Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

wollen: denn sonst hätte auch ich
wirklich nichts weiter zu sagen.

Unstreitig seyd ihr durch eine
ewige Kluft geschieden. Die ruhige
klare Tiefe Deines Wesens, und der
heiße Kampf seines rastlosen Lebens
liegen an den entgegengesetzten En-
den des menschlichen Daseyns. Er
ist ganz Handlung, Du bist eine füh-
lende und beschauende Natur. Dar-
um solltest Du eben Sinn für alles
haben und hast ihn auch, wo Du
Dich nicht selbst absichtlich verschlie-
ßest. Und das verdrüßt mich ei-
gentlich. Möchtest Du den Herrli-
chen lieber hassen als verkennen! --
Aber wohin soll es führen, wenn
man sich unnatürlich gewöhnt, das
wenige Große und Schöne was noch

wollen: denn ſonſt hätte auch ich
wirklich nichts weiter zu ſagen.

Unſtreitig ſeyd ihr durch eine
ewige Kluft geſchieden. Die ruhige
klare Tiefe Deines Weſens, und der
heiße Kampf ſeines raſtloſen Lebens
liegen an den entgegengeſetzten En-
den des menſchlichen Daſeyns. Er
iſt ganz Handlung, Du biſt eine füh-
lende und beſchauende Natur. Dar-
um ſollteſt Du eben Sinn für alles
haben und haſt ihn auch, wo Du
Dich nicht ſelbſt abſichtlich verſchlie-
ßeſt. Und das verdrüßt mich ei-
gentlich. Möchteſt Du den Herrli-
chen lieber haſſen als verkennen! —
Aber wohin ſoll es führen, wenn
man ſich unnatürlich gewöhnt, das
wenige Große und Schöne was noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0281" n="276"/>
wollen: denn &#x017F;on&#x017F;t hätte auch ich<lb/>
wirklich nichts weiter zu &#x017F;agen.</p><lb/>
              <p>Un&#x017F;treitig &#x017F;eyd ihr durch eine<lb/>
ewige Kluft ge&#x017F;chieden. Die ruhige<lb/>
klare Tiefe Deines We&#x017F;ens, und der<lb/>
heiße Kampf &#x017F;eines ra&#x017F;tlo&#x017F;en Lebens<lb/>
liegen an den entgegenge&#x017F;etzten En-<lb/>
den des men&#x017F;chlichen Da&#x017F;eyns. Er<lb/>
i&#x017F;t ganz Handlung, Du bi&#x017F;t eine füh-<lb/>
lende und be&#x017F;chauende Natur. Dar-<lb/>
um &#x017F;ollte&#x017F;t Du eben Sinn für alles<lb/>
haben und ha&#x017F;t ihn auch, wo Du<lb/>
Dich nicht &#x017F;elb&#x017F;t ab&#x017F;ichtlich ver&#x017F;chlie-<lb/>
ße&#x017F;t. Und das verdrüßt mich ei-<lb/>
gentlich. Möchte&#x017F;t Du den Herrli-<lb/>
chen lieber ha&#x017F;&#x017F;en als verkennen! &#x2014;<lb/>
Aber wohin &#x017F;oll es führen, wenn<lb/>
man &#x017F;ich unnatürlich gewöhnt, das<lb/>
wenige Große und Schöne was noch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0281] wollen: denn ſonſt hätte auch ich wirklich nichts weiter zu ſagen. Unſtreitig ſeyd ihr durch eine ewige Kluft geſchieden. Die ruhige klare Tiefe Deines Weſens, und der heiße Kampf ſeines raſtloſen Lebens liegen an den entgegengeſetzten En- den des menſchlichen Daſeyns. Er iſt ganz Handlung, Du biſt eine füh- lende und beſchauende Natur. Dar- um ſollteſt Du eben Sinn für alles haben und haſt ihn auch, wo Du Dich nicht ſelbſt abſichtlich verſchlie- ßeſt. Und das verdrüßt mich ei- gentlich. Möchteſt Du den Herrli- chen lieber haſſen als verkennen! — Aber wohin ſoll es führen, wenn man ſich unnatürlich gewöhnt, das wenige Große und Schöne was noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/281
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/281>, abgerufen am 22.11.2024.