Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut. t.
ist darin zu erkennen daß es im verse vor vocalen nicht ge-
rechnet wird.

Auch das auß lautende n scheint nur schwach gehört wor-
den zu sein, vgl. alioqui neben alioquin und dergl.

Ursprünglich auß lautendes t hatte im älteren latein einen
schwachen laut, wie ein kaum hörbares d; daher findet es sich
häufig nicht geschriben, z. b. patre (t. Sc. Barb.) neben Gnaivod
u. a. Im latein der classischen periode wird d für urspr. t teils
in der schrift fest gehalten, so z. b. im neutrum der pronomi-
nalen declination, wie quo-d = urspr. ka-t, id = urspr. i-t u.
s. f. (seltener ist hier die schreibung mit t), teils völlig ab ge-
worfen, so im ablat. sg., wo d = urspr. t nur in dem archai-
schen latein erhalten ist, im classischen aber nicht geschriben
wird, z. b. equo-d, equo = urspr. akva-t, altind. acva-t; in der
endung -to des imperativs ist ebenfals t geschwunden, z. b.
urspr. as-tat, osk. es-taud, lat. esto auß *es-tod. Ist t nicht ur-
sprünglich auß lautend, sondern erst durch vocalschwund in den
außlaut gekommen, so bleibt es im classischen latein, wärend
die archaische latinität auch dises t nicht schonte, z. b. eit
grundform *ei-ti urspr. ai-ti; vehit(i), vehunt(i), *vehonti urspr.
vaghati, vaghanti u. a., aber archaisch dede = dedet, dedit ja
sogar dedro für dedront, dederunt.

Also auch nt ward in älterer zeit und in der gewönlichen
sprache kaum hörbar gesprochen; dise außsprache gab anlaß
zu den doppelformen der späteren fest gesezten schreibung für
die 3 plur. perf., wie fecerunt (mit erhaltenem vollen außlaute)
und fecere (mit geschwundenem nt und geschwächtem vocale).

Noch stärker, als im altlateinischen und in der lateinischen
sprache der ungebildeten, war das verschlucken der auß lau-
tenden consonanten im umbrischen, s. unten. Das oskische da-
gegen zeigt dise erscheinung nicht, warscheinlich deshalb, weil
zu der zeit, auß welcher die auf uns gekommenen oskischen
inschriften stammen, eine algemein gültige schriftsprache bei
allen samnitischen stämmen sich bereits gebildet hatte, worauf
außer vilem andern auch die übereinstimmung in der schrei-

Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut. t.
ist darin zu erkennen daß es im verse vor vocalen nicht ge-
rechnet wird.

Auch das auß lautende n scheint nur schwach gehört wor-
den zu sein, vgl. alioqui neben alioquin und dergl.

Ursprünglich auß lautendes t hatte im älteren latein einen
schwachen laut, wie ein kaum hörbares d; daher findet es sich
häufig nicht geschriben, z. b. patre (t. Sc. Barb.) neben Gnaivod
u. a. Im latein der classischen periode wird d für urspr. t teils
in der schrift fest gehalten, so z. b. im neutrum der pronomi-
nalen declination, wie quo-d = urspr. ka-t, id = urspr. i-t u.
s. f. (seltener ist hier die schreibung mit t), teils völlig ab ge-
worfen, so im ablat. sg., wo d = urspr. t nur in dem archai-
schen latein erhalten ist, im classischen aber nicht geschriben
wird, z. b. equô-d, equô = urspr. akvâ-t, altind. áçvâ-t; in der
endung -to des imperativs ist ebenfals t geschwunden, z. b.
urspr. as-tât, osk. es-tûd, lat. esto auß *es-tôd. Ist t nicht ur-
sprünglich auß lautend, sondern erst durch vocalschwund in den
außlaut gekommen, so bleibt es im classischen latein, wärend
die archaische latinität auch dises t nicht schonte, z. b. ît
grundform *ei-ti urspr. ai-ti; vehit(i), vehunt(i), *vehonti urspr.
vaghati, vaghanti u. a., aber archaisch dede = dedet, dedit ja
sogar dedro für dedront, dederunt.

Also auch nt ward in älterer zeit und in der gewönlichen
sprache kaum hörbar gesprochen; dise außsprache gab anlaß
zu den doppelformen der späteren fest gesezten schreibung für
die 3 plur. perf., wie fecerunt (mit erhaltenem vollen außlaute)
und fecere (mit geschwundenem nt und geschwächtem vocale).

Noch stärker, als im altlateinischen und in der lateinischen
sprache der ungebildeten, war das verschlucken der auß lau-
tenden consonanten im umbrischen, s. unten. Das oskische da-
gegen zeigt dise erscheinung nicht, warscheinlich deshalb, weil
zu der zeit, auß welcher die auf uns gekommenen oskischen
inschriften stammen, eine algemein gültige schriftsprache bei
allen samnitischen stämmen sich bereits gebildet hatte, worauf
außer vilem andern auch die übereinstimmung in der schrei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0232" n="218"/><fw place="top" type="header">Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut. <hi rendition="#i">t</hi>.</fw><lb/>
ist darin zu erkennen daß es im verse vor vocalen nicht ge-<lb/>
rechnet wird.</p><lb/>
                <p>Auch das auß lautende <hi rendition="#i">n</hi> scheint nur schwach gehört wor-<lb/>
den zu sein, vgl. <hi rendition="#i">alioqui</hi> neben <hi rendition="#i">alioquin</hi> und dergl.</p><lb/>
                <p>Ursprünglich auß lautendes <hi rendition="#i">t</hi> hatte im älteren latein einen<lb/>
schwachen laut, wie ein kaum hörbares <hi rendition="#i">d;</hi> daher findet es sich<lb/>
häufig nicht geschriben, z. b. <hi rendition="#i">patre</hi> (t. Sc. Barb.) neben <hi rendition="#i">Gnaivod</hi><lb/>
u. a. Im latein der classischen periode wird <hi rendition="#i">d</hi> für urspr. <hi rendition="#i">t</hi> teils<lb/>
in der schrift fest gehalten, so z. b. im neutrum der pronomi-<lb/>
nalen declination, wie <hi rendition="#i">quo-d</hi> = urspr. <hi rendition="#i">ka-t, id</hi> = urspr. <hi rendition="#i">i-t</hi> u.<lb/>
s. f. (seltener ist hier die schreibung mit <hi rendition="#i">t)</hi>, teils völlig ab ge-<lb/>
worfen, so im ablat. sg., wo <hi rendition="#i">d</hi> = urspr. <hi rendition="#i">t</hi> nur in dem archai-<lb/>
schen latein erhalten ist, im classischen aber nicht geschriben<lb/>
wird, z. b. <hi rendition="#i">equô-d, equô</hi> = urspr. <hi rendition="#i">akvâ-t</hi>, altind. <hi rendition="#i">áçvâ-t;</hi> in der<lb/>
endung <hi rendition="#i">-to</hi> des imperativs ist ebenfals <hi rendition="#i">t</hi> geschwunden, z. b.<lb/>
urspr. <hi rendition="#i">as-tât</hi>, osk. <hi rendition="#i">es-tûd</hi>, lat. <hi rendition="#i">esto</hi> auß *<hi rendition="#i">es-tôd</hi>. Ist <hi rendition="#i">t</hi> nicht ur-<lb/>
sprünglich auß lautend, sondern erst durch vocalschwund in den<lb/>
außlaut gekommen, so bleibt es im classischen latein, wärend<lb/>
die archaische latinität auch dises <hi rendition="#i">t</hi> nicht schonte, z. b. <hi rendition="#i">ît</hi><lb/>
grundform *<hi rendition="#i">ei-ti</hi> urspr. <hi rendition="#i">ai-ti; vehit(i)</hi>, <hi rendition="#i">vehunt(i)</hi>, *<hi rendition="#i">vehonti</hi> urspr.<lb/><hi rendition="#i">vaghati</hi>, <hi rendition="#i">vaghanti</hi> u. a., aber archaisch <hi rendition="#i">dede</hi> = <hi rendition="#i">dedet</hi>, <hi rendition="#i">dedit</hi> ja<lb/>
sogar <hi rendition="#i">dedro</hi> für <hi rendition="#i">dedront</hi>, <hi rendition="#i">dederunt</hi>.</p><lb/>
                <p>Also auch <hi rendition="#i">nt</hi> ward in älterer zeit und in der gewönlichen<lb/>
sprache kaum hörbar gesprochen; dise außsprache gab anlaß<lb/>
zu den doppelformen der späteren fest gesezten schreibung für<lb/>
die 3 plur. perf., wie <hi rendition="#i">fecerunt</hi> (mit erhaltenem vollen außlaute)<lb/>
und <hi rendition="#i">fecere</hi> (mit geschwundenem <hi rendition="#i">nt</hi> und geschwächtem vocale).</p><lb/>
                <p>Noch stärker, als im altlateinischen und in der lateinischen<lb/>
sprache der ungebildeten, war das verschlucken der auß lau-<lb/>
tenden consonanten im umbrischen, s. unten. Das oskische da-<lb/>
gegen zeigt dise erscheinung nicht, warscheinlich deshalb, weil<lb/>
zu der zeit, auß welcher die auf uns gekommenen oskischen<lb/>
inschriften stammen, eine algemein gültige schriftsprache bei<lb/>
allen samnitischen stämmen sich bereits gebildet hatte, worauf<lb/>
außer vilem andern auch die übereinstimmung in der schrei-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0232] Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut. t. ist darin zu erkennen daß es im verse vor vocalen nicht ge- rechnet wird. Auch das auß lautende n scheint nur schwach gehört wor- den zu sein, vgl. alioqui neben alioquin und dergl. Ursprünglich auß lautendes t hatte im älteren latein einen schwachen laut, wie ein kaum hörbares d; daher findet es sich häufig nicht geschriben, z. b. patre (t. Sc. Barb.) neben Gnaivod u. a. Im latein der classischen periode wird d für urspr. t teils in der schrift fest gehalten, so z. b. im neutrum der pronomi- nalen declination, wie quo-d = urspr. ka-t, id = urspr. i-t u. s. f. (seltener ist hier die schreibung mit t), teils völlig ab ge- worfen, so im ablat. sg., wo d = urspr. t nur in dem archai- schen latein erhalten ist, im classischen aber nicht geschriben wird, z. b. equô-d, equô = urspr. akvâ-t, altind. áçvâ-t; in der endung -to des imperativs ist ebenfals t geschwunden, z. b. urspr. as-tât, osk. es-tûd, lat. esto auß *es-tôd. Ist t nicht ur- sprünglich auß lautend, sondern erst durch vocalschwund in den außlaut gekommen, so bleibt es im classischen latein, wärend die archaische latinität auch dises t nicht schonte, z. b. ît grundform *ei-ti urspr. ai-ti; vehit(i), vehunt(i), *vehonti urspr. vaghati, vaghanti u. a., aber archaisch dede = dedet, dedit ja sogar dedro für dedront, dederunt. Also auch nt ward in älterer zeit und in der gewönlichen sprache kaum hörbar gesprochen; dise außsprache gab anlaß zu den doppelformen der späteren fest gesezten schreibung für die 3 plur. perf., wie fecerunt (mit erhaltenem vollen außlaute) und fecere (mit geschwundenem nt und geschwächtem vocale). Noch stärker, als im altlateinischen und in der lateinischen sprache der ungebildeten, war das verschlucken der auß lau- tenden consonanten im umbrischen, s. unten. Das oskische da- gegen zeigt dise erscheinung nicht, warscheinlich deshalb, weil zu der zeit, auß welcher die auf uns gekommenen oskischen inschriften stammen, eine algemein gültige schriftsprache bei allen samnitischen stämmen sich bereits gebildet hatte, worauf außer vilem andern auch die übereinstimmung in der schrei-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/232
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/232>, abgerufen am 04.12.2024.