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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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bezaubern müssen, und ihren geflü-
gelten Worten fehle nur Maaß und
Reim, um zarte Poesie zu werden.
Und doch zeigte eben diese Frau bey
jeder großen Gelegenheit Muth und
Kraft zum Erstaunen, und das war
auch der hohe Gesichtspunkt, aus
dem sie den Werth der Menschen
beurtheilte.

Diese Größe der Seele war die
Seite, von der Julius im Anfange
seiner Leidenschaft ihr Wesen am
meisten ergriff, weil diese zu dem
Ernst derselben am besten stimmte.
Sein ganzes Wesen war gleichsam
von der Oberfläche zurückgetreten
nach dem Innern; er versank in
eine allgemeine Verschlossenheit und
floh den Umgang der Menschen.

bezaubern müſſen, und ihren geflü-
gelten Worten fehle nur Maaß und
Reim, um zarte Poeſie zu werden.
Und doch zeigte eben dieſe Frau bey
jeder großen Gelegenheit Muth und
Kraft zum Erſtaunen, und das war
auch der hohe Geſichtspunkt, aus
dem ſie den Werth der Menſchen
beurtheilte.

Dieſe Größe der Seele war die
Seite, von der Julius im Anfange
ſeiner Leidenſchaft ihr Weſen am
meiſten ergriff, weil dieſe zu dem
Ernſt derſelben am beſten ſtimmte.
Sein ganzes Weſen war gleichſam
von der Oberfläche zurückgetreten
nach dem Innern; er verſank in
eine allgemeine Verſchloſſenheit und
floh den Umgang der Menſchen.

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[175/0180] bezaubern müſſen, und ihren geflü- gelten Worten fehle nur Maaß und Reim, um zarte Poeſie zu werden. Und doch zeigte eben dieſe Frau bey jeder großen Gelegenheit Muth und Kraft zum Erſtaunen, und das war auch der hohe Geſichtspunkt, aus dem ſie den Werth der Menſchen beurtheilte. Dieſe Größe der Seele war die Seite, von der Julius im Anfange ſeiner Leidenſchaft ihr Weſen am meiſten ergriff, weil dieſe zu dem Ernſt derſelben am beſten ſtimmte. Sein ganzes Weſen war gleichſam von der Oberfläche zurückgetreten nach dem Innern; er verſank in eine allgemeine Verſchloſſenheit und floh den Umgang der Menſchen.

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/180>, abgerufen am 23.11.2024.