Schleicher, August: Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft. Weimar, 1863.zu verstehen pflegt. Die Glottik, die Wissenschaft der Darwins Werk scheint mir durch die Geistesrichtung 1) Von der Philologie, einer historischen Disciplin, ist hier na-
türlich nicht die Rede. zu verstehen pflegt. Die Glottik, die Wissenschaft der Darwins Werk scheint mir durch die Geistesrichtung 1) Von der Philologie, einer historischen Disciplin, ist hier na-
türlich nicht die Rede. <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0007" n="7"/> zu verstehen pflegt. Die Glottik, die Wissenschaft der<lb/> Sprache, ist demnach eine Naturwissenschaft; ihre Methode<lb/> ist im Ganzen und Allgemeinen dieselbe, wie die der übri-<lb/> gen Naturwissenschaften<note place="foot" n="1)">Von der Philologie, einer historischen Disciplin, ist hier na-<lb/> türlich nicht die Rede.</note>. So konnte mir denn auch das<lb/> Studium des Darwinschen Buches, zu dem Du mich veran-<lb/> lasstest, nicht als meinem Fache allzu ferne liegend er-<lb/> scheinen.</p><lb/> <p>Darwins Werk scheint mir durch die Geistesrichtung<lb/> unserer Tage bedingt zu sein, abgesehen von jener Stelle<lb/> (S. 487 flg.), wo der Verfasser der bekannten Beschränkt-<lb/> heit seiner Landsleute in Glaubenssachen das wenig folge-<lb/> richtige Zugeständniss macht, dass sich mit seiner An-<lb/> sicht dennoch der Begriff der Schöpfung vereinigen lasse.<lb/> Diese Stelle lassen wir natürlich im Folgenden völlig ausser<lb/> Betracht; sie enthält einen Widerspruch Darwins mit sich<lb/> selbst, mit dessen Darlegungen sich nur die Vorstellung<lb/> allmählichen Werdens der Naturorganismen, keineswegs<lb/> aber die einer Schöpfung aus Nichts vereinigen lässt. Folge-<lb/> richtig ergibt sich aus Darwins Lehre als der gemeinsame<lb/> Anfang aller lebenden Organismen die einfache Zelle, aus<lb/> welcher sich im Verlaufe sehr langer Zeiträume die ganze<lb/> Fülle der noch vorhandenen und der bereits wieder ge-<lb/> schwundenen lebenden Wesen entwickelte, wie wir ja noch<lb/> jetzt diese einfachste Form des Lebens bei den auf der nied-<lb/> rigsten Entwicklungsstufe stehen gebliebenen Organismen<lb/> und im ersten Embryonalzustand auch der höheren Wesen<lb/> finden. Darwins Buch, sagte ich, scheint mir in vollkomme-<lb/> ner Uebereinstimmung mit den philosophischen Grund-<lb/></p> </body> </text> </TEI> [7/0007]
zu verstehen pflegt. Die Glottik, die Wissenschaft der
Sprache, ist demnach eine Naturwissenschaft; ihre Methode
ist im Ganzen und Allgemeinen dieselbe, wie die der übri-
gen Naturwissenschaften 1). So konnte mir denn auch das
Studium des Darwinschen Buches, zu dem Du mich veran-
lasstest, nicht als meinem Fache allzu ferne liegend er-
scheinen.
Darwins Werk scheint mir durch die Geistesrichtung
unserer Tage bedingt zu sein, abgesehen von jener Stelle
(S. 487 flg.), wo der Verfasser der bekannten Beschränkt-
heit seiner Landsleute in Glaubenssachen das wenig folge-
richtige Zugeständniss macht, dass sich mit seiner An-
sicht dennoch der Begriff der Schöpfung vereinigen lasse.
Diese Stelle lassen wir natürlich im Folgenden völlig ausser
Betracht; sie enthält einen Widerspruch Darwins mit sich
selbst, mit dessen Darlegungen sich nur die Vorstellung
allmählichen Werdens der Naturorganismen, keineswegs
aber die einer Schöpfung aus Nichts vereinigen lässt. Folge-
richtig ergibt sich aus Darwins Lehre als der gemeinsame
Anfang aller lebenden Organismen die einfache Zelle, aus
welcher sich im Verlaufe sehr langer Zeiträume die ganze
Fülle der noch vorhandenen und der bereits wieder ge-
schwundenen lebenden Wesen entwickelte, wie wir ja noch
jetzt diese einfachste Form des Lebens bei den auf der nied-
rigsten Entwicklungsstufe stehen gebliebenen Organismen
und im ersten Embryonalzustand auch der höheren Wesen
finden. Darwins Buch, sagte ich, scheint mir in vollkomme-
ner Uebereinstimmung mit den philosophischen Grund-
1) Von der Philologie, einer historischen Disciplin, ist hier na-
türlich nicht die Rede.
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