Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
42.
Gleich einem wilden Stier, der eine Schlinge
Sich fühlt ums Horn geworfen unversehn:
Er kommt nicht los, wie er auch tob' und springe,
Mit Wälzen, Aufstehn und im Kreise Drehn;
So schnellt das Seethier sich in tausend Ringe,
Es folgt dem Strick und kann ihm nicht entgehn,
Aus seinem altgewohnten Aufenthalt
Gezogen nun durch jenes Arms Gewalt.
43.
Sein Schlund ergießt so große Ströme Blut,
Daß heut dieß Meer das rothe könnte heißen.
Da schlägt sein Leib mit solcher Macht die Flut,
Jhr sähet sie bis auf den Grund zerreißen;
Den Himmel badend, und der Sonne Glut
Verbergend, dann zerstäubt empor sie schmeißen.
Das Tosen hallet wieder in den Lüften,
Von Berg und Wald und ferner Ufer Klüften.
44.
Der alte Proteus kommt aus seiner Grotte
Bey dem Geräusch hervor, und da er sieht
Wie Roland furchtbar haust, und als zum Spotte
Den riesenhaften Fisch ans Ufer zieht,
Erschrickt er, daß er die zerstreute Rotte
Vergessend, durch den Ocean entflieht.
Der Aufruhr mehrt sich: die Delfin' am Wagen,
Will selbst Neptun zum Mohrenlande jagen.
42.
Gleich einem wilden Stier, der eine Schlinge
Sich fuͤhlt ums Horn geworfen unversehn:
Er kommt nicht los, wie er auch tob' und springe,
Mit Waͤlzen, Aufstehn und im Kreise Drehn;
So schnellt das Seethier sich in tausend Ringe,
Es folgt dem Strick und kann ihm nicht entgehn,
Aus seinem altgewohnten Aufenthalt
Gezogen nun durch jenes Arms Gewalt.
43.
Sein Schlund ergießt so große Stroͤme Blut,
Daß heut dieß Meer das rothe koͤnnte heißen.
Da schlaͤgt sein Leib mit solcher Macht die Flut,
Jhr saͤhet sie bis auf den Grund zerreißen;
Den Himmel badend, und der Sonne Glut
Verbergend, dann zerstaͤubt empor sie schmeißen.
Das Tosen hallet wieder in den Luͤften,
Von Berg und Wald und ferner Ufer Kluͤften.
44.
Der alte Proteus kommt aus seiner Grotte
Bey dem Geraͤusch hervor, und da er sieht
Wie Roland furchtbar haust, und als zum Spotte
Den riesenhaften Fisch ans Ufer zieht,
Erschrickt er, daß er die zerstreute Rotte
Vergessend, durch den Ocean entflieht.
Der Aufruhr mehrt sich: die Delfin' am Wagen,
Will selbst Neptun zum Mohrenlande jagen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0273" n="263"/>
              <lg n="42">
                <head> <hi rendition="#c">42.</hi> </head>
                <l>Gleich einem wilden Stier, der eine Schlinge</l><lb/>
                <l>Sich fu&#x0364;hlt ums Horn geworfen unversehn:</l><lb/>
                <l>Er kommt nicht los, wie er auch tob' und springe,</l><lb/>
                <l>Mit Wa&#x0364;lzen, Aufstehn und im Kreise Drehn;</l><lb/>
                <l>So schnellt das Seethier sich in tausend Ringe,</l><lb/>
                <l>Es folgt dem Strick und kann ihm nicht entgehn,</l><lb/>
                <l>Aus seinem altgewohnten Aufenthalt</l><lb/>
                <l>Gezogen nun durch jenes Arms Gewalt.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="43">
                <head> <hi rendition="#c">43.</hi> </head>
                <l>Sein Schlund ergießt so große Stro&#x0364;me Blut,</l><lb/>
                <l>Daß heut dieß Meer das rothe ko&#x0364;nnte heißen.</l><lb/>
                <l>Da schla&#x0364;gt sein Leib mit solcher Macht die Flut,</l><lb/>
                <l>Jhr sa&#x0364;het sie bis auf den Grund zerreißen;</l><lb/>
                <l>Den Himmel badend, und der Sonne Glut</l><lb/>
                <l>Verbergend, dann zersta&#x0364;ubt empor sie schmeißen.</l><lb/>
                <l>Das Tosen hallet wieder in den Lu&#x0364;ften,</l><lb/>
                <l>Von Berg und Wald und ferner Ufer Klu&#x0364;ften.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="44">
                <head> <hi rendition="#c">44.</hi> </head>
                <l>Der alte Proteus kommt aus seiner Grotte</l><lb/>
                <l>Bey dem Gera&#x0364;usch hervor, und da er sieht</l><lb/>
                <l>Wie Roland furchtbar haust, und als zum Spotte</l><lb/>
                <l>Den riesenhaften Fisch ans Ufer zieht,</l><lb/>
                <l>Erschrickt er, daß er die zerstreute Rotte</l><lb/>
                <l>Vergessend, durch den Ocean entflieht.</l><lb/>
                <l>Der Aufruhr mehrt sich: die Delfin' am Wagen,</l><lb/>
                <l>Will selbst Neptun zum Mohrenlande jagen.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0273] 42. Gleich einem wilden Stier, der eine Schlinge Sich fuͤhlt ums Horn geworfen unversehn: Er kommt nicht los, wie er auch tob' und springe, Mit Waͤlzen, Aufstehn und im Kreise Drehn; So schnellt das Seethier sich in tausend Ringe, Es folgt dem Strick und kann ihm nicht entgehn, Aus seinem altgewohnten Aufenthalt Gezogen nun durch jenes Arms Gewalt. 43. Sein Schlund ergießt so große Stroͤme Blut, Daß heut dieß Meer das rothe koͤnnte heißen. Da schlaͤgt sein Leib mit solcher Macht die Flut, Jhr saͤhet sie bis auf den Grund zerreißen; Den Himmel badend, und der Sonne Glut Verbergend, dann zerstaͤubt empor sie schmeißen. Das Tosen hallet wieder in den Luͤften, Von Berg und Wald und ferner Ufer Kluͤften. 44. Der alte Proteus kommt aus seiner Grotte Bey dem Geraͤusch hervor, und da er sieht Wie Roland furchtbar haust, und als zum Spotte Den riesenhaften Fisch ans Ufer zieht, Erschrickt er, daß er die zerstreute Rotte Vergessend, durch den Ocean entflieht. Der Aufruhr mehrt sich: die Delfin' am Wagen, Will selbst Neptun zum Mohrenlande jagen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/273
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/273>, abgerufen am 25.11.2024.