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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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das Ohr gleich vom Anfange an den Wechsel gewöhnt wird; er muß also immerfort angebracht werden, weil eine lange gleichförmige Reihe die Erwartung und Foderung ihrer Fortdauer hervorbringt. Für diese Freiheit läßt sich selbst das Vorbild der Jtaliänischen Dichter anführen: mit den männlichen Reimen machen sie sich zwar eben nichts zu thun, aber sie mischen nach Belieben, wiewohl selten, die sogenannten sdrucciole ein.

Artig ist es doch, daß Sie mir gerade, während ich mich mit diesem Versuche unterhielt, eine vorläufige Protestazion gegen alle etwanigen Uebersetzungen des Ariost zuschicken mußten. Sie findet sich in dem Gerichte, welches über Don Quixote's Bibliothek von Ritterbüchern gehalten wird. "Wenn ich den Lodovico Ariosto antreffe," sagt der Pfarrer, "und er redet nicht seine Landessprache, so werde ich nicht die mindeste Achtung gegen ihn behalten, redet er aber seine eigenthümliche Mundart, so sey ihm alle Hochachtung;" und hernach: "wir hätten es gern dem Herrn Capitän erlassen, ihn ins Spanische zu übersetzen und zum Castilianer zu machen." Wenn Ariost nicht einmal in eine so verwandte Mundart übertragen werden konnte, ohne "seine eigentliche Trefflichkeit einzubüßen": in welcher Sprache dürfte man denn ein besseres Gelingen hoffen? Zu meinem Trost hat der unvergleichliche Cervantes Jhnen gleichfalls verboten, seine Dichtung zu verdeutschen; er versichert, "daß eben das allen begegnen werde, die Poesien in eine andere Sprache übersetzen wollen, denn bey allem Fleiße und Geschicklichkeit, die sie anwenden und besitzen, wird der Dichter nie so wie in seiner ersten Gestalt erscheinen

das Ohr gleich vom Anfange an den Wechsel gewoͤhnt wird; er muß also immerfort angebracht werden, weil eine lange gleichfoͤrmige Reihe die Erwartung und Foderung ihrer Fortdauer hervorbringt. Fuͤr diese Freiheit laͤßt sich selbst das Vorbild der Jtaliaͤnischen Dichter anfuͤhren: mit den maͤnnlichen Reimen machen sie sich zwar eben nichts zu thun, aber sie mischen nach Belieben, wiewohl selten, die sogenannten sdrucciole ein.

Artig ist es doch, daß Sie mir gerade, waͤhrend ich mich mit diesem Versuche unterhielt, eine vorlaͤufige Protestazion gegen alle etwanigen Uebersetzungen des Ariost zuschicken mußten. Sie findet sich in dem Gerichte, welches uͤber Don Quixote's Bibliothek von Ritterbuͤchern gehalten wird. “Wenn ich den Lodovico Ariosto antreffe,” sagt der Pfarrer, “und er redet nicht seine Landessprache, so werde ich nicht die mindeste Achtung gegen ihn behalten, redet er aber seine eigenthuͤmliche Mundart, so sey ihm alle Hochachtung;” und hernach: “wir haͤtten es gern dem Herrn Capitaͤn erlassen, ihn ins Spanische zu uͤbersetzen und zum Castilianer zu machen.” Wenn Ariost nicht einmal in eine so verwandte Mundart uͤbertragen werden konnte, ohne “seine eigentliche Trefflichkeit einzubuͤßen”: in welcher Sprache duͤrfte man denn ein besseres Gelingen hoffen? Zu meinem Trost hat der unvergleichliche Cervantes Jhnen gleichfalls verboten, seine Dichtung zu verdeutschen; er versichert, “daß eben das allen begegnen werde, die Poesien in eine andere Sprache uͤbersetzen wollen, denn bey allem Fleiße und Geschicklichkeit, die sie anwenden und besitzen, wird der Dichter nie so wie in seiner ersten Gestalt erscheinen

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[279/0289] das Ohr gleich vom Anfange an den Wechsel gewoͤhnt wird; er muß also immerfort angebracht werden, weil eine lange gleichfoͤrmige Reihe die Erwartung und Foderung ihrer Fortdauer hervorbringt. Fuͤr diese Freiheit laͤßt sich selbst das Vorbild der Jtaliaͤnischen Dichter anfuͤhren: mit den maͤnnlichen Reimen machen sie sich zwar eben nichts zu thun, aber sie mischen nach Belieben, wiewohl selten, die sogenannten sdrucciole ein. Artig ist es doch, daß Sie mir gerade, waͤhrend ich mich mit diesem Versuche unterhielt, eine vorlaͤufige Protestazion gegen alle etwanigen Uebersetzungen des Ariost zuschicken mußten. Sie findet sich in dem Gerichte, welches uͤber Don Quixote's Bibliothek von Ritterbuͤchern gehalten wird. “Wenn ich den Lodovico Ariosto antreffe,” sagt der Pfarrer, “und er redet nicht seine Landessprache, so werde ich nicht die mindeste Achtung gegen ihn behalten, redet er aber seine eigenthuͤmliche Mundart, so sey ihm alle Hochachtung;” und hernach: “wir haͤtten es gern dem Herrn Capitaͤn erlassen, ihn ins Spanische zu uͤbersetzen und zum Castilianer zu machen.” Wenn Ariost nicht einmal in eine so verwandte Mundart uͤbertragen werden konnte, ohne “seine eigentliche Trefflichkeit einzubuͤßen”: in welcher Sprache duͤrfte man denn ein besseres Gelingen hoffen? Zu meinem Trost hat der unvergleichliche Cervantes Jhnen gleichfalls verboten, seine Dichtung zu verdeutschen; er versichert, “daß eben das allen begegnen werde, die Poesien in eine andere Sprache uͤbersetzen wollen, denn bey allem Fleiße und Geschicklichkeit, die sie anwenden und besitzen, wird der Dichter nie so wie in seiner ersten Gestalt erscheinen

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/289>, abgerufen am 22.11.2024.