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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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selbst immer klarer anschaust. Obgleich mir aber auch das, was man gewöhnlich Religion nennt, eins der wunderbarsten, größesten Phänomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das für Religion gelten lassen, wenn man göttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung über unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, nämlich Gott in uns.

Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stücke Religion denken hörte: "Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Göttlichen ankommt; wenn das Menschliche überall das Höchste ist; wenn der Mann von Natur der erhabnere Mensch ist: so wäre es ja der rechte, und wohl der nächste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergötternde Religion der menschlichen Griechen zu modernisiren?" -- Jch werde gewiß der letzte seyn, der Dir diesen Weg abräth oder verleidet, wenn der Mann, den Du meinst, anders der ursprünglichen Natur des Mannes getreu, und von erhabnem Sinne ist. Jch wenigstens könnte nicht lieben, ohne auf die Gefahr der Chevalerie etwas anzubeten; und ich weiß nicht, ob ich das Universum von ganzer Seele anbeten könnte, wenn ich nie ein Weib geliebt hätte. Aber freylich das Universum ist und bleibt meine Losung. -- Liebst Du wohl, wenn Du nicht die Welt in dem Geliebten findest? Um sie in ihm finden, und in ihn hinein

selbst immer klarer anschaust. Obgleich mir aber auch das, was man gewoͤhnlich Religion nennt, eins der wunderbarsten, groͤßesten Phaͤnomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das fuͤr Religion gelten lassen, wenn man goͤttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung uͤber unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, naͤmlich Gott in uns.

Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stuͤcke Religion denken hoͤrte: “Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Goͤttlichen ankommt; wenn das Menschliche uͤberall das Hoͤchste ist; wenn der Mann von Natur der erhabnere Mensch ist: so waͤre es ja der rechte, und wohl der naͤchste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergoͤtternde Religion der menschlichen Griechen zu modernisiren?” — Jch werde gewiß der letzte seyn, der Dir diesen Weg abraͤth oder verleidet, wenn der Mann, den Du meinst, anders der urspruͤnglichen Natur des Mannes getreu, und von erhabnem Sinne ist. Jch wenigstens koͤnnte nicht lieben, ohne auf die Gefahr der Chevalerie etwas anzubeten; und ich weiß nicht, ob ich das Universum von ganzer Seele anbeten koͤnnte, wenn ich nie ein Weib geliebt haͤtte. Aber freylich das Universum ist und bleibt meine Losung. — Liebst Du wohl, wenn Du nicht die Welt in dem Geliebten findest? Um sie in ihm finden, und in ihn hinein

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[14/0022] selbst immer klarer anschaust. Obgleich mir aber auch das, was man gewoͤhnlich Religion nennt, eins der wunderbarsten, groͤßesten Phaͤnomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das fuͤr Religion gelten lassen, wenn man goͤttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung uͤber unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, naͤmlich Gott in uns. Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stuͤcke Religion denken hoͤrte: “Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Goͤttlichen ankommt; wenn das Menschliche uͤberall das Hoͤchste ist; wenn der Mann von Natur der erhabnere Mensch ist: so waͤre es ja der rechte, und wohl der naͤchste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergoͤtternde Religion der menschlichen Griechen zu modernisiren?” — Jch werde gewiß der letzte seyn, der Dir diesen Weg abraͤth oder verleidet, wenn der Mann, den Du meinst, anders der urspruͤnglichen Natur des Mannes getreu, und von erhabnem Sinne ist. Jch wenigstens koͤnnte nicht lieben, ohne auf die Gefahr der Chevalerie etwas anzubeten; und ich weiß nicht, ob ich das Universum von ganzer Seele anbeten koͤnnte, wenn ich nie ein Weib geliebt haͤtte. Aber freylich das Universum ist und bleibt meine Losung. — Liebst Du wohl, wenn Du nicht die Welt in dem Geliebten findest? Um sie in ihm finden, und in ihn hinein

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/22>, abgerufen am 21.11.2024.