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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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dein Leben freie That dir erscheinet im Umkreise der Schöpfung. So nur achtest du auf dich, und das Verhältniß deiner Anschauung, und findest in jeder Berührung dein Wesen durchdrungen von eigner Fülle des Lebens.

Kennst du die schimmernden Blumen und Kräuter und die Gebüsche der Ufer; und ihre hohe Schönheit in der stillen Umkvänzung rühret dein Auge doch nicht: so siehst du in ihnen nur todte Gestalten, und deine rühmliche Kenntniß ist nur Ahndung der Natur, die mit sichtbarer Freiheit den Menschen umstrahlet. Dann fehlt dir noch der Blick ihrer freien Beziehung auf das Verhältniß unsrer Geister. Du würdest sie sehen in der ewigen Schönheit, wenn dies Verhältniß du sähest als Leben der Menschen. Aber der Freiere sieht es in der stillen Gegenwart; denn sein Jdeal ist ihm ausgedrückt, und was er anschaut in der Natur, wird ihm darum Berührung des freien harmonischen Lebens. Auch du wirst es finden, wenn du zuvor dein Verhältniß zum Menschen begreifst. Nur auf dem Schauplatze des Schönen begegnest du seinem Blicke, und bleibest du ewig mit ihm durch freies Schaffen und Wirken. Siehe dies Bleiben in der Natur und du siehest mit ihr der Zeiten Vollendung. Oder sahest du die Woge dem Strome entrinnen aus der Gegenwart des Blickes? Sie ist nur eine wie die spielende Woge mit der Quelle des Stromes. Darum, wandelt der Strom, so freue dich seiner Quelle. Ewig ist ihre Kraft in der bildenden Natur, wie im freien Triebe des Lebens ewig die Quelle deiner Freuden.

dein Leben freie That dir erscheinet im Umkreise der Schoͤpfung. So nur achtest du auf dich, und das Verhaͤltniß deiner Anschauung, und findest in jeder Beruͤhrung dein Wesen durchdrungen von eigner Fuͤlle des Lebens.

Kennst du die schimmernden Blumen und Kraͤuter und die Gebuͤsche der Ufer; und ihre hohe Schoͤnheit in der stillen Umkvaͤnzung ruͤhret dein Auge doch nicht: so siehst du in ihnen nur todte Gestalten, und deine ruͤhmliche Kenntniß ist nur Ahndung der Natur, die mit sichtbarer Freiheit den Menschen umstrahlet. Dann fehlt dir noch der Blick ihrer freien Beziehung auf das Verhaͤltniß unsrer Geister. Du wuͤrdest sie sehen in der ewigen Schoͤnheit, wenn dies Verhaͤltniß du saͤhest als Leben der Menschen. Aber der Freiere sieht es in der stillen Gegenwart; denn sein Jdeal ist ihm ausgedruͤckt, und was er anschaut in der Natur, wird ihm darum Beruͤhrung des freien harmonischen Lebens. Auch du wirst es finden, wenn du zuvor dein Verhaͤltniß zum Menschen begreifst. Nur auf dem Schauplatze des Schoͤnen begegnest du seinem Blicke, und bleibest du ewig mit ihm durch freies Schaffen und Wirken. Siehe dies Bleiben in der Natur und du siehest mit ihr der Zeiten Vollendung. Oder sahest du die Woge dem Strome entrinnen aus der Gegenwart des Blickes? Sie ist nur eine wie die spielende Woge mit der Quelle des Stromes. Darum, wandelt der Strom, so freue dich seiner Quelle. Ewig ist ihre Kraft in der bildenden Natur, wie im freien Triebe des Lebens ewig die Quelle deiner Freuden.

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[54/0062] dein Leben freie That dir erscheinet im Umkreise der Schoͤpfung. So nur achtest du auf dich, und das Verhaͤltniß deiner Anschauung, und findest in jeder Beruͤhrung dein Wesen durchdrungen von eigner Fuͤlle des Lebens. Kennst du die schimmernden Blumen und Kraͤuter und die Gebuͤsche der Ufer; und ihre hohe Schoͤnheit in der stillen Umkvaͤnzung ruͤhret dein Auge doch nicht: so siehst du in ihnen nur todte Gestalten, und deine ruͤhmliche Kenntniß ist nur Ahndung der Natur, die mit sichtbarer Freiheit den Menschen umstrahlet. Dann fehlt dir noch der Blick ihrer freien Beziehung auf das Verhaͤltniß unsrer Geister. Du wuͤrdest sie sehen in der ewigen Schoͤnheit, wenn dies Verhaͤltniß du saͤhest als Leben der Menschen. Aber der Freiere sieht es in der stillen Gegenwart; denn sein Jdeal ist ihm ausgedruͤckt, und was er anschaut in der Natur, wird ihm darum Beruͤhrung des freien harmonischen Lebens. Auch du wirst es finden, wenn du zuvor dein Verhaͤltniß zum Menschen begreifst. Nur auf dem Schauplatze des Schoͤnen begegnest du seinem Blicke, und bleibest du ewig mit ihm durch freies Schaffen und Wirken. Siehe dies Bleiben in der Natur und du siehest mit ihr der Zeiten Vollendung. Oder sahest du die Woge dem Strome entrinnen aus der Gegenwart des Blickes? Sie ist nur eine wie die spielende Woge mit der Quelle des Stromes. Darum, wandelt der Strom, so freue dich seiner Quelle. Ewig ist ihre Kraft in der bildenden Natur, wie im freien Triebe des Lebens ewig die Quelle deiner Freuden.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/62>, abgerufen am 24.11.2024.