Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.dafür Fledermäuse geworden sind. -- Nach dem Anblick dieser Umrisse kann man nicht umhin, Flaxman für einen gelehrten Kenner der Klassiker zu halten, der mit den griechischen Dichtern in ihrer Sprache vertraut ist; und wenn sich nachher bey genauerer Untersuchung hiegegen einige Zweifel regen, so wird es desto erstaunlicher, daß er sie so gefaßt: man könnte alsdann seine Umrisse zum Homer eine Rückübersetzung aus Pope's Travestie in das Aechtgriechische und Heroische nennen, aus eigenmächtiger Befugniß des Künstlersinnes ohne grammatische Beyhülfe vollbracht. Allerdings ist die klassische Bildung ein großes untheilbares Ganzes: durch den vollkommnen Besitz einer Seite desselben muß einem also auch der Zugang zu den übrigen geöffnet werden. Wer die alten Dichter recht versteht, (man verstehe, was eigentlich verstehen heißt) dem mußten auch für die bildende Kunst der Alten die Augen aufgehn; und umgekehrt hat sich unser Künstler durch tiefes und liebevolles Studium der Antike mit den Dichtern in unmittelbarere Berührung gesetzt, als durch modernisirende Uebersetzungen hätte geschehen können. Seit Spence's Polymetis hat man sich viel damit abgegeben, die Schriften und Kunstwerke der Alten gegenseitig aus einander erklären zu wollen. Allein man hielt sich dabey viel zu sehr an das Einzelne, nahm Anspielungen und Beziehungen wahr, wo keine sind, und vergaß besonders die ewigen Gränzen, welche die verschiednen Künste scheiden. Die Vergleichung kann nur dahin gehn, daß die Aeußerungen der heterogensten Anlagen bey strenger Begränzung dennoch durch ein gemeinschaftliches dafuͤr Fledermaͤuse geworden sind. — Nach dem Anblick dieser Umrisse kann man nicht umhin, Flaxman fuͤr einen gelehrten Kenner der Klassiker zu halten, der mit den griechischen Dichtern in ihrer Sprache vertraut ist; und wenn sich nachher bey genauerer Untersuchung hiegegen einige Zweifel regen, so wird es desto erstaunlicher, daß er sie so gefaßt: man koͤnnte alsdann seine Umrisse zum Homer eine Ruͤckuͤbersetzung aus Pope's Travestie in das Aechtgriechische und Heroische nennen, aus eigenmaͤchtiger Befugniß des Kuͤnstlersinnes ohne grammatische Beyhuͤlfe vollbracht. Allerdings ist die klassische Bildung ein großes untheilbares Ganzes: durch den vollkommnen Besitz einer Seite desselben muß einem also auch der Zugang zu den uͤbrigen geoͤffnet werden. Wer die alten Dichter recht versteht, (man verstehe, was eigentlich verstehen heißt) dem mußten auch fuͤr die bildende Kunst der Alten die Augen aufgehn; und umgekehrt hat sich unser Kuͤnstler durch tiefes und liebevolles Studium der Antike mit den Dichtern in unmittelbarere Beruͤhrung gesetzt, als durch modernisirende Uebersetzungen haͤtte geschehen koͤnnen. Seit Spence's Polymetis hat man sich viel damit abgegeben, die Schriften und Kunstwerke der Alten gegenseitig aus einander erklaͤren zu wollen. Allein man hielt sich dabey viel zu sehr an das Einzelne, nahm Anspielungen und Beziehungen wahr, wo keine sind, und vergaß besonders die ewigen Graͤnzen, welche die verschiednen Kuͤnste scheiden. Die Vergleichung kann nur dahin gehn, daß die Aeußerungen der heterogensten Anlagen bey strenger Begraͤnzung dennoch durch ein gemeinschaftliches <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0235" n="225"/> dafuͤr Fledermaͤuse geworden sind. — Nach dem Anblick dieser Umrisse kann man nicht umhin, Flaxman fuͤr einen gelehrten Kenner der Klassiker zu halten, der mit den griechischen Dichtern in ihrer Sprache vertraut ist; und wenn sich nachher bey genauerer Untersuchung hiegegen einige Zweifel regen, so wird es desto erstaunlicher, daß er sie <hi rendition="#g">so</hi> gefaßt: man koͤnnte alsdann seine Umrisse zum Homer eine Ruͤckuͤbersetzung aus Pope's Travestie in das Aechtgriechische und Heroische nennen, aus eigenmaͤchtiger Befugniß des Kuͤnstlersinnes ohne grammatische Beyhuͤlfe vollbracht. 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dafuͤr Fledermaͤuse geworden sind. — Nach dem Anblick dieser Umrisse kann man nicht umhin, Flaxman fuͤr einen gelehrten Kenner der Klassiker zu halten, der mit den griechischen Dichtern in ihrer Sprache vertraut ist; und wenn sich nachher bey genauerer Untersuchung hiegegen einige Zweifel regen, so wird es desto erstaunlicher, daß er sie so gefaßt: man koͤnnte alsdann seine Umrisse zum Homer eine Ruͤckuͤbersetzung aus Pope's Travestie in das Aechtgriechische und Heroische nennen, aus eigenmaͤchtiger Befugniß des Kuͤnstlersinnes ohne grammatische Beyhuͤlfe vollbracht. Allerdings ist die klassische Bildung ein großes untheilbares Ganzes: durch den vollkommnen Besitz einer Seite desselben muß einem also auch der Zugang zu den uͤbrigen geoͤffnet werden. Wer die alten Dichter recht versteht, (man verstehe, was eigentlich verstehen heißt) dem mußten auch fuͤr die bildende Kunst der Alten die Augen aufgehn; und umgekehrt hat sich unser Kuͤnstler durch tiefes und liebevolles Studium der Antike mit den Dichtern in unmittelbarere Beruͤhrung gesetzt, als durch modernisirende Uebersetzungen haͤtte geschehen koͤnnen. Seit Spence's Polymetis hat man sich viel damit abgegeben, die Schriften und Kunstwerke der Alten gegenseitig aus einander erklaͤren zu wollen. Allein man hielt sich dabey viel zu sehr an das Einzelne, nahm Anspielungen und Beziehungen wahr, wo keine sind, und vergaß besonders die ewigen Graͤnzen, welche die verschiednen Kuͤnste scheiden. Die Vergleichung kann nur dahin gehn, daß die Aeußerungen der heterogensten Anlagen bey strenger Begraͤnzung dennoch durch ein gemeinschaftliches
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