Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
VI.
Sonette,
Von
A. W. Schlegel.
An
Ludwig Tieck
.



Einst war die heil'ge Schrift samt den Legenden
Der Thespis-Karrn der rohen neuern Bühnen;
Dem Volk und Spielern, gleich an Einfalt, schienen
Die Possen nicht das heiligste zu schänden.
Doch als die Kunst entwuchs den frommen Händen,
Da wollt' im Schauspiel niemand Gott mehr dienen,
Und stolze Geister mochten sich erkühnen
Spott über jene Wunder auszusenden.
Du, in der Dichterbildung reichsten Blüthe,
Bringst uns verwandelt wieder jene Zeiten,
Wo Adam auf der Bühn' erschien und Eva.
Ja, Dank sey deinem liebenden Gemüthe,
Heiligst die Kunst, verschönerst Heiligkeiten,
Und machst zum Lied das Leid der Genoveva.



VI.
Sonette,
Von
A. W. Schlegel.
An
Ludwig Tieck
.



Einst war die heil'ge Schrift samt den Legenden
Der Thespis-Karrn der rohen neuern Buͤhnen;
Dem Volk und Spielern, gleich an Einfalt, schienen
Die Possen nicht das heiligste zu schaͤnden.
Doch als die Kunst entwuchs den frommen Haͤnden,
Da wollt' im Schauspiel niemand Gott mehr dienen,
Und stolze Geister mochten sich erkuͤhnen
Spott uͤber jene Wunder auszusenden.
Du, in der Dichterbildung reichsten Bluͤthe,
Bringst uns verwandelt wieder jene Zeiten,
Wo Adam auf der Buͤhn' erschien und Eva.
Ja, Dank sey deinem liebenden Gemuͤthe,
Heiligst die Kunst, verschoͤnerst Heiligkeiten,
Und machst zum Lied das Leid der Genoveva.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0245" n="233"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/><hi rendition="#g">Sonette</hi>,</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Von</hi><lb/>
A. W. <hi rendition="#g">Schlegel</hi>.<lb/><hi rendition="#g">An<lb/>
Ludwig Tieck</hi>.</hi> </head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Einst war die heil'ge Schrift samt den Legenden</l><lb/>
                <l>Der Thespis-Karrn der rohen neuern Bu&#x0364;hnen;</l><lb/>
                <l>Dem Volk und Spielern, gleich an Einfalt, schienen</l><lb/>
                <l>Die Possen nicht das heiligste zu scha&#x0364;nden.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Doch als die Kunst entwuchs den frommen Ha&#x0364;nden,</l><lb/>
                <l>Da wollt' im Schauspiel niemand Gott mehr dienen,</l><lb/>
                <l>Und stolze Geister mochten sich erku&#x0364;hnen</l><lb/>
                <l>Spott u&#x0364;ber jene Wunder auszusenden.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Du, in der Dichterbildung reichsten Blu&#x0364;the,</l><lb/>
                <l>Bringst uns verwandelt wieder jene Zeiten,</l><lb/>
                <l>Wo Adam auf der Bu&#x0364;hn' erschien und Eva.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Ja, Dank sey deinem liebenden Gemu&#x0364;the,</l><lb/>
                <l>Heiligst die Kunst, verscho&#x0364;nerst Heiligkeiten,</l><lb/>
                <l>Und machst zum Lied das Leid der Genoveva.</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0245] VI. Sonette, Von A. W. Schlegel. An Ludwig Tieck. Einst war die heil'ge Schrift samt den Legenden Der Thespis-Karrn der rohen neuern Buͤhnen; Dem Volk und Spielern, gleich an Einfalt, schienen Die Possen nicht das heiligste zu schaͤnden. Doch als die Kunst entwuchs den frommen Haͤnden, Da wollt' im Schauspiel niemand Gott mehr dienen, Und stolze Geister mochten sich erkuͤhnen Spott uͤber jene Wunder auszusenden. Du, in der Dichterbildung reichsten Bluͤthe, Bringst uns verwandelt wieder jene Zeiten, Wo Adam auf der Buͤhn' erschien und Eva. Ja, Dank sey deinem liebenden Gemuͤthe, Heiligst die Kunst, verschoͤnerst Heiligkeiten, Und machst zum Lied das Leid der Genoveva.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/245
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/245>, abgerufen am 09.11.2024.