Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Denn es lautet ja an die gebildeten Verächter der Religion. Du wirst finden, daß der Autor Eure Verachtung oft mit lebhafter Dankbarkeit erwiedert. Doch was mich betrifft, so will ich Deinen Beruf es zu lesen, lieber in Deine Bildung setzen als in Deine Verachtung, wie ich Dir auch das Buch mehr wegen der Bildung empfehle, die es hat, als wegen der Religion. Du siehst also, daß ich nicht gesonnen bin, grau für schwarz und weiß zu geben, wie Du mir und andern, welche Du Dilettanten der Religion nennst, Schuld giebst. Gern erlaube ich es, daß Du nach Deiner Art die seltsame Erscheinung mit dem fröhlichen Spott der Zuneigung -- aus dessen spielenden Wellen alles Heilige nur schöner hervorglänzt -- begrüßest, aber ich fordere dagegen, daß Du die angebotene Erweiterung des innern Daseyns mit ganzem Ernst ergreifest: denn mit ganzem Ernst bietet sie auch der Redner dar. Jch meyne gewiß nicht den Ton, sondern den innern Charakter des Buchs. Nimm es wie Du willst mit den darin enthaltenen Ansprüchen auf Universalität; ja Du magst das zu den äußerlichen Umgebungen rechnen, deren es hier so viele giebt, und einstweilen vermuthen, die Begränzung des Geistes, den Du hier kennen lernen kannst, sey so absolut, wie sie bey großen Virtuosen oft zu seyn pflegt. Was aber die Virtuosität in seiner Sphäre betrifft, so darfst Du Deine Erwartungen noch so hoch spannen, Du wirst sie nicht getäuscht finden. Was sich so ankündigt, das gilt Kraft dieser Ankündigung selbst. Der Verfasser hat es nun eben nicht -- construirt, daß die Religion ursprünglich und ewig eine eigenthümliche Denn es lautet ja an die gebildeten Veraͤchter der Religion. Du wirst finden, daß der Autor Eure Verachtung oft mit lebhafter Dankbarkeit erwiedert. Doch was mich betrifft, so will ich Deinen Beruf es zu lesen, lieber in Deine Bildung setzen als in Deine Verachtung, wie ich Dir auch das Buch mehr wegen der Bildung empfehle, die es hat, als wegen der Religion. Du siehst also, daß ich nicht gesonnen bin, grau fuͤr schwarz und weiß zu geben, wie Du mir und andern, welche Du Dilettanten der Religion nennst, Schuld giebst. Gern erlaube ich es, daß Du nach Deiner Art die seltsame Erscheinung mit dem froͤhlichen Spott der Zuneigung — aus dessen spielenden Wellen alles Heilige nur schoͤner hervorglaͤnzt — begruͤßest, aber ich fordere dagegen, daß Du die angebotene Erweiterung des innern Daseyns mit ganzem Ernst ergreifest: denn mit ganzem Ernst bietet sie auch der Redner dar. Jch meyne gewiß nicht den Ton, sondern den innern Charakter des Buchs. Nimm es wie Du willst mit den darin enthaltenen Anspruͤchen auf Universalitaͤt; ja Du magst das zu den aͤußerlichen Umgebungen rechnen, deren es hier so viele giebt, und einstweilen vermuthen, die Begraͤnzung des Geistes, den Du hier kennen lernen kannst, sey so absolut, wie sie bey großen Virtuosen oft zu seyn pflegt. Was aber die Virtuositaͤt in seiner Sphaͤre betrifft, so darfst Du Deine Erwartungen noch so hoch spannen, Du wirst sie nicht getaͤuscht finden. Was sich so ankuͤndigt, das gilt Kraft dieser Ankuͤndigung selbst. Der Verfasser hat es nun eben nicht — construirt, daß die Religion urspruͤnglich und ewig eine eigenthuͤmliche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0301" n="291"/> Denn es lautet ja <hi rendition="#g">an die gebildeten Veraͤchter der Religion</hi>. Du wirst finden, daß der Autor Eure Verachtung oft mit lebhafter Dankbarkeit erwiedert. 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Nimm es wie Du willst mit den darin enthaltenen Anspruͤchen auf Universalitaͤt; ja Du magst das zu den aͤußerlichen Umgebungen rechnen, deren es hier so viele giebt, und einstweilen vermuthen, die Begraͤnzung des Geistes, den Du hier kennen lernen kannst, sey so absolut, wie sie bey großen Virtuosen oft zu seyn pflegt. Was aber die Virtuositaͤt in seiner Sphaͤre betrifft, so darfst Du Deine Erwartungen noch so hoch spannen, Du wirst sie nicht getaͤuscht finden. Was sich so ankuͤndigt, das gilt Kraft dieser Ankuͤndigung selbst. Der Verfasser hat es nun eben nicht — construirt, daß die Religion urspruͤnglich und ewig eine eigenthuͤmliche </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [291/0301]
Denn es lautet ja an die gebildeten Veraͤchter der Religion. Du wirst finden, daß der Autor Eure Verachtung oft mit lebhafter Dankbarkeit erwiedert. Doch was mich betrifft, so will ich Deinen Beruf es zu lesen, lieber in Deine Bildung setzen als in Deine Verachtung, wie ich Dir auch das Buch mehr wegen der Bildung empfehle, die es hat, als wegen der Religion. Du siehst also, daß ich nicht gesonnen bin, grau fuͤr schwarz und weiß zu geben, wie Du mir und andern, welche Du Dilettanten der Religion nennst, Schuld giebst. Gern erlaube ich es, daß Du nach Deiner Art die seltsame Erscheinung mit dem froͤhlichen Spott der Zuneigung — aus dessen spielenden Wellen alles Heilige nur schoͤner hervorglaͤnzt — begruͤßest, aber ich fordere dagegen, daß Du die angebotene Erweiterung des innern Daseyns mit ganzem Ernst ergreifest: denn mit ganzem Ernst bietet sie auch der Redner dar. Jch meyne gewiß nicht den Ton, sondern den innern Charakter des Buchs. Nimm es wie Du willst mit den darin enthaltenen Anspruͤchen auf Universalitaͤt; ja Du magst das zu den aͤußerlichen Umgebungen rechnen, deren es hier so viele giebt, und einstweilen vermuthen, die Begraͤnzung des Geistes, den Du hier kennen lernen kannst, sey so absolut, wie sie bey großen Virtuosen oft zu seyn pflegt. Was aber die Virtuositaͤt in seiner Sphaͤre betrifft, so darfst Du Deine Erwartungen noch so hoch spannen, Du wirst sie nicht getaͤuscht finden. Was sich so ankuͤndigt, das gilt Kraft dieser Ankuͤndigung selbst. Der Verfasser hat es nun eben nicht — construirt, daß die Religion urspruͤnglich und ewig eine eigenthuͤmliche
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/301>, abgerufen am 16.02.2025. |