zu weinen und laut zu lachen. Sie waren ganz hingegeben und eins und doch war jeder ganz er selbst, mehr als sie es noch je gewesen wa- ren, und jede Äußerung war voll vom tiefsten Gefühl und eigensten Wesen. Bald ergriff sie eine unend- liche Begeisterung, bald tändelten nnd scherzten sie muthwillig und Amor war hier wirklich, was er so selten ist, ein fröhliches Kind.
Durch das, was seine Freundin ihm offenbart hatte, ward es dem Jünglinge klar, daß nur ein Weib recht unglücklich seyn kann und recht glücklich, und daß die Frauen allein, die mitten im Schooß der mensch- lichen Gesellschaft Naturmenschen ge- blieben sind, den kindlichen Sinn
zu weinen und laut zu lachen. Sie waren ganz hingegeben und eins und doch war jeder ganz er ſelbſt, mehr als ſie es noch je geweſen wa- ren, und jede Äußerung war voll vom tiefſten Gefühl und eigenſten Weſen. Bald ergriff ſie eine unend- liche Begeiſterung, bald tändelten nnd ſcherzten ſie muthwillig und Amor war hier wirklich, was er ſo ſelten iſt, ein fröhliches Kind.
Durch das, was ſeine Freundin ihm offenbart hatte, ward es dem Jünglinge klar, daß nur ein Weib recht unglücklich ſeyn kann und recht glücklich, und daß die Frauen allein, die mitten im Schooß der menſch- lichen Geſellſchaft Naturmenſchen ge- blieben ſind, den kindlichen Sinn
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zu weinen und laut zu lachen. Sie
waren ganz hingegeben und eins
und doch war jeder ganz er ſelbſt,
mehr als ſie es noch je geweſen wa-
ren, und jede Äußerung war voll
vom tiefſten Gefühl und eigenſten
Weſen. Bald ergriff ſie eine unend-
liche Begeiſterung, bald tändelten
nnd ſcherzten ſie muthwillig und Amor
war hier wirklich, was er ſo ſelten
iſt, ein fröhliches Kind.
Durch das, was ſeine Freundin
ihm offenbart hatte, ward es dem
Jünglinge klar, daß nur ein Weib
recht unglücklich ſeyn kann und recht
glücklich, und daß die Frauen allein,
die mitten im Schooß der menſch-
lichen Geſellſchaft Naturmenſchen ge-
blieben ſind, den kindlichen Sinn
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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/202>, abgerufen am 06.05.2024.
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