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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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So erhielt einer vom andern lernend der Priester-
fürsten sie;
Durch der Zeit Länge aber ward zerstört die Lehre,
Herrlicher!
Eben die ist's, die heut' ich dir, die alte Lehre,
offenbart.
Mein Diener bist du ja, Freund, auch; das höchst'
ist's der Geheimnisse.

Orjun.

Es ist deine Geburt später, früher ja Vivosvans
Geburt;
Sage wie soll ich begreifen nun, daß zuerst du es
offenbart?

Bhogovan.

Viel sind meiner vergangnen Geburten, Orjun,
deiner auch,
Alle sie kenn' ich wohl wissend, du kennst nicht
sie, o Herrlicher!
Ungebohren, unwandelbar bin ich, auch aller Wesen
Herr;
Mein eigen Wesen beherrschend, entsteh' ich durch
den eignen Schein. 8)
8) Das Entstehen und Vergehen ist nur eine Täuschung,
Maya. Diese Maya aber, welche die Quelle der Welt
der Erscheinungen ist, ist eine Wirkung der Kraft des
Gottes.
So erhielt einer vom andern lernend der Prieſter-
fürſten ſie;
Durch der Zeit Länge aber ward zerſtört die Lehre,
Herrlicher!
Eben die iſt’s, die heut’ ich dir, die alte Lehre,
offenbart.
Mein Diener biſt du ja, Freund, auch; das höchſt’
iſt’s der Geheimniſſe.

Orjun.

Es iſt deine Geburt ſpäter, früher ja Vivoſvans
Geburt;
Sage wie ſoll ich begreifen nun, daß zuerſt du es
offenbart?

Bhogovan.

Viel ſind meiner vergangnen Geburten, Orjun,
deiner auch,
Alle ſie kenn’ ich wohl wiſſend, du kennſt nicht
ſie, o Herrlicher!
Ungebohren, unwandelbar bin ich, auch aller Weſen
Herr;
Mein eigen Weſen beherrſchend, entſteh’ ich durch
den eignen Schein. 8)
8) Das Entſtehen und Vergehen iſt nur eine Täuſchung,
Maya. Dieſe Maya aber, welche die Quelle der Welt
der Erſcheinungen iſt, iſt eine Wirkung der Kraft des
Gottes.
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[296/0315] So erhielt einer vom andern lernend der Prieſter- fürſten ſie; Durch der Zeit Länge aber ward zerſtört die Lehre, Herrlicher! Eben die iſt’s, die heut’ ich dir, die alte Lehre, offenbart. Mein Diener biſt du ja, Freund, auch; das höchſt’ iſt’s der Geheimniſſe. Orjun. Es iſt deine Geburt ſpäter, früher ja Vivoſvans Geburt; Sage wie ſoll ich begreifen nun, daß zuerſt du es offenbart? Bhogovan. Viel ſind meiner vergangnen Geburten, Orjun, deiner auch, Alle ſie kenn’ ich wohl wiſſend, du kennſt nicht ſie, o Herrlicher! Ungebohren, unwandelbar bin ich, auch aller Weſen Herr; Mein eigen Weſen beherrſchend, entſteh’ ich durch den eignen Schein. 8) 8) Das Entſtehen und Vergehen iſt nur eine Täuſchung, Maya. Dieſe Maya aber, welche die Quelle der Welt der Erſcheinungen iſt, iſt eine Wirkung der Kraft des Gottes.

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/315>, abgerufen am 05.05.2024.