilfsverbum faßen kann (osk.-umbr. -est = asjati, umbr. -eren(t)
= asjanti) und der praesensstamm (umbr. heriest, *sestest)
leicht für den verbalstamm ein getreten sein kann, so wagten
wir nicht das osk.-umbrische futurum unter die neubildungen
zu stellen, obschon es, wenn auch nicht völlig neu gebildet,

Futurum; Osk. Umbr.
der wurzel as gebildet. Eine spur des j von as-jâ-mi findet§. 298.
sich hier nicht. 3. plur. -zet ist = set *sent (z = s §. 165),
scheint also der 3. plur. praesentis set (sunt) volkommen gleich
zu sein; -st ergibt sich eben so als rest von est (est). Ob in
didest, herest das e anlaut des hilfsverbum oder stammaußlaut
des verbum und zwar des praesensstammes ist, dürfte auf
grundlage des oskischen materiales kaum zu entscheiden sein.
Das umbrische spricht jedoch dafür, daß dise futurform eine
neubildung ist, bestehend auß dem praesensstamme und dem
praesens (I, a) der wurzel es mit futurbeziehung, wie ja auch
die lateinischen formen auf -bo neubildungen sind, welche das
keltische teilt, wärend sie im umbrischen und oskischen felen.
Vgl. d. futur. exactum.

Das Umbrische zeigt deutlicher als das oskische den
praesensstamm als den ersten teil der futurform und gibt so-
mit die selbe als neubildung zu erkennen. Beispile: 2. sing.
benes (venies) für *beness, heries (voles); 3. sing. ferest
(feret), eest (ibit), seste (sistet), heriest heries (volet), habiest
(habebit) u. a.; 3. plur. staheren, d. i. *staesent (stabunt).
Die formen seste(st), heriest zeigen sicher die praesensstämme
*sista, *herja, deshalb zerlegen wir auch fere-st, ee-st (êe nach
I, b; die 1. sg. hätte dann *ehu *eu = lat. eo gelautet), stahe-ren
zu praes. stahu; habie-st sezt ein *habiu = habeo vorauß;
fuiest läßt daher auf ein praesens *fuiu nach V schließen,
eine bildungsweise des praesens, die bei wurzeln auf vocale
vorzüglich häufig ist; vgl. latein. -bo des futurs, das wir auß
bhujâmi erklären und äol. φυίω.

Da jedoch die griechischen futura auf *εσϳω neben den
andern bildungsweisen als weiterentwickelung der alten futur-
form, nicht als neubildungen zu betrachten sind, und da man
das e der umbr. und oskischen formen ebenfals als anlaut des
hilfsverbum faßen kann (osk.-umbr. -est = asjati, umbr. -eren(t)
= asjanti) und der praesensstamm (umbr. heriest, *sestest)
leicht für den verbalstamm ein getreten sein kann, so wagten
wir nicht das osk.-umbrische futurum unter die neubildungen
zu stellen, obschon es, wenn auch nicht völlig neu gebildet,

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[619/0345] Futurum; Osk. Umbr. der wurzel as gebildet. Eine spur des j von as-jâ-mi findet sich hier nicht. 3. plur. -zet ist = set *sent (z = s §. 165), scheint also der 3. plur. praesentis set (sunt) volkommen gleich zu sein; -st ergibt sich eben so als rest von est (est). Ob in didest, herest das e anlaut des hilfsverbum oder stammaußlaut des verbum und zwar des praesensstammes ist, dürfte auf grundlage des oskischen materiales kaum zu entscheiden sein. Das umbrische spricht jedoch dafür, daß dise futurform eine neubildung ist, bestehend auß dem praesensstamme und dem praesens (I, a) der wurzel es mit futurbeziehung, wie ja auch die lateinischen formen auf -bo neubildungen sind, welche das keltische teilt, wärend sie im umbrischen und oskischen felen. Vgl. d. futur. exactum. §. 298. Das Umbrische zeigt deutlicher als das oskische den praesensstamm als den ersten teil der futurform und gibt so- mit die selbe als neubildung zu erkennen. Beispile: 2. sing. benes (venies) für *beness, heries (voles); 3. sing. ferest (feret), eest (ibit), seste (sistet), heriest heries (volet), habiest (habebit) u. a.; 3. plur. staheren, d. i. *staesent (stabunt). Die formen seste(st), heriest zeigen sicher die praesensstämme *sista, *herja, deshalb zerlegen wir auch fere-st, ee-st (êe nach I, b; die 1. sg. hätte dann *ehu *eu = lat. eo gelautet), stahe-ren zu praes. stahu; habie-st sezt ein *habiu = habeo vorauß; fuiest läßt daher auf ein praesens *fuiu nach V schließen, eine bildungsweise des praesens, die bei wurzeln auf vocale vorzüglich häufig ist; vgl. latein. -bo des futurs, das wir auß bhujâmi erklären und äol. φυίω. Da jedoch die griechischen futura auf *εσϳω neben den andern bildungsweisen als weiterentwickelung der alten futur- form, nicht als neubildungen zu betrachten sind, und da man das e der umbr. und oskischen formen ebenfals als anlaut des hilfsverbum faßen kann (osk.-umbr. -est = asjati, umbr. -eren(t) = asjanti) und der praesensstamm (umbr. heriest, *sestest) leicht für den verbalstamm ein getreten sein kann, so wagten wir nicht das osk.-umbrische futurum unter die neubildungen zu stellen, obschon es, wenn auch nicht völlig neu gebildet,

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/345>, abgerufen am 17.05.2024.