Sie gab wenig darauf Acht, außer wenn etwas Lächerliches vorkam, oder eine allgemeine Bemerkung, die sie auch wahr fand. Denn sie achtete nichts und hatte Sinn für nichts als für Realität und fand alle Poesie lächerlich. Sie war einmal Schau- spielerin gewesen, aber nur kurze Zeit und sie machte sich gern lustig über ihr Ungeschick dazu und über die Langeweile, die sie dabey aus- gestanden. Es war eine von ihren vielen Eigenheiten, daß sie bey sol- chen Gelegenheiten in der dritten Per- son von sich sprach. Auch wenn sie erzählte, nannte sie sich nur Lisette, und sagte oft, wenn sie schreiben könnte, wollte sie ihre eigne Ge- schichte schreiben, aber so als ob es
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Sie gab wenig darauf Acht, außer wenn etwas Lächerliches vorkam, oder eine allgemeine Bemerkung, die ſie auch wahr fand. Denn ſie achtete nichts und hatte Sinn für nichts als für Realität und fand alle Poeſie lächerlich. Sie war einmal Schau- ſpielerin geweſen, aber nur kurze Zeit und ſie machte ſich gern luſtig über ihr Ungeſchick dazu und über die Langeweile, die ſie dabey aus- geſtanden. Es war eine von ihren vielen Eigenheiten, daß ſie bey ſol- chen Gelegenheiten in der dritten Per- ſon von ſich ſprach. Auch wenn ſie erzählte, nannte ſie ſich nur Liſette, und ſagte oft, wenn ſie ſchreiben könnte, wollte ſie ihre eigne Ge- ſchichte ſchreiben, aber ſo als ob es
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Sie gab wenig darauf Acht, außer
wenn etwas Lächerliches vorkam, oder
eine allgemeine Bemerkung, die ſie
auch wahr fand. Denn ſie achtete
nichts und hatte Sinn für nichts
als für Realität und fand alle Poeſie
lächerlich. Sie war einmal Schau-
ſpielerin geweſen, aber nur kurze
Zeit und ſie machte ſich gern luſtig
über ihr Ungeſchick dazu und über
die Langeweile, die ſie dabey aus-
geſtanden. Es war eine von ihren
vielen Eigenheiten, daß ſie bey ſol-
chen Gelegenheiten in der dritten Per-
ſon von ſich ſprach. Auch wenn ſie
erzählte, nannte ſie ſich nur Liſette,
und ſagte oft, wenn ſie ſchreiben
könnte, wollte ſie ihre eigne Ge-
ſchichte ſchreiben, aber ſo als ob es
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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/152>, abgerufen am 04.05.2024.
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