Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.habe. Die fünfte Lieferung der Kupferstiche zeigt noch deutlicher als die vorhergehenden die platte Tendenz der Hogarthischen Gattung; der erst seit Lichtenbergs Tode erschienene Text dazu dagegen um so ausgezeichneter die Feinheit, womit er sie liberalisirt, die Bereitwilligkeit aus eignen Mitteln zuzubüßen, wo ihn sein Kommittent im Stiche läßt, die Kunst der Wendungen und Uebergänge, um seine Anmerkungen zu einem beziehungsvollen und reichen Ganzen zu erweitern. Freylich können bey solchen Umständen seine Einfälle nicht immer das Ansehen freywilliger und augenblicklicher Entstehung haben, sie gerathen zuweilen ins Spitzfindige, Weithergehohlte und Verworrne. Ueberhaupt hat Lichtenberg dem Hogarth so viel geliehen, daß man bey einem Urtheil über diesen wohl auf seiner Hut seyn muß, die Grundfäden von dem feineren Einschlage des Auslegers zu unterscheiden. Wer die Fortsetzung des unvollendeten Werkes unternehmen wollte, müßte sich selbst sogleich für einen witzigen Kopf erklären: eine Maßregel, die, wenn man sie nicht recht durchzusetzen weiß, dazu führt, von andern für das grade Gegentheil erklärt zu werden; welches allerley unangenehme Namen trägt. Hier gilt es, den Wein selbst anzapfen, nicht bloß wie ein Böttiger das leere Faß vor sich herrollen, worin so oft die angeblich litterarische Thätigkeit besteht. Jn den Musageten (98. 4tes St.) haben sich zwey kleine Aufsätze: kritisches Gespräch und über habe. Die fuͤnfte Lieferung der Kupferstiche zeigt noch deutlicher als die vorhergehenden die platte Tendenz der Hogarthischen Gattung; der erst seit Lichtenbergs Tode erschienene Text dazu dagegen um so ausgezeichneter die Feinheit, womit er sie liberalisirt, die Bereitwilligkeit aus eignen Mitteln zuzubuͤßen, wo ihn sein Kommittent im Stiche laͤßt, die Kunst der Wendungen und Uebergaͤnge, um seine Anmerkungen zu einem beziehungsvollen und reichen Ganzen zu erweitern. Freylich koͤnnen bey solchen Umstaͤnden seine Einfaͤlle nicht immer das Ansehen freywilliger und augenblicklicher Entstehung haben, sie gerathen zuweilen ins Spitzfindige, Weithergehohlte und Verworrne. Ueberhaupt hat Lichtenberg dem Hogarth so viel geliehen, daß man bey einem Urtheil uͤber diesen wohl auf seiner Hut seyn muß, die Grundfaͤden von dem feineren Einschlage des Auslegers zu unterscheiden. Wer die Fortsetzung des unvollendeten Werkes unternehmen wollte, muͤßte sich selbst sogleich fuͤr einen witzigen Kopf erklaͤren: eine Maßregel, die, wenn man sie nicht recht durchzusetzen weiß, dazu fuͤhrt, von andern fuͤr das grade Gegentheil erklaͤrt zu werden; welches allerley unangenehme Namen traͤgt. Hier gilt es, den Wein selbst anzapfen, nicht bloß wie ein Boͤttiger das leere Faß vor sich herrollen, worin so oft die angeblich litterarische Thaͤtigkeit besteht. Jn den Musageten (98. 4tes St.) haben sich zwey kleine Aufsaͤtze: kritisches Gespraͤch und uͤber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0320" n="310"/> habe. Die fuͤnfte Lieferung der Kupferstiche zeigt noch deutlicher als die vorhergehenden die platte Tendenz der Hogarthischen Gattung; der erst seit Lichtenbergs Tode erschienene Text dazu dagegen um so ausgezeichneter die Feinheit, womit er sie liberalisirt, die Bereitwilligkeit aus eignen Mitteln zuzubuͤßen, wo ihn sein Kommittent im Stiche laͤßt, die Kunst der Wendungen und Uebergaͤnge, um seine Anmerkungen zu einem beziehungsvollen und reichen Ganzen zu erweitern. Freylich koͤnnen bey solchen Umstaͤnden seine Einfaͤlle nicht immer das Ansehen freywilliger und augenblicklicher Entstehung haben, sie gerathen zuweilen ins Spitzfindige, Weithergehohlte und Verworrne. Ueberhaupt hat Lichtenberg dem Hogarth so viel geliehen, daß man bey einem Urtheil uͤber diesen wohl auf seiner Hut seyn muß, die Grundfaͤden von dem feineren Einschlage des Auslegers zu unterscheiden. Wer die Fortsetzung des unvollendeten Werkes unternehmen wollte, muͤßte sich selbst sogleich fuͤr einen witzigen Kopf erklaͤren: eine Maßregel, die, wenn man sie nicht recht durchzusetzen weiß, dazu fuͤhrt, von andern fuͤr das grade Gegentheil erklaͤrt zu werden; welches allerley unangenehme Namen traͤgt. Hier gilt es, den Wein selbst anzapfen, nicht bloß wie ein Boͤttiger das leere Faß vor sich herrollen, worin so oft die angeblich litterarische Thaͤtigkeit besteht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jn den Musageten (98. 4tes St.) haben sich zwey kleine Aufsaͤtze: <hi rendition="#g">kritisches Gespraͤch</hi> und <hi rendition="#g">uͤber </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [310/0320]
habe. Die fuͤnfte Lieferung der Kupferstiche zeigt noch deutlicher als die vorhergehenden die platte Tendenz der Hogarthischen Gattung; der erst seit Lichtenbergs Tode erschienene Text dazu dagegen um so ausgezeichneter die Feinheit, womit er sie liberalisirt, die Bereitwilligkeit aus eignen Mitteln zuzubuͤßen, wo ihn sein Kommittent im Stiche laͤßt, die Kunst der Wendungen und Uebergaͤnge, um seine Anmerkungen zu einem beziehungsvollen und reichen Ganzen zu erweitern. Freylich koͤnnen bey solchen Umstaͤnden seine Einfaͤlle nicht immer das Ansehen freywilliger und augenblicklicher Entstehung haben, sie gerathen zuweilen ins Spitzfindige, Weithergehohlte und Verworrne. Ueberhaupt hat Lichtenberg dem Hogarth so viel geliehen, daß man bey einem Urtheil uͤber diesen wohl auf seiner Hut seyn muß, die Grundfaͤden von dem feineren Einschlage des Auslegers zu unterscheiden. Wer die Fortsetzung des unvollendeten Werkes unternehmen wollte, muͤßte sich selbst sogleich fuͤr einen witzigen Kopf erklaͤren: eine Maßregel, die, wenn man sie nicht recht durchzusetzen weiß, dazu fuͤhrt, von andern fuͤr das grade Gegentheil erklaͤrt zu werden; welches allerley unangenehme Namen traͤgt. Hier gilt es, den Wein selbst anzapfen, nicht bloß wie ein Boͤttiger das leere Faß vor sich herrollen, worin so oft die angeblich litterarische Thaͤtigkeit besteht.
Jn den Musageten (98. 4tes St.) haben sich zwey kleine Aufsaͤtze: kritisches Gespraͤch und uͤber
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/320>, abgerufen am 16.02.2025. |