Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

gegen die Langeweile unentbehrlich
ist. Sie selbst sind denn auch eine
bloße Sorte, eine wie die andre,
ohne Originalität und ohne Liebe.

Aber sind sie unheilbar weil sie
ungeheilt sind? Mir ist es so ein-
leuchtend und klar, daß nichts un-
natürlicher für eine Frau sey, als
Prüderie (ein Laster an das ich nie
ohne eine gewisse innerliche Wuth
denken kann) und nichts beschwer-
licher als Unnatürlichkeit, daß ich
keine Gränze bestimmen, und keine
für unheilbar halten möchte. Ich
glaube ihre Unnatur kann nie zu-
verläßig werden, wenn sie auch noch
so viel Leichtigkeit und Unbefangen-
heit darin erlangt haben, bis zu
einem Schein von Consequenz und

gegen die Langeweile unentbehrlich
iſt. Sie ſelbſt ſind denn auch eine
bloße Sorte, eine wie die andre,
ohne Originalität und ohne Liebe.

Aber ſind ſie unheilbar weil ſie
ungeheilt ſind? Mir iſt es ſo ein-
leuchtend und klar, daß nichts un-
natürlicher für eine Frau ſey, als
Prüderie (ein Laſter an das ich nie
ohne eine gewiſſe innerliche Wuth
denken kann) und nichts beſchwer-
licher als Unnatürlichkeit, daß ich
keine Gränze beſtimmen, und keine
für unheilbar halten möchte. Ich
glaube ihre Unnatur kann nie zu-
verläßig werden, wenn ſie auch noch
ſo viel Leichtigkeit und Unbefangen-
heit darin erlangt haben, bis zu
einem Schein von Conſequenz und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0074" n="69"/>
gegen die Langeweile unentbehrlich<lb/>
i&#x017F;t. Sie &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind denn auch eine<lb/>
bloße Sorte, eine wie die andre,<lb/>
ohne Originalität und ohne Liebe.</p><lb/>
            <p>Aber &#x017F;ind &#x017F;ie unheilbar weil &#x017F;ie<lb/>
ungeheilt &#x017F;ind? Mir i&#x017F;t es &#x017F;o ein-<lb/>
leuchtend und klar, daß nichts un-<lb/>
natürlicher für eine Frau &#x017F;ey, als<lb/>
Prüderie (ein La&#x017F;ter an das ich nie<lb/>
ohne eine gewi&#x017F;&#x017F;e innerliche Wuth<lb/>
denken kann) und nichts be&#x017F;chwer-<lb/>
licher als Unnatürlichkeit, daß ich<lb/>
keine Gränze be&#x017F;timmen, und keine<lb/>
für unheilbar halten möchte. Ich<lb/>
glaube ihre Unnatur kann nie zu-<lb/>
verläßig werden, wenn &#x017F;ie auch noch<lb/>
&#x017F;o viel Leichtigkeit und Unbefangen-<lb/>
heit darin erlangt haben, bis zu<lb/>
einem Schein von Con&#x017F;equenz und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0074] gegen die Langeweile unentbehrlich iſt. Sie ſelbſt ſind denn auch eine bloße Sorte, eine wie die andre, ohne Originalität und ohne Liebe. Aber ſind ſie unheilbar weil ſie ungeheilt ſind? Mir iſt es ſo ein- leuchtend und klar, daß nichts un- natürlicher für eine Frau ſey, als Prüderie (ein Laſter an das ich nie ohne eine gewiſſe innerliche Wuth denken kann) und nichts beſchwer- licher als Unnatürlichkeit, daß ich keine Gränze beſtimmen, und keine für unheilbar halten möchte. Ich glaube ihre Unnatur kann nie zu- verläßig werden, wenn ſie auch noch ſo viel Leichtigkeit und Unbefangen- heit darin erlangt haben, bis zu einem Schein von Conſequenz und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/74
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/74>, abgerufen am 22.11.2024.