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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Jch darf es ohne Uebertreibung ein Kunstwerk nennen. Freylich ist es keine hohe Dichtung, sondern nur eine -- Arabeske. Aber eben darum hat es in meinen Augen keine geringen Ansprüche; denn ich halte die Arabeske für eine ganz bestimmte und wesentliche Form oder Aeußerungsart der Poesie.

Jch denke mir die Sache so. Die Poesie ist so tief in dem Menschen gewurzelt, daß sie auch unter den ungünstigsten Umständen immer noch zu Zeiten wild wächst. Wie wir nun fast bey jedem Volk Lieder, Geschichten im Umlauf, irgend eine Art wenn gleich rohe Schauspiele im Gebrauch finden: so haben selbst in unserm unfantastischen Zeitalter, in den eigentlichen Ständen der Prosa, ich meyne die sogenanten Gelehrten und gebildeten Leute, einige Einzelne eine seltne Originalität der Fantasie in sich gespürt und geäußert, obgleich sie darum von der eigentlichen Kunst noch sehr entfernt waren. Der Humor eines Swift, eines Sterne, meyne ich, sey die Naturpoesie der höhern Stände unsers Zeitalters.

Jch bin weit entfernt, sie neben jene Großen zu stellen; aber Sie werden mir zugeben, daß wer für diese, für den Diderot Sinn hat, schon besser auf dem Wege ist, den göttlichen Witz, die Fantasie eines Ariost, Cervantes, Shakspeare verstehn zu lernen, als ein andrer, der auch noch nicht einmal bis dahin sich erhoben hat. Wir dürfen nun einmal die Foderungen in diesem Stück an die Menschen der jetzigen Zeit nicht zu hoch spannen, und was in so kränklichen Verhältnissen aufgewachsen ist, kann selbst natürlicherweise

Jch darf es ohne Uebertreibung ein Kunstwerk nennen. Freylich ist es keine hohe Dichtung, sondern nur eine — Arabeske. Aber eben darum hat es in meinen Augen keine geringen Anspruͤche; denn ich halte die Arabeske fuͤr eine ganz bestimmte und wesentliche Form oder Aeußerungsart der Poesie.

Jch denke mir die Sache so. Die Poesie ist so tief in dem Menschen gewurzelt, daß sie auch unter den unguͤnstigsten Umstaͤnden immer noch zu Zeiten wild waͤchst. Wie wir nun fast bey jedem Volk Lieder, Geschichten im Umlauf, irgend eine Art wenn gleich rohe Schauspiele im Gebrauch finden: so haben selbst in unserm unfantastischen Zeitalter, in den eigentlichen Staͤnden der Prosa, ich meyne die sogenanten Gelehrten und gebildeten Leute, einige Einzelne eine seltne Originalitaͤt der Fantasie in sich gespuͤrt und geaͤußert, obgleich sie darum von der eigentlichen Kunst noch sehr entfernt waren. Der Humor eines Swift, eines Sterne, meyne ich, sey die Naturpoesie der hoͤhern Staͤnde unsers Zeitalters.

Jch bin weit entfernt, sie neben jene Großen zu stellen; aber Sie werden mir zugeben, daß wer fuͤr diese, fuͤr den Diderot Sinn hat, schon besser auf dem Wege ist, den goͤttlichen Witz, die Fantasie eines Ariost, Cervantes, Shakspeare verstehn zu lernen, als ein andrer, der auch noch nicht einmal bis dahin sich erhoben hat. Wir duͤrfen nun einmal die Foderungen in diesem Stuͤck an die Menschen der jetzigen Zeit nicht zu hoch spannen, und was in so kraͤnklichen Verhaͤltnissen aufgewachsen ist, kann selbst natuͤrlicherweise

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[116/0124] Jch darf es ohne Uebertreibung ein Kunstwerk nennen. Freylich ist es keine hohe Dichtung, sondern nur eine — Arabeske. Aber eben darum hat es in meinen Augen keine geringen Anspruͤche; denn ich halte die Arabeske fuͤr eine ganz bestimmte und wesentliche Form oder Aeußerungsart der Poesie. Jch denke mir die Sache so. Die Poesie ist so tief in dem Menschen gewurzelt, daß sie auch unter den unguͤnstigsten Umstaͤnden immer noch zu Zeiten wild waͤchst. Wie wir nun fast bey jedem Volk Lieder, Geschichten im Umlauf, irgend eine Art wenn gleich rohe Schauspiele im Gebrauch finden: so haben selbst in unserm unfantastischen Zeitalter, in den eigentlichen Staͤnden der Prosa, ich meyne die sogenanten Gelehrten und gebildeten Leute, einige Einzelne eine seltne Originalitaͤt der Fantasie in sich gespuͤrt und geaͤußert, obgleich sie darum von der eigentlichen Kunst noch sehr entfernt waren. Der Humor eines Swift, eines Sterne, meyne ich, sey die Naturpoesie der hoͤhern Staͤnde unsers Zeitalters. Jch bin weit entfernt, sie neben jene Großen zu stellen; aber Sie werden mir zugeben, daß wer fuͤr diese, fuͤr den Diderot Sinn hat, schon besser auf dem Wege ist, den goͤttlichen Witz, die Fantasie eines Ariost, Cervantes, Shakspeare verstehn zu lernen, als ein andrer, der auch noch nicht einmal bis dahin sich erhoben hat. Wir duͤrfen nun einmal die Foderungen in diesem Stuͤck an die Menschen der jetzigen Zeit nicht zu hoch spannen, und was in so kraͤnklichen Verhaͤltnissen aufgewachsen ist, kann selbst natuͤrlicherweise

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/124>, abgerufen am 25.11.2024.