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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Einem untheilbaren Werk; die ewige Roma auf Erden und Madonna im Himmel als Wiederschein der einzigen Laura in seinem Herzen versinnlichen und halten in schöner Freyheit die geistige Einheit des ganzen Gedichts. Sein Gefühl hat die Sprache der Liebe gleichsam erfunden, und gilt nach Jahrhunderten noch bey allen Edlen, wie Boccaccio's Verstand eine unversiegbare Quelle merkwürdiger meistens wahrer und sehr gründlich ausgearbeiteter Geschichten für die Dichter jeder Nation stiftete, und durch kraftvollen Ausdruck und großen Periodenbau die Erzählungs-Sprache der Conversazion zu einer soliden Grundlage für die Prosa des Romans erhob. So streng in der Liebe Petrarca's Reinheit, so materiell ist Boccaccio's Kraft, der es lieber wählte, alle reizende Frauen zu trösten, als eine zu vergöttern. Jn der Canzone durch fröhliche Anmuth und geselligen Scherz nach dem Meister neu zu seyn, gelang ihm glücklicher als diesem, in der Vision und Terzine dem großen Dante ähnlich zu werden.

Diese drey sind die Häupter vom alten Styl der modernen Kunst; ihren Werth soll der Kenner verstehn, dem Gefühl des Liebhabers bleibt grade das Beste und Eigenste in ihnen hart oder doch fremd.

Aus solchen Quellen entsprungen, konnte bey der vorgezognen Nation der Jtaliäner der Strom der Poesie nicht wieder versiegen. Jene Erfinder zwar ließen keine Schule sondern nur Nachahmer zurück: dagegen entstand schon früh ein neues Gewächs. Man wandte die Form und Bildung der nun wieder

Einem untheilbaren Werk; die ewige Roma auf Erden und Madonna im Himmel als Wiederschein der einzigen Laura in seinem Herzen versinnlichen und halten in schoͤner Freyheit die geistige Einheit des ganzen Gedichts. Sein Gefuͤhl hat die Sprache der Liebe gleichsam erfunden, und gilt nach Jahrhunderten noch bey allen Edlen, wie Boccaccio's Verstand eine unversiegbare Quelle merkwuͤrdiger meistens wahrer und sehr gruͤndlich ausgearbeiteter Geschichten fuͤr die Dichter jeder Nation stiftete, und durch kraftvollen Ausdruck und großen Periodenbau die Erzaͤhlungs-Sprache der Conversazion zu einer soliden Grundlage fuͤr die Prosa des Romans erhob. So streng in der Liebe Petrarca's Reinheit, so materiell ist Boccaccio's Kraft, der es lieber waͤhlte, alle reizende Frauen zu troͤsten, als eine zu vergoͤttern. Jn der Canzone durch froͤhliche Anmuth und geselligen Scherz nach dem Meister neu zu seyn, gelang ihm gluͤcklicher als diesem, in der Vision und Terzine dem großen Dante aͤhnlich zu werden.

Diese drey sind die Haͤupter vom alten Styl der modernen Kunst; ihren Werth soll der Kenner verstehn, dem Gefuͤhl des Liebhabers bleibt grade das Beste und Eigenste in ihnen hart oder doch fremd.

Aus solchen Quellen entsprungen, konnte bey der vorgezognen Nation der Jtaliaͤner der Strom der Poesie nicht wieder versiegen. Jene Erfinder zwar ließen keine Schule sondern nur Nachahmer zuruͤck: dagegen entstand schon fruͤh ein neues Gewaͤchs. Man wandte die Form und Bildung der nun wieder

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[78/0086] Einem untheilbaren Werk; die ewige Roma auf Erden und Madonna im Himmel als Wiederschein der einzigen Laura in seinem Herzen versinnlichen und halten in schoͤner Freyheit die geistige Einheit des ganzen Gedichts. Sein Gefuͤhl hat die Sprache der Liebe gleichsam erfunden, und gilt nach Jahrhunderten noch bey allen Edlen, wie Boccaccio's Verstand eine unversiegbare Quelle merkwuͤrdiger meistens wahrer und sehr gruͤndlich ausgearbeiteter Geschichten fuͤr die Dichter jeder Nation stiftete, und durch kraftvollen Ausdruck und großen Periodenbau die Erzaͤhlungs-Sprache der Conversazion zu einer soliden Grundlage fuͤr die Prosa des Romans erhob. So streng in der Liebe Petrarca's Reinheit, so materiell ist Boccaccio's Kraft, der es lieber waͤhlte, alle reizende Frauen zu troͤsten, als eine zu vergoͤttern. Jn der Canzone durch froͤhliche Anmuth und geselligen Scherz nach dem Meister neu zu seyn, gelang ihm gluͤcklicher als diesem, in der Vision und Terzine dem großen Dante aͤhnlich zu werden. Diese drey sind die Haͤupter vom alten Styl der modernen Kunst; ihren Werth soll der Kenner verstehn, dem Gefuͤhl des Liebhabers bleibt grade das Beste und Eigenste in ihnen hart oder doch fremd. Aus solchen Quellen entsprungen, konnte bey der vorgezognen Nation der Jtaliaͤner der Strom der Poesie nicht wieder versiegen. Jene Erfinder zwar ließen keine Schule sondern nur Nachahmer zuruͤck: dagegen entstand schon fruͤh ein neues Gewaͤchs. Man wandte die Form und Bildung der nun wieder

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/86>, abgerufen am 22.11.2024.