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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Altindisch. Vocalische lautgesetze.
vermiden a) durch zusammenziehung, b) durch schwund des
ersteren vocals und c) durch übertritt der vocale in die inen
entsprechenden spiranten.

Zusammenziehung findet dann statt, wenn a vor einen
vocal zu stehen komt, mit außname der fälle, in welchen a vor
dem folgenden vocale schwindet (auß gestoßen wird, wie man
sagt). Übertritt in den consonanten tritt ein, wenn i, u (und
die i und u als lezten bestandteil enthaltenden e (= ai), o (=
au), ai, au in dise lage kommen. Diser gegensatz von a dem
i, u gegenüber hat seinen grund darin, daß a keinen im ent-
sprechenden spiranten hat, wärend dem i und u aber j und v
als nur durch geringe verschidenheit der außsprache von inen
gesonderte spiranten zur seite stehen; den übergang von i und
u zu j und v vermitteln ij, uv.

a. Beispile von zusammenziehung: praesenstamm bhara
+ i des optativs = bhare z. b. bharet auß *bhara-i-t (3. sg.
opt. praes.); nominalstamm acva + i des locativs = acve (loc.
sg. zu nom. sg. acva-s equus) u. s. f.

Anm. Einzelne ältere zusammenziehungen s. im folgenden (§. 15, c).
Die §. 6 erläuterten formen wie aukus, eigus bilden keine auß-
name dises gesetzes, denn sie sind nicht sowol auß *uukus,
*iigus contrahiert, als durch auflösung von v, j in u, i entstan-
den: *vava-kus, *uvakus, *uvkus, aukus; *jajagus, *ijagus
*ijgus, eigus sind die hier vorauß zu setzenden lautübergänge.

b. Schwund des a findet statt z. b. in fällen, wie dha-
nin
(dives, nom. sg. masc. dhanei) auß stamm dhana (ntr. nom.
sg. dhana-m divitiae) mit dem suffixe in; selbst vor suffix ja
findet solcher schwund von a statt, z. b. stamm dhan-ja (adj.
dives, nom. sg. masc. dhan-ja-s) von dem selben stamme dhana.
Die wurzeln auf a verlieren iren außlaut im perfect und nemen
dann sogar, wie consonantisch auß lautende, den hilfsvocal i an:
da-d-i-ma (1. plur. perf.) von wurz. da (dare) wie tu-tud-i-ma
von wurz. tud (tundere), so daß es den anschein gewint, als
ob a vor i geschwunden sei und man ima und änliche, nicht
aber ma als endung empfunden habe.

c. Die spaltung von i und u (und irer denungen ei,

Altindisch. Vocalische lautgesetze.
vermiden a) durch zusammenziehung, b) durch schwund des
ersteren vocals und c) durch übertritt der vocale in die inen
entsprechenden spiranten.

Zusammenziehung findet dann statt, wenn a vor einen
vocal zu stehen komt, mit außname der fälle, in welchen a vor
dem folgenden vocale schwindet (auß gestoßen wird, wie man
sagt). Übertritt in den consonanten tritt ein, wenn i, u (und
die i und u als lezten bestandteil enthaltenden ê (= ai), ô (=
au), âi, âu in dise lage kommen. Diser gegensatz von a dem
i, u gegenüber hat seinen grund darin, daß a keinen im ent-
sprechenden spiranten hat, wärend dem i und u aber j und v
als nur durch geringe verschidenheit der außsprache von inen
gesonderte spiranten zur seite stehen; den übergang von i und
u zu j und v vermitteln ij, uv.

a. Beispile von zusammenziehung: praesenstamm bhára
+ i des optativs = bhárê z. b. bhárêt auß *bhara-i-t (3. sg.
opt. praes.); nominalstamm áçva + i des locativs = áçvê (loc.
sg. zu nom. sg. áçva-s equus) u. s. f.

Anm. Einzelne ältere zusammenziehungen s. im folgenden (§. 15, c).
Die §. 6 erläuterten formen wie ûḱús, îǵús bilden keine auß-
name dises gesetzes, denn sie sind nicht sowol auß *uuḱús,
*iiǵús contrahiert, als durch auflösung von v, j in u, i entstan-
den: *vava-ḱus, *uvaḱus, *uvḱus, ûḱús; *jajaǵus, *ijaǵus
*ijǵus, îǵús sind die hier vorauß zu setzenden lautübergänge.

b. Schwund des a findet statt z. b. in fällen, wie dha-
nín
(dives, nom. sg. masc. dhanî́) auß stamm dhána (ntr. nom.
sg. dhána-m divitiae) mit dem suffixe in; selbst vor suffix ja
findet solcher schwund von a statt, z. b. stamm dhán-ja (adj.
dives, nom. sg. masc. dhán-ja-s) von dem selben stamme dhána.
Die wurzeln auf a verlieren iren außlaut im perfect und nemen
dann sogar, wie consonantisch auß lautende, den hilfsvocal i an:
da-d-i-má (1. plur. perf.) von wurz. da (dare) wie tu-tud-i-má
von wurz. tud (tundere), so daß es den anschein gewint, als
ob a vor i geschwunden sei und man ima und änliche, nicht
aber ma als endung empfunden habe.

c. Die spaltung von i und u (und irer denungen î,

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[25/0039] Altindisch. Vocalische lautgesetze. vermiden a) durch zusammenziehung, b) durch schwund des ersteren vocals und c) durch übertritt der vocale in die inen entsprechenden spiranten. Zusammenziehung findet dann statt, wenn a vor einen vocal zu stehen komt, mit außname der fälle, in welchen a vor dem folgenden vocale schwindet (auß gestoßen wird, wie man sagt). Übertritt in den consonanten tritt ein, wenn i, u (und die i und u als lezten bestandteil enthaltenden ê (= ai), ô (= au), âi, âu in dise lage kommen. Diser gegensatz von a dem i, u gegenüber hat seinen grund darin, daß a keinen im ent- sprechenden spiranten hat, wärend dem i und u aber j und v als nur durch geringe verschidenheit der außsprache von inen gesonderte spiranten zur seite stehen; den übergang von i und u zu j und v vermitteln ij, uv. a. Beispile von zusammenziehung: praesenstamm bhára + i des optativs = bhárê z. b. bhárêt auß *bhara-i-t (3. sg. opt. praes.); nominalstamm áçva + i des locativs = áçvê (loc. sg. zu nom. sg. áçva-s equus) u. s. f. Anm. Einzelne ältere zusammenziehungen s. im folgenden (§. 15, c). Die §. 6 erläuterten formen wie ûḱús, îǵús bilden keine auß- name dises gesetzes, denn sie sind nicht sowol auß *uuḱús, *iiǵús contrahiert, als durch auflösung von v, j in u, i entstan- den: *vava-ḱus, *uvaḱus, *uvḱus, ûḱús; *jajaǵus, *ijaǵus *ijǵus, îǵús sind die hier vorauß zu setzenden lautübergänge. b. Schwund des a findet statt z. b. in fällen, wie dha- nín (dives, nom. sg. masc. dhanî́) auß stamm dhána (ntr. nom. sg. dhána-m divitiae) mit dem suffixe in; selbst vor suffix ja findet solcher schwund von a statt, z. b. stamm dhán-ja (adj. dives, nom. sg. masc. dhán-ja-s) von dem selben stamme dhána. Die wurzeln auf a verlieren iren außlaut im perfect und nemen dann sogar, wie consonantisch auß lautende, den hilfsvocal i an: da-d-i-má (1. plur. perf.) von wurz. da (dare) wie tu-tud-i-má von wurz. tud (tundere), so daß es den anschein gewint, als ob a vor i geschwunden sei und man ima und änliche, nicht aber ma als endung empfunden habe. c. Die spaltung von i und u (und irer denungen î,

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/39>, abgerufen am 20.04.2024.