Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

aber der Ernst war abschreckend, die
Formen fielen ins Ungeheure, das
Antike ward ihm zu einer harten
Manier, und seine Gemälde blieben
bey aller Gründlichkeit und Einsicht
steif und steinern. Es war vieles
zu loben, nur die Anmuth fehlte;
und darin glich er seinen Werken.
Sein Charakter war rein gebrannt
im Leiden göttlicher Liebe und glänzte
in heller Kraft, aber er war spröde
und starr wie ächter Stahl. Er war
aus Kälte ruhig, und nur dann ge-
rieth er in Aufruhr, wenn ihn eine
hohe Wildniß der einsamen Natur
mehr als gewöhnlich reizte, wenn er
seiner entfernten Freundin treuen Be-
richt gab von dem Kampf seiner
Bildung und dem Ziel aller Arbeit,

M 2

aber der Ernſt war abſchreckend, die
Formen fielen ins Ungeheure, das
Antike ward ihm zu einer harten
Manier, und ſeine Gemälde blieben
bey aller Gründlichkeit und Einſicht
ſteif und ſteinern. Es war vieles
zu loben, nur die Anmuth fehlte;
und darin glich er ſeinen Werken.
Sein Charakter war rein gebrannt
im Leiden göttlicher Liebe und glänzte
in heller Kraft, aber er war ſpröde
und ſtarr wie ächter Stahl. Er war
aus Kälte ruhig, und nur dann ge-
rieth er in Aufruhr, wenn ihn eine
hohe Wildniß der einſamen Natur
mehr als gewöhnlich reizte, wenn er
ſeiner entfernten Freundin treuen Be-
richt gab von dem Kampf ſeiner
Bildung und dem Ziel aller Arbeit,

M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0184" n="179"/>
aber der Ern&#x017F;t war ab&#x017F;chreckend, die<lb/>
Formen fielen ins Ungeheure, das<lb/>
Antike ward ihm zu einer harten<lb/>
Manier, und &#x017F;eine Gemälde blieben<lb/>
bey aller Gründlichkeit und Ein&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;teif und &#x017F;teinern. Es war vieles<lb/>
zu loben, nur die Anmuth fehlte;<lb/>
und darin glich er &#x017F;einen Werken.<lb/>
Sein Charakter war rein gebrannt<lb/>
im Leiden göttlicher Liebe und glänzte<lb/>
in heller Kraft, aber er war &#x017F;pröde<lb/>
und &#x017F;tarr wie ächter Stahl. Er war<lb/>
aus Kälte ruhig, und nur dann ge-<lb/>
rieth er in Aufruhr, wenn ihn eine<lb/>
hohe Wildniß der ein&#x017F;amen Natur<lb/>
mehr als gewöhnlich reizte, wenn er<lb/>
&#x017F;einer entfernten Freundin treuen Be-<lb/>
richt gab von dem Kampf &#x017F;einer<lb/>
Bildung und dem Ziel aller Arbeit,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0184] aber der Ernſt war abſchreckend, die Formen fielen ins Ungeheure, das Antike ward ihm zu einer harten Manier, und ſeine Gemälde blieben bey aller Gründlichkeit und Einſicht ſteif und ſteinern. Es war vieles zu loben, nur die Anmuth fehlte; und darin glich er ſeinen Werken. Sein Charakter war rein gebrannt im Leiden göttlicher Liebe und glänzte in heller Kraft, aber er war ſpröde und ſtarr wie ächter Stahl. Er war aus Kälte ruhig, und nur dann ge- rieth er in Aufruhr, wenn ihn eine hohe Wildniß der einſamen Natur mehr als gewöhnlich reizte, wenn er ſeiner entfernten Freundin treuen Be- richt gab von dem Kampf ſeiner Bildung und dem Ziel aller Arbeit, M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/184
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/184>, abgerufen am 25.11.2024.