Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Klagen geneigt. Aber selbst dann
sprudelte er, wenn andre zugegen
waren, von bitterm Witz und allge-
meinem Spott, oder er trieb sein
Spiel mit sonderbaren und dummen
Menschen, deren Umgang er nun
über alles liebte, und die er in die
beste Laune zu setzen wußte, so daß
sie sich von Herzen mittheilten und
ganz zeigten, wie sie waren. Das Ge-
meine reizte und unterhielt ihn; nicht
aus liebenswürdiger Herablassung,
sondern weil es nach seiner Ansicht
närrisch und toll war.

An sich selbst dachte er nicht,
nur dann und wann überfiel ihn
ein klares Gefühl, er werde plötzlich
zu Grunde gehn. Die Reue unter-
drückte er durch Stolz, und die Ge-

Klagen geneigt. Aber ſelbſt dann
ſprudelte er, wenn andre zugegen
waren, von bitterm Witz und allge-
meinem Spott, oder er trieb ſein
Spiel mit ſonderbaren und dummen
Menſchen, deren Umgang er nun
über alles liebte, und die er in die
beſte Laune zu ſetzen wußte, ſo daß
ſie ſich von Herzen mittheilten und
ganz zeigten, wie ſie waren. Das Ge-
meine reizte und unterhielt ihn; nicht
aus liebenswürdiger Herablaſſung,
ſondern weil es nach ſeiner Anſicht
närriſch und toll war.

An ſich ſelbſt dachte er nicht,
nur dann und wann überfiel ihn
ein klares Gefühl, er werde plötzlich
zu Grunde gehn. Die Reue unter-
drückte er durch Stolz, und die Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0172" n="167"/>
Klagen geneigt. Aber &#x017F;elb&#x017F;t dann<lb/>
&#x017F;prudelte er, wenn andre zugegen<lb/>
waren, von bitterm Witz und allge-<lb/>
meinem Spott, oder er trieb &#x017F;ein<lb/>
Spiel mit &#x017F;onderbaren und dummen<lb/>
Men&#x017F;chen, deren Umgang er nun<lb/>
über alles liebte, und die er in die<lb/>
be&#x017F;te Laune zu &#x017F;etzen wußte, &#x017F;o daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich von Herzen mittheilten und<lb/>
ganz zeigten, wie &#x017F;ie waren. Das Ge-<lb/>
meine reizte und unterhielt ihn; nicht<lb/>
aus liebenswürdiger Herabla&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
&#x017F;ondern weil es nach &#x017F;einer An&#x017F;icht<lb/>
närri&#x017F;ch und toll war.</p><lb/>
            <p>An &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t dachte er nicht,<lb/>
nur dann und wann überfiel ihn<lb/>
ein klares Gefühl, er werde plötzlich<lb/>
zu Grunde gehn. Die Reue unter-<lb/>
drückte er durch Stolz, und die Ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0172] Klagen geneigt. Aber ſelbſt dann ſprudelte er, wenn andre zugegen waren, von bitterm Witz und allge- meinem Spott, oder er trieb ſein Spiel mit ſonderbaren und dummen Menſchen, deren Umgang er nun über alles liebte, und die er in die beſte Laune zu ſetzen wußte, ſo daß ſie ſich von Herzen mittheilten und ganz zeigten, wie ſie waren. Das Ge- meine reizte und unterhielt ihn; nicht aus liebenswürdiger Herablaſſung, ſondern weil es nach ſeiner Anſicht närriſch und toll war. An ſich ſelbſt dachte er nicht, nur dann und wann überfiel ihn ein klares Gefühl, er werde plötzlich zu Grunde gehn. Die Reue unter- drückte er durch Stolz, und die Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/172
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/172>, abgerufen am 23.11.2024.