Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.die Philosophie für den kühnsten Dithyrambus und für die einstimmigste Musik. Epikur ist eigentlicher Feind der schönen Kunst: denn er will die Fantasie ausrotten und sich bloß an den Sinn halten. Auf eine ganz andre Art könnte Spinosa ein Feind der Poesie scheinen; weil er zeigt, wie weit man mit Philosophie und Moralität ohne Poesie kommen kann, und weil es sehr im Geist seines Systems liegt, die Poesie nicht zu isoliren. Universalität ist Wechselsättigung aller Formen und aller Stoffe. Zur Harmonie gelangt sie nur durch Verbindung der Poesie und der Philosophie: auch den universellsten vollendetsten Werken der isolirten Poesie und Philosophie scheint die letzte Synthese zu fehlen; dicht am Ziel der Harmonie bleiben sie unvollendet stehn. Das Leben des universellen Geistes ist eine ununterbrochne Kette innerer Revoluzionen; alle Jndividuen, die ursprünglichen, ewigen nämlich leben in ihm. Er ist ächter Polytheist und trägt den ganzen Olymp in sich. die Philosophie fuͤr den kuͤhnsten Dithyrambus und fuͤr die einstimmigste Musik. Epikur ist eigentlicher Feind der schoͤnen Kunst: denn er will die Fantasie ausrotten und sich bloß an den Sinn halten. Auf eine ganz andre Art koͤnnte Spinosa ein Feind der Poesie scheinen; weil er zeigt, wie weit man mit Philosophie und Moralitaͤt ohne Poesie kommen kann, und weil es sehr im Geist seines Systems liegt, die Poesie nicht zu isoliren. Universalitaͤt ist Wechselsaͤttigung aller Formen und aller Stoffe. Zur Harmonie gelangt sie nur durch Verbindung der Poesie und der Philosophie: auch den universellsten vollendetsten Werken der isolirten Poesie und Philosophie scheint die letzte Synthese zu fehlen; dicht am Ziel der Harmonie bleiben sie unvollendet stehn. Das Leben des universellen Geistes ist eine ununterbrochne Kette innerer Revoluzionen; alle Jndividuen, die urspruͤnglichen, ewigen naͤmlich leben in ihm. Er ist aͤchter Polytheist und traͤgt den ganzen Olymp in sich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0335" n="146"/> die Philosophie fuͤr den kuͤhnsten Dithyrambus und fuͤr die einstimmigste Musik. Epikur ist eigentlicher Feind der schoͤnen Kunst: denn er will die Fantasie ausrotten und sich bloß an den Sinn halten. Auf eine ganz andre Art koͤnnte Spinosa ein Feind der Poesie scheinen; weil er zeigt, wie weit man mit Philosophie und Moralitaͤt ohne Poesie kommen kann, und weil es sehr im Geist seines Systems liegt, die Poesie nicht zu isoliren.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Universalitaͤt ist Wechselsaͤttigung aller Formen und aller Stoffe. Zur Harmonie gelangt sie nur durch Verbindung der Poesie und der Philosophie: auch den universellsten vollendetsten Werken der isolirten Poesie und Philosophie scheint die letzte Synthese zu fehlen; dicht am Ziel der Harmonie bleiben sie unvollendet stehn. Das Leben des universellen Geistes ist eine ununterbrochne Kette innerer Revoluzionen; alle Jndividuen, die urspruͤnglichen, ewigen naͤmlich leben in ihm. Er ist aͤchter Polytheist und traͤgt den ganzen Olymp in sich.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [146/0335]
die Philosophie fuͤr den kuͤhnsten Dithyrambus und fuͤr die einstimmigste Musik. Epikur ist eigentlicher Feind der schoͤnen Kunst: denn er will die Fantasie ausrotten und sich bloß an den Sinn halten. Auf eine ganz andre Art koͤnnte Spinosa ein Feind der Poesie scheinen; weil er zeigt, wie weit man mit Philosophie und Moralitaͤt ohne Poesie kommen kann, und weil es sehr im Geist seines Systems liegt, die Poesie nicht zu isoliren.
Universalitaͤt ist Wechselsaͤttigung aller Formen und aller Stoffe. Zur Harmonie gelangt sie nur durch Verbindung der Poesie und der Philosophie: auch den universellsten vollendetsten Werken der isolirten Poesie und Philosophie scheint die letzte Synthese zu fehlen; dicht am Ziel der Harmonie bleiben sie unvollendet stehn. Das Leben des universellen Geistes ist eine ununterbrochne Kette innerer Revoluzionen; alle Jndividuen, die urspruͤnglichen, ewigen naͤmlich leben in ihm. Er ist aͤchter Polytheist und traͤgt den ganzen Olymp in sich.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |