Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Kannst du mir aber auch begreiflich machen, warum diesem Jch nicht ohne Dialog in seinem Monolog zu helfen war, und warum der Helfer ein Geist sein mußte, ein so sonderbarer Geist, von dem nirgends steht, wer er ist, und der so sehr aus allem Kostüme herausgeht?" -- Das letztere kann doch keine üble Wirkung auf dich gemacht haben: denn die Empfindung, die dieser Contrast verursacht, mildert auf eine gar angenehme Art das Erstaunen über seine Erscheinung, und die scheue Ehrfurcht vor seiner Kraft. Uebrigens bedenke nur, wie denn ein solches Jch auf den theoretischen Jdealismus, ja bei seinen anfangs noch ziemlich unbestimmten moralischen Gefühlen auch auf den praktischen hätte kommen können, wenn nicht der Geist der wahren Philosophie, der es auf die innere Anschauung führt, auf eine außerordentliche Weise über dasselbe gekommen wäre? und wie dies nach alter Sitte auf eine bessere Art hätte versinnlicht werden können, als durch die Personificirung dieses Geistes? und wie er als das, was er ist, ohne sich zu nennen, besser hätte charakterisirt werden können, als durch die Sprache und die ganze Behandlung? Es liegt aber noch mehr darin. Die großen Fortschritte des Jch im dritten Buch werden nur dadurch erklärlich, daß man den Geist immer noch auf dem Jch ruhend denkt, wenn er schon nicht mehr gegenwärtig ist. Und der religiöse Anstrich dieses Buchs konnte wohl in diesem Jch nicht besser vorbereitet werden; denn ein seiner Natur nach so irreligiöses Wesen durfte sich wohl durch nichts geringeres

Kannst du mir aber auch begreiflich machen, warum diesem Jch nicht ohne Dialog in seinem Monolog zu helfen war, und warum der Helfer ein Geist sein mußte, ein so sonderbarer Geist, von dem nirgends steht, wer er ist, und der so sehr aus allem Kostuͤme herausgeht?” — Das letztere kann doch keine uͤble Wirkung auf dich gemacht haben: denn die Empfindung, die dieser Contrast verursacht, mildert auf eine gar angenehme Art das Erstaunen uͤber seine Erscheinung, und die scheue Ehrfurcht vor seiner Kraft. Uebrigens bedenke nur, wie denn ein solches Jch auf den theoretischen Jdealismus, ja bei seinen anfangs noch ziemlich unbestimmten moralischen Gefuͤhlen auch auf den praktischen haͤtte kommen koͤnnen, wenn nicht der Geist der wahren Philosophie, der es auf die innere Anschauung fuͤhrt, auf eine außerordentliche Weise uͤber dasselbe gekommen waͤre? und wie dies nach alter Sitte auf eine bessere Art haͤtte versinnlicht werden koͤnnen, als durch die Personificirung dieses Geistes? und wie er als das, was er ist, ohne sich zu nennen, besser haͤtte charakterisirt werden koͤnnen, als durch die Sprache und die ganze Behandlung? Es liegt aber noch mehr darin. Die großen Fortschritte des Jch im dritten Buch werden nur dadurch erklaͤrlich, daß man den Geist immer noch auf dem Jch ruhend denkt, wenn er schon nicht mehr gegenwaͤrtig ist. Und der religioͤse Anstrich dieses Buchs konnte wohl in diesem Jch nicht besser vorbereitet werden; denn ein seiner Natur nach so irreligioͤses Wesen durfte sich wohl durch nichts geringeres

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0306" n="294"/>
Kannst du mir aber auch begreiflich machen, warum diesem Jch nicht ohne Dialog in seinem Monolog zu helfen war, und warum der Helfer ein <hi rendition="#g">Geist</hi> sein mußte, ein so sonderbarer Geist, von dem nirgends steht, wer er ist, und der so sehr aus allem Kostu&#x0364;me herausgeht?&#x201D; &#x2014; Das letztere kann doch keine u&#x0364;ble Wirkung auf dich gemacht haben: denn die Empfindung, die dieser Contrast verursacht, mildert auf eine gar angenehme Art das Erstaunen u&#x0364;ber seine Erscheinung, und die scheue Ehrfurcht vor seiner Kraft. Uebrigens bedenke nur, wie denn ein solches Jch auf den theoretischen Jdealismus, ja bei seinen anfangs noch ziemlich unbestimmten moralischen Gefu&#x0364;hlen auch auf den praktischen ha&#x0364;tte kommen ko&#x0364;nnen, wenn nicht der <hi rendition="#g">Geist der wahren Philosophie</hi>, der es auf die innere Anschauung fu&#x0364;hrt, auf eine außerordentliche Weise u&#x0364;ber dasselbe gekommen wa&#x0364;re? und wie dies nach alter Sitte auf eine bessere Art ha&#x0364;tte versinnlicht werden ko&#x0364;nnen, als durch die Personificirung dieses Geistes? und wie er als das, was er ist, ohne sich zu nennen, besser ha&#x0364;tte charakterisirt werden ko&#x0364;nnen, als durch die Sprache und die ganze Behandlung? Es liegt aber noch mehr darin. Die großen Fortschritte des Jch im dritten Buch werden nur dadurch erkla&#x0364;rlich, daß man den Geist immer noch auf dem Jch ruhend denkt, wenn er schon nicht mehr gegenwa&#x0364;rtig ist. Und der religio&#x0364;se Anstrich dieses Buchs konnte wohl in diesem Jch nicht besser vorbereitet werden; denn ein seiner Natur nach so irreligio&#x0364;ses Wesen durfte sich wohl durch nichts geringeres
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0306] Kannst du mir aber auch begreiflich machen, warum diesem Jch nicht ohne Dialog in seinem Monolog zu helfen war, und warum der Helfer ein Geist sein mußte, ein so sonderbarer Geist, von dem nirgends steht, wer er ist, und der so sehr aus allem Kostuͤme herausgeht?” — Das letztere kann doch keine uͤble Wirkung auf dich gemacht haben: denn die Empfindung, die dieser Contrast verursacht, mildert auf eine gar angenehme Art das Erstaunen uͤber seine Erscheinung, und die scheue Ehrfurcht vor seiner Kraft. Uebrigens bedenke nur, wie denn ein solches Jch auf den theoretischen Jdealismus, ja bei seinen anfangs noch ziemlich unbestimmten moralischen Gefuͤhlen auch auf den praktischen haͤtte kommen koͤnnen, wenn nicht der Geist der wahren Philosophie, der es auf die innere Anschauung fuͤhrt, auf eine außerordentliche Weise uͤber dasselbe gekommen waͤre? und wie dies nach alter Sitte auf eine bessere Art haͤtte versinnlicht werden koͤnnen, als durch die Personificirung dieses Geistes? und wie er als das, was er ist, ohne sich zu nennen, besser haͤtte charakterisirt werden koͤnnen, als durch die Sprache und die ganze Behandlung? Es liegt aber noch mehr darin. Die großen Fortschritte des Jch im dritten Buch werden nur dadurch erklaͤrlich, daß man den Geist immer noch auf dem Jch ruhend denkt, wenn er schon nicht mehr gegenwaͤrtig ist. Und der religioͤse Anstrich dieses Buchs konnte wohl in diesem Jch nicht besser vorbereitet werden; denn ein seiner Natur nach so irreligioͤses Wesen durfte sich wohl durch nichts geringeres

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/306
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/306>, abgerufen am 22.11.2024.