Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.unter ihrem Gegenstande ist. Mit dem Aufschwung in jede lichtere Sphäre verklärt sich Beatricens Schönheit, und wird so überschwenglich, daß der sterbliche Geliebte ihr Lächeln nicht ertragen, sondern "wie "Semele in Asche niederfallen" würde, da er doch schon bey dem ersten Zurückschlagen des Schleyers vor ihren Augen im irdischen Paradiese ausgerufen hatte: O Strahlen ewiger lebend'ger Helle! Wer sann so blaß sich in Parnassus Schatten, Und trank so tief Apollo's reine Quelle, Daß sein Gemüth nicht schiene zu ermatten Bey dem Bemühn zu sagen, wie ihr waret, Wo euch die Himmel tönend überschatten, Nun hüllenlos den Lüften offenbaret? Das einzige Mittel, welches dem zeichnenden Künstler hiebey bleibt, ist der Ausdruck menschlicher Gesichter, und in diesem Spiegel weiß uns Flaxmann manches erblicken zu lassen, was er nicht unmittelbar zeigen kann. Die Seligen und Engel sind still entzückt, und die Mienen der Betrachtenden sprechen: Jch fühle so von Liebe mich durchdrungen, Daß ich noch nie zuvor ein Ding gekannt, Das mit so süßen Banden mich umschlungen. Doch hat er sich auch mitzuzeichnen bequemt, wie die Geister als Sternenkränze sich um Dante herbewegen; wie in der Mitte eines aus solchen Sternen bestehenden Kreuzes das Bild Christi strahlt, und die Gestalten der Seligen sich in verschiedne Buchstaben zusammen drängen, die etwas heiliges bedeuten: was denn freylich Umriß vom Umrisse bleibt, weil die schwarzen Striche unter ihrem Gegenstande ist. Mit dem Aufschwung in jede lichtere Sphaͤre verklaͤrt sich Beatricens Schoͤnheit, und wird so uͤberschwenglich, daß der sterbliche Geliebte ihr Laͤcheln nicht ertragen, sondern “wie “Semele in Asche niederfallen” wuͤrde, da er doch schon bey dem ersten Zuruͤckschlagen des Schleyers vor ihren Augen im irdischen Paradiese ausgerufen hatte: O Strahlen ewiger lebend'ger Helle! Wer sann so blaß sich in Parnassus Schatten, Und trank so tief Apollo's reine Quelle, Daß sein Gemuͤth nicht schiene zu ermatten Bey dem Bemuͤhn zu sagen, wie ihr waret, Wo euch die Himmel toͤnend uͤberschatten, Nun huͤllenlos den Luͤften offenbaret? Das einzige Mittel, welches dem zeichnenden Kuͤnstler hiebey bleibt, ist der Ausdruck menschlicher Gesichter, und in diesem Spiegel weiß uns Flaxmann manches erblicken zu lassen, was er nicht unmittelbar zeigen kann. Die Seligen und Engel sind still entzuͤckt, und die Mienen der Betrachtenden sprechen: Jch fuͤhle so von Liebe mich durchdrungen, Daß ich noch nie zuvor ein Ding gekannt, Das mit so suͤßen Banden mich umschlungen. Doch hat er sich auch mitzuzeichnen bequemt, wie die Geister als Sternenkraͤnze sich um Dante herbewegen; wie in der Mitte eines aus solchen Sternen bestehenden Kreuzes das Bild Christi strahlt, und die Gestalten der Seligen sich in verschiedne Buchstaben zusammen draͤngen, die etwas heiliges bedeuten: was denn freylich Umriß vom Umrisse bleibt, weil die schwarzen Striche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0230" n="220"/> unter ihrem Gegenstande ist. Mit dem Aufschwung in jede lichtere Sphaͤre verklaͤrt sich Beatricens Schoͤnheit, und wird so uͤberschwenglich, daß der sterbliche Geliebte ihr Laͤcheln nicht ertragen, sondern “wie “Semele in Asche niederfallen” wuͤrde, da er doch schon bey dem ersten Zuruͤckschlagen des Schleyers vor ihren Augen im irdischen Paradiese ausgerufen hatte:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>O Strahlen ewiger lebend'ger Helle!</l><lb/> <l>Wer sann so blaß sich in Parnassus Schatten,</l><lb/> <l>Und trank so tief Apollo's reine Quelle,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Daß sein Gemuͤth nicht schiene zu ermatten</l><lb/> <l>Bey dem Bemuͤhn zu sagen, wie ihr waret,</l><lb/> <l>Wo euch die Himmel toͤnend uͤberschatten,</l><lb/> <l>Nun huͤllenlos den Luͤften offenbaret?</l> </lg> </lg><lb/> <p>Das einzige Mittel, welches dem zeichnenden Kuͤnstler hiebey bleibt, ist der Ausdruck menschlicher Gesichter, und in diesem Spiegel weiß uns Flaxmann manches erblicken zu lassen, was er nicht unmittelbar zeigen kann. Die Seligen und Engel sind still entzuͤckt, und die Mienen der Betrachtenden sprechen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Jch fuͤhle so von Liebe mich durchdrungen,</l><lb/> <l>Daß ich noch nie zuvor ein Ding gekannt,</l><lb/> <l>Das mit so suͤßen Banden mich umschlungen.</l> </lg> <p>Doch hat er sich auch mitzuzeichnen bequemt, wie die Geister als Sternenkraͤnze sich um Dante herbewegen; wie in der Mitte eines aus solchen Sternen bestehenden Kreuzes das Bild Christi strahlt, und die Gestalten der Seligen sich in verschiedne Buchstaben zusammen draͤngen, die etwas heiliges bedeuten: was denn freylich Umriß vom Umrisse bleibt, weil die schwarzen Striche </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0230]
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O Strahlen ewiger lebend'ger Helle!
Wer sann so blaß sich in Parnassus Schatten,
Und trank so tief Apollo's reine Quelle,
Daß sein Gemuͤth nicht schiene zu ermatten
Bey dem Bemuͤhn zu sagen, wie ihr waret,
Wo euch die Himmel toͤnend uͤberschatten,
Nun huͤllenlos den Luͤften offenbaret?
Das einzige Mittel, welches dem zeichnenden Kuͤnstler hiebey bleibt, ist der Ausdruck menschlicher Gesichter, und in diesem Spiegel weiß uns Flaxmann manches erblicken zu lassen, was er nicht unmittelbar zeigen kann. Die Seligen und Engel sind still entzuͤckt, und die Mienen der Betrachtenden sprechen:
Jch fuͤhle so von Liebe mich durchdrungen,
Daß ich noch nie zuvor ein Ding gekannt,
Das mit so suͤßen Banden mich umschlungen.
Doch hat er sich auch mitzuzeichnen bequemt, wie die Geister als Sternenkraͤnze sich um Dante herbewegen; wie in der Mitte eines aus solchen Sternen bestehenden Kreuzes das Bild Christi strahlt, und die Gestalten der Seligen sich in verschiedne Buchstaben zusammen draͤngen, die etwas heiliges bedeuten: was denn freylich Umriß vom Umrisse bleibt, weil die schwarzen Striche
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