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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Nominativus sing. Indog. urspr.
masc. harja (exercitus), hairdja (pastor), neutr. kunja (genus),§. 245.
femin. bandja (vinculum).

Nominativ singularis. Masculina und feminina setzen§. 246.
das casuszeichen s an den stammaußlaut; die neutra ersetzen
den nominativ durch den accusativ.

Das s des nominativs ist one zweifel rest der pronominal-
wurzel sa (demonstrativ, nom. sg. masc. altind. und gotisch
sa, griech. o; femin. altind. sa, got. so, griech. e). Beweis für
die richtigkeit diser anname lifert die pronominale declination,
welche den nom. acc. neutr. durch t bezeichnet. Die pronomi-
nalwurzel sa wird nämlich im vor ligenden stande des indo-
germanischen nur für den nomin. sing. masc. femin. gebraucht,
fürs neutrum und für alle anderen casus tritt eine andere prono-
minalwurzel, nämlich ta ein (vgl. o, e aber neutr. to; gotisch
sa, so aber neutr. tha-ta; altind. sa, sa aber neutr. ta-t); nun
zeigt aber t als rest von ta in der pronominalen declination
den nomin. acc. neutr. an, vgl. z. b. nomin. masc. fem. urspr.
ki-s, neutr. ki-t; latein. qui-s, neutr. qui-t, qui-d. Da hier als
casuselemente s und t gerade so wechseln, wie im selbständi-
gen pronomen sa und ta, so ist die warscheinlichkeit der iden-
tität beider eine ser große. Hiermit ist zugleich der ursprung
der casus im indogermanischen auß ursprünglich nach gesezten
wurzeln (postpositionen) erwisen.

In der indogerm. urspr. trat das s des nominativs an
den nominalstamm einfach an:

1. vak-s; 2. dus-manas-s; 3. taksan-s; 4. bharant-s, vividvant-s;
5. datars, patar-s, matar-s; 6. nau-s; 7. bhru-s; 8. sunu-s; 9.
bhuti-s, pati-s; 10. masc. akva-s, femin. akva-s. Dise form ist mit
höchster warscheinlichkeit als die älteste an zu setzen, da man
nicht begreift, warum nur dise stamclasse die beziehung des
nominativs durch kein casussuffix auß gedrükt haben solte.
Allein schon vor der sprachtrennung hat sich villeicht dises s
bei den weiblichen a-stämmen teilweise verloren, da es sich in
keiner indogerm. sprache als regelmäßige bildung vor findet;
die einzige spur des selben zeigen wol im altindischen die meist
vedischen nominat. singul. der stämme auf ei, das wir für zu-

Nominativus sing. Indog. urspr.
masc. harja (exercitus), haírdja (pastor), neutr. kunja (genus),§. 245.
femin. bandja (vinculum).

Nominativ singularis. Masculina und feminina setzen§. 246.
das casuszeichen s an den stammaußlaut; die neutra ersetzen
den nominativ durch den accusativ.

Das s des nominativs ist one zweifel rest der pronominal-
wurzel sa (demonstrativ, nom. sg. masc. altind. und gotisch
sa, griech. ; femin. altind. , got. sô, griech. ἡ). Beweis für
die richtigkeit diser anname lifert die pronominale declination,
welche den nom. acc. neutr. durch t bezeichnet. Die pronomi-
nalwurzel sa wird nämlich im vor ligenden stande des indo-
germanischen nur für den nomin. sing. masc. femin. gebraucht,
fürs neutrum und für alle anderen casus tritt eine andere prono-
minalwurzel, nämlich ta ein (vgl. ὁ, ἡ aber neutr. τό; gotisch
sa, sô aber neutr. tha-ta; altind. sa, sâ aber neutr. ta-t); nun
zeigt aber t als rest von ta in der pronominalen declination
den nomin. acc. neutr. an, vgl. z. b. nomin. masc. fem. urspr.
ki-s, neutr. ki-t; latein. qui-s, neutr. qui-t, qui-d. Da hier als
casuselemente s und t gerade so wechseln, wie im selbständi-
gen pronomen sa und ta, so ist die warscheinlichkeit der iden-
tität beider eine ser große. Hiermit ist zugleich der ursprung
der casus im indogermanischen auß ursprünglich nach gesezten
wurzeln (postpositionen) erwisen.

In der indogerm. urspr. trat das s des nominativs an
den nominalstamm einfach an:

1. vâk-s; 2. dus-manas-s; 3. taksan-s; 4. bharant-s, vividvant-s;
5. dâtars, patar-s, mâtar-s; 6. nâu-s; 7. bhru-s; 8. sunu-s; 9.
bhuti-s, pati-s; 10. masc. akva-s, femin. akvâ-s. Dise form ist mit
höchster warscheinlichkeit als die älteste an zu setzen, da man
nicht begreift, warum nur dise stamclasse die beziehung des
nominativs durch kein casussuffix auß gedrükt haben solte.
Allein schon vor der sprachtrennung hat sich villeicht dises s
bei den weiblichen a-stämmen teilweise verloren, da es sich in
keiner indogerm. sprache als regelmäßige bildung vor findet;
die einzige spur des selben zeigen wol im altindischen die meist
vêdischen nominat. singul. der stämme auf î, das wir für zu-

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[425/0151] Nominativus sing. Indog. urspr. masc. harja (exercitus), haírdja (pastor), neutr. kunja (genus), femin. bandja (vinculum). §. 245. Nominativ singularis. Masculina und feminina setzen das casuszeichen s an den stammaußlaut; die neutra ersetzen den nominativ durch den accusativ. §. 246. Das s des nominativs ist one zweifel rest der pronominal- wurzel sa (demonstrativ, nom. sg. masc. altind. und gotisch sa, griech. ὁ; femin. altind. sâ, got. sô, griech. ἡ). Beweis für die richtigkeit diser anname lifert die pronominale declination, welche den nom. acc. neutr. durch t bezeichnet. Die pronomi- nalwurzel sa wird nämlich im vor ligenden stande des indo- germanischen nur für den nomin. sing. masc. femin. gebraucht, fürs neutrum und für alle anderen casus tritt eine andere prono- minalwurzel, nämlich ta ein (vgl. ὁ, ἡ aber neutr. τό; gotisch sa, sô aber neutr. tha-ta; altind. sa, sâ aber neutr. ta-t); nun zeigt aber t als rest von ta in der pronominalen declination den nomin. acc. neutr. an, vgl. z. b. nomin. masc. fem. urspr. ki-s, neutr. ki-t; latein. qui-s, neutr. qui-t, qui-d. Da hier als casuselemente s und t gerade so wechseln, wie im selbständi- gen pronomen sa und ta, so ist die warscheinlichkeit der iden- tität beider eine ser große. Hiermit ist zugleich der ursprung der casus im indogermanischen auß ursprünglich nach gesezten wurzeln (postpositionen) erwisen. In der indogerm. urspr. trat das s des nominativs an den nominalstamm einfach an: 1. vâk-s; 2. dus-manas-s; 3. taksan-s; 4. bharant-s, vividvant-s; 5. dâtars, patar-s, mâtar-s; 6. nâu-s; 7. bhru-s; 8. sunu-s; 9. bhuti-s, pati-s; 10. masc. akva-s, femin. akvâ-s. Dise form ist mit höchster warscheinlichkeit als die älteste an zu setzen, da man nicht begreift, warum nur dise stamclasse die beziehung des nominativs durch kein casussuffix auß gedrükt haben solte. Allein schon vor der sprachtrennung hat sich villeicht dises s bei den weiblichen a-stämmen teilweise verloren, da es sich in keiner indogerm. sprache als regelmäßige bildung vor findet; die einzige spur des selben zeigen wol im altindischen die meist vêdischen nominat. singul. der stämme auf î, das wir für zu-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/151>, abgerufen am 02.05.2024.