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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Zu Ende neigte die alte Welt sich. Des jungen Geschlechts Lustgarten verwelkte -- hinauf in den freyeren, wüsten Raum strebten die unkindlichen, wachsenden Menschen. Die Götter verschwanden mit ihrem Gefolge -- Einsam und leblos stand die Natur. Mit eiserner Kette band sie die dürre Zahl und das strenge Maaß. Wie in Staub und Lüfte zerfiel in dunkle Worte die unermeßliche Blüthe des Lebens. Entflohn war der beschwörende Glauben, und die allverwandelnde, allverschwisternde Himmelsgenossin, die Fantasie. Unfreundlich blies ein kalter Nordwind über die erstarrte Flur, und die erstarrte Wunderheymath verflog in den Aether. Des Himmels Fernen füllten mit leuchtenden Welten sich. Jns tiefre Heiligthum, in des Gemüths höhern Raum zog mit ihren Mächten die Seele der Welt -- zu walten dort bis zum Anbruch der tagenden Weltherrlichkeit. Nicht mehr war das Licht der Götter Aufenthalt und himmlisches Zeichen -- den Schleyer der Nacht warfen sie über sich. Die Nacht ward der Offenbarungen mächtiger Schoos -- in ihn kehrten die Götter zurück -- schlummerten ein, um in neuen herrlichern Gestalten auszugehn über die veränderte Welt. Jm Volk, das vor allen verachtet zu früh reif und der seligen Unschuld der Jugend trotzig fremd geworden war, erschien mit niegesehenem Angesicht die neue Welt -- Jn der Armuth dichterischer Hütte -- Ein Sohn der ersten Jungfrau und Mutter -- Geheimnißvoller Umarmung unendliche Frucht. Des Morgenlands ahndende, blütenreiche Weisheit erkannte zuerst der neuen Zeit Beginn -- Zu des Königs demüthiger Wiege

Zu Ende neigte die alte Welt sich. Des jungen Geschlechts Lustgarten verwelkte — hinauf in den freyeren, wuͤsten Raum strebten die unkindlichen, wachsenden Menschen. Die Goͤtter verschwanden mit ihrem Gefolge — Einsam und leblos stand die Natur. Mit eiserner Kette band sie die duͤrre Zahl und das strenge Maaß. Wie in Staub und Luͤfte zerfiel in dunkle Worte die unermeßliche Bluͤthe des Lebens. Entflohn war der beschwoͤrende Glauben, und die allverwandelnde, allverschwisternde Himmelsgenossin, die Fantasie. Unfreundlich blies ein kalter Nordwind uͤber die erstarrte Flur, und die erstarrte Wunderheymath verflog in den Aether. Des Himmels Fernen fuͤllten mit leuchtenden Welten sich. Jns tiefre Heiligthum, in des Gemuͤths hoͤhern Raum zog mit ihren Maͤchten die Seele der Welt — zu walten dort bis zum Anbruch der tagenden Weltherrlichkeit. Nicht mehr war das Licht der Goͤtter Aufenthalt und himmlisches Zeichen — den Schleyer der Nacht warfen sie uͤber sich. Die Nacht ward der Offenbarungen maͤchtiger Schoos — in ihn kehrten die Goͤtter zuruͤck — schlummerten ein, um in neuen herrlichern Gestalten auszugehn uͤber die veraͤnderte Welt. Jm Volk, das vor allen verachtet zu fruͤh reif und der seligen Unschuld der Jugend trotzig fremd geworden war, erschien mit niegesehenem Angesicht die neue Welt — Jn der Armuth dichterischer Huͤtte — Ein Sohn der ersten Jungfrau und Mutter — Geheimnißvoller Umarmung unendliche Frucht. Des Morgenlands ahndende, bluͤtenreiche Weisheit erkannte zuerst der neuen Zeit Beginn — Zu des Koͤnigs demuͤthiger Wiege

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[197/0209] Zu Ende neigte die alte Welt sich. Des jungen Geschlechts Lustgarten verwelkte — hinauf in den freyeren, wuͤsten Raum strebten die unkindlichen, wachsenden Menschen. Die Goͤtter verschwanden mit ihrem Gefolge — Einsam und leblos stand die Natur. Mit eiserner Kette band sie die duͤrre Zahl und das strenge Maaß. Wie in Staub und Luͤfte zerfiel in dunkle Worte die unermeßliche Bluͤthe des Lebens. Entflohn war der beschwoͤrende Glauben, und die allverwandelnde, allverschwisternde Himmelsgenossin, die Fantasie. Unfreundlich blies ein kalter Nordwind uͤber die erstarrte Flur, und die erstarrte Wunderheymath verflog in den Aether. Des Himmels Fernen fuͤllten mit leuchtenden Welten sich. Jns tiefre Heiligthum, in des Gemuͤths hoͤhern Raum zog mit ihren Maͤchten die Seele der Welt — zu walten dort bis zum Anbruch der tagenden Weltherrlichkeit. Nicht mehr war das Licht der Goͤtter Aufenthalt und himmlisches Zeichen — den Schleyer der Nacht warfen sie uͤber sich. Die Nacht ward der Offenbarungen maͤchtiger Schoos — in ihn kehrten die Goͤtter zuruͤck — schlummerten ein, um in neuen herrlichern Gestalten auszugehn uͤber die veraͤnderte Welt. Jm Volk, das vor allen verachtet zu fruͤh reif und der seligen Unschuld der Jugend trotzig fremd geworden war, erschien mit niegesehenem Angesicht die neue Welt — Jn der Armuth dichterischer Huͤtte — Ein Sohn der ersten Jungfrau und Mutter — Geheimnißvoller Umarmung unendliche Frucht. Des Morgenlands ahndende, bluͤtenreiche Weisheit erkannte zuerst der neuen Zeit Beginn — Zu des Koͤnigs demuͤthiger Wiege

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/209>, abgerufen am 24.11.2024.