Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

Perfectstamm. Altir. Got.
§. 291.tenen reduplicierten stämme dersic, d. i. didic, wurzel dic (di-
cere), pepurk, pepersc, laßen, wie die oskischen formen, dar-
auf schließen, daß das futurum exactum und andere auf dem
perfectstamme beruhende formen wirklich vom perfectstamme,
nicht aber von der wurzel gebildet wurden; so ergeben sich
noch auß dergl. ab geleiteten formen vert (vertere), fac und an-
dere als perfectstämme mit verlorener reduplication.

Altirisch. Von einem nicht mittels zusammensetzung ge-
bildeten, reduplicierten perfectum haben sich im altirischen nur
spuren erhalten, z. b. tair-chechuin (praedixit), d. i. *cecuni
(vgl. latein. formen wie cecini); tair-chechn-atar (praedixerunt),
d. i. *cecan-antar (medium) zu wurzel can (dicere, docere),
praes. tair-chan-im (tair = do air, zwei praepositionen), vgl.
die ältere praesensform in for-chun (doceo), chun = *cunu
auß *canu; cachain, d. i. *cacani in form und function =
latein. cecinit auß *cacanit; ce-chaing (ivit), vgl. das ahd. giang
auß *gei-gang; gallisch dede (inschr.) = latein. dedei-t, war-
scheinlich von einer wurzel da, die, wie im latein., da (dare)
und dha (ponere) zugleich vertritt u. a., die aber noch zu
vereinzelt sind um die form des perfects mit einiger sicher-
heit erschließen zu können. Nur für das auß lautende i des
perfectstammes scheinen dise formen zu zeugen, welches dem
lateinischen bisher außschließlich eigen zu sein schin, nunmer
aber, wie so viles andere, sich als italokeltisch erweist. Ganz
den lateinischen perfecten auf i mit verlorener reduplication
entsprechend sind formen wie die medialen cluinethar (audivit),
cluinetar (audiverunt), welche auf einen perfectstamm cluni für
*cecluni von wurzel clun, weiterbildung von clu, hin weisen.

Im Slawischen und Litauischen ist das perfectum spur-
los verschwunden.

Gotisch. Nur die stamverba bilden ein einfaches perfec-
tum, die ab geleiteten setzen das perfectum zusammen (s. u.).
In der regel ist entweder die reduplication oder die steigerung
des wurzelvocales gebliben, ersteres bei nicht steigerbaren ver-
balstämmen (a + 2 consonanten oder höchst gesteigerter wur-
zelvocal). Selten ist reduplication neben steigerung des wur-

Perfectstamm. Altir. Got.
§. 291.tenen reduplicierten stämme dersic, d. i. didic, wurzel dic (di-
cere), pepurk, pepersc, laßen, wie die oskischen formen, dar-
auf schließen, daß das futurum exactum und andere auf dem
perfectstamme beruhende formen wirklich vom perfectstamme,
nicht aber von der wurzel gebildet wurden; so ergeben sich
noch auß dergl. ab geleiteten formen vert (vertere), fac und an-
dere als perfectstämme mit verlorener reduplication.

Altirisch. Von einem nicht mittels zusammensetzung ge-
bildeten, reduplicierten perfectum haben sich im altirischen nur
spuren erhalten, z. b. tair-chechuin (praedixit), d. i. *cecuni
(vgl. latein. formen wie cecini); tair-chechn-atar (praedixerunt),
d. i. *cecan-antar (medium) zu wurzel can (dicere, docere),
praes. tair-chan-im (tair = do air, zwei praepositionen), vgl.
die ältere praesensform in for-chun (doceo), chun = *cunu
auß *canu; cachain, d. i. *cacani in form und function =
latein. cecinit auß *cacanit; ce-chaing (ivit), vgl. das ahd. giang
auß *gei-gang; gallisch dede (inschr.) = latein. dedei-t, war-
scheinlich von einer wurzel da, die, wie im latein., da (dare)
und dha (ponere) zugleich vertritt u. a., die aber noch zu
vereinzelt sind um die form des perfects mit einiger sicher-
heit erschließen zu können. Nur für das auß lautende i des
perfectstammes scheinen dise formen zu zeugen, welches dem
lateinischen bisher außschließlich eigen zu sein schin, nunmer
aber, wie so viles andere, sich als italokeltisch erweist. Ganz
den lateinischen perfecten auf i mit verlorener reduplication
entsprechend sind formen wie die medialen cluinethar (audivit),
cluinetar (audiverunt), welche auf einen perfectstamm cluni für
*cecluni von wurzel clun, weiterbildung von clu, hin weisen.

Im Slawischen und Litauischen ist das perfectum spur-
los verschwunden.

Gotisch. Nur die stamverba bilden ein einfaches perfec-
tum, die ab geleiteten setzen das perfectum zusammen (s. u.).
In der regel ist entweder die reduplication oder die steigerung
des wurzelvocales gebliben, ersteres bei nicht steigerbaren ver-
balstämmen (a + 2 consonanten oder höchst gesteigerter wur-
zelvocal). Selten ist reduplication neben steigerung des wur-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0290" n="564"/><fw place="top" type="header">Perfectstamm. Altir. Got.</fw><lb/><note place="left">§. 291.</note>tenen reduplicierten stämme <hi rendition="#i">dersic,</hi> d. i. <hi rendition="#i">didic,</hi> wurzel <hi rendition="#i">dic</hi> (di-<lb/>
cere), <hi rendition="#i">pepurk, pepersc,</hi> laßen, wie die oskischen formen, dar-<lb/>
auf schließen, daß das futurum exactum und andere auf dem<lb/>
perfectstamme beruhende formen wirklich vom perfectstamme,<lb/>
nicht aber von der wurzel gebildet wurden; so ergeben sich<lb/>
noch auß dergl. ab geleiteten formen <hi rendition="#i">vert</hi> (vertere), <hi rendition="#i">fac</hi> und an-<lb/>
dere als perfectstämme mit verlorener reduplication.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Altirisch</hi>. Von einem nicht mittels zusammensetzung ge-<lb/>
bildeten, reduplicierten perfectum haben sich im altirischen nur<lb/>
spuren erhalten, z. b. <hi rendition="#i">tair-chechuin</hi> (praedixit), d. i. *<hi rendition="#i">cecuni</hi><lb/>
(vgl. latein. formen wie <hi rendition="#i">cecini); tair-chechn-atar</hi> (praedixerunt),<lb/>
d. i. *<hi rendition="#i">cecan-antar</hi> (medium) zu wurzel <hi rendition="#i">can</hi> (dicere, docere),<lb/>
praes. <hi rendition="#i">tair-chan-im (tair</hi> = <hi rendition="#i">do air,</hi> zwei praepositionen), vgl.<lb/>
die ältere praesensform in <hi rendition="#i">for-chun</hi> (doceo), <hi rendition="#i">chun</hi> = *<hi rendition="#i">cunu</hi><lb/>
auß *<hi rendition="#i">canu; cachain,</hi> d. i. *<hi rendition="#i">cacani</hi> in form und function =<lb/>
latein. <hi rendition="#i">cecinit</hi> auß *<hi rendition="#i">cacanit; ce-chaing</hi> (ivit), vgl. das ahd. <hi rendition="#i">giang</hi><lb/>
auß *<hi rendition="#i">gei-gang;</hi> gallisch <hi rendition="#i">dede</hi> (inschr.) = latein. <hi rendition="#i">dedei-t,</hi> war-<lb/>
scheinlich von einer wurzel <hi rendition="#i">da,</hi> die, wie im latein., <hi rendition="#i">da</hi> (dare)<lb/>
und <hi rendition="#i">dha</hi> (ponere) zugleich vertritt u. a., die aber noch zu<lb/>
vereinzelt sind um die form des perfects mit einiger sicher-<lb/>
heit erschließen zu können. Nur für das auß lautende <hi rendition="#i">i</hi> des<lb/>
perfectstammes scheinen dise formen zu zeugen, welches dem<lb/>
lateinischen bisher außschließlich eigen zu sein schin, nunmer<lb/>
aber, wie so viles andere, sich als italokeltisch erweist. Ganz<lb/>
den lateinischen perfecten auf <hi rendition="#i">i</hi> mit verlorener reduplication<lb/>
entsprechend sind formen wie die medialen <hi rendition="#i">cluinethar</hi> (audivit),<lb/><hi rendition="#i">cluinetar</hi> (audiverunt), welche auf einen perfectstamm <hi rendition="#i">cluni</hi> für<lb/>
*<hi rendition="#i">cecluni</hi> von wurzel <hi rendition="#i">clun,</hi> weiterbildung von <hi rendition="#i">clu,</hi> hin weisen.</p><lb/>
              <p>Im <hi rendition="#g">Slawischen</hi> und <hi rendition="#g">Litauischen</hi> ist das perfectum spur-<lb/>
los verschwunden.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Gotisch</hi>. Nur die stamverba bilden ein einfaches perfec-<lb/>
tum, die ab geleiteten setzen das perfectum zusammen (s. u.).<lb/>
In der regel ist entweder die reduplication oder die steigerung<lb/>
des wurzelvocales gebliben, ersteres bei nicht steigerbaren ver-<lb/>
balstämmen <hi rendition="#i">(a</hi> + 2 consonanten oder höchst gesteigerter wur-<lb/>
zelvocal). Selten ist reduplication neben steigerung des wur-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[564/0290] Perfectstamm. Altir. Got. tenen reduplicierten stämme dersic, d. i. didic, wurzel dic (di- cere), pepurk, pepersc, laßen, wie die oskischen formen, dar- auf schließen, daß das futurum exactum und andere auf dem perfectstamme beruhende formen wirklich vom perfectstamme, nicht aber von der wurzel gebildet wurden; so ergeben sich noch auß dergl. ab geleiteten formen vert (vertere), fac und an- dere als perfectstämme mit verlorener reduplication. §. 291. Altirisch. Von einem nicht mittels zusammensetzung ge- bildeten, reduplicierten perfectum haben sich im altirischen nur spuren erhalten, z. b. tair-chechuin (praedixit), d. i. *cecuni (vgl. latein. formen wie cecini); tair-chechn-atar (praedixerunt), d. i. *cecan-antar (medium) zu wurzel can (dicere, docere), praes. tair-chan-im (tair = do air, zwei praepositionen), vgl. die ältere praesensform in for-chun (doceo), chun = *cunu auß *canu; cachain, d. i. *cacani in form und function = latein. cecinit auß *cacanit; ce-chaing (ivit), vgl. das ahd. giang auß *gei-gang; gallisch dede (inschr.) = latein. dedei-t, war- scheinlich von einer wurzel da, die, wie im latein., da (dare) und dha (ponere) zugleich vertritt u. a., die aber noch zu vereinzelt sind um die form des perfects mit einiger sicher- heit erschließen zu können. Nur für das auß lautende i des perfectstammes scheinen dise formen zu zeugen, welches dem lateinischen bisher außschließlich eigen zu sein schin, nunmer aber, wie so viles andere, sich als italokeltisch erweist. Ganz den lateinischen perfecten auf i mit verlorener reduplication entsprechend sind formen wie die medialen cluinethar (audivit), cluinetar (audiverunt), welche auf einen perfectstamm cluni für *cecluni von wurzel clun, weiterbildung von clu, hin weisen. Im Slawischen und Litauischen ist das perfectum spur- los verschwunden. Gotisch. Nur die stamverba bilden ein einfaches perfec- tum, die ab geleiteten setzen das perfectum zusammen (s. u.). In der regel ist entweder die reduplication oder die steigerung des wurzelvocales gebliben, ersteres bei nicht steigerbaren ver- balstämmen (a + 2 consonanten oder höchst gesteigerter wur- zelvocal). Selten ist reduplication neben steigerung des wur-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/290
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/290>, abgerufen am 19.05.2024.