Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Da die Philosophie jetzt alles was ihr vorkömmt kritisirt, so wäre eine Kritik der Philosophie nichts als eine gerechte Repressalie. Mit dem Schriftstellerruhm ist es oft wie mit Frauengunst, und Gelderwerb. Jst nur erst ein guter Grund gelegt, so folgt das übrige von selbst. Viele heißen durch Zufall groß. ". Es ist alles Glück nur Glück;"ist das Resultat mancher litterarischen Phänomene nicht minder als der meisten politischen. An das Herkommen glaubend, und immer um neue Tollheiten bemüht; nachahmungssüchtig und stolz auf Selbständigkeit, unbeholfen in der Oberflächlichkeit, und bis zur Gewandtheit geschickt im tief- oder trübsinnig Schwerfälligen; von Natur platt, aber dem Streben nach transcendent in Empfindungen und Ansichten; in ernsthafter Behaglichkeit gegen Witz und Muthwillen durch einen heiligen Abscheu verschanzt; auf die große Masse welcher Litteratur möchten diese Züge etwa passen? Die schlechten Schriftsteller klagen viel über Tyranney der Rezensenten; ich glaube diese hätten eher die Klage zu führen. Sie sollen schön, geistvoll, vortrefflich finden, was nichts von dem allen ist; und es stößt sich nur an dem kleinen Umstande der Macht, so gingen die Rezensirten eben so mit ihnen um wie Dionysius mit den Tadlern seiner Verse. Ein Kotzebue hat dieß ja laut bekannt. Auch ließen sich die neuen Da die Philosophie jetzt alles was ihr vorkoͤmmt kritisirt, so waͤre eine Kritik der Philosophie nichts als eine gerechte Repressalie. Mit dem Schriftstellerruhm ist es oft wie mit Frauengunst, und Gelderwerb. Jst nur erst ein guter Grund gelegt, so folgt das uͤbrige von selbst. Viele heißen durch Zufall groß. „. Es ist alles Gluͤck nur Gluͤck;“ist das Resultat mancher litterarischen Phaͤnomene nicht minder als der meisten politischen. An das Herkommen glaubend, und immer um neue Tollheiten bemuͤht; nachahmungssuͤchtig und stolz auf Selbstaͤndigkeit, unbeholfen in der Oberflaͤchlichkeit, und bis zur Gewandtheit geschickt im tief- oder truͤbsinnig Schwerfaͤlligen; von Natur platt, aber dem Streben nach transcendent in Empfindungen und Ansichten; in ernsthafter Behaglichkeit gegen Witz und Muthwillen durch einen heiligen Abscheu verschanzt; auf die große Masse welcher Litteratur moͤchten diese Zuͤge etwa passen? Die schlechten Schriftsteller klagen viel uͤber Tyranney der Rezensenten; ich glaube diese haͤtten eher die Klage zu fuͤhren. Sie sollen schoͤn, geistvoll, vortrefflich finden, was nichts von dem allen ist; und es stoͤßt sich nur an dem kleinen Umstande der Macht, so gingen die Rezensirten eben so mit ihnen um wie Dionysius mit den Tadlern seiner Verse. Ein Kotzebue hat dieß ja laut bekannt. Auch ließen sich die neuen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0205" n="16"/> <p>Da die Philosophie jetzt alles was ihr vorkoͤmmt kritisirt, so waͤre eine Kritik der Philosophie nichts als eine gerechte Repressalie.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Mit dem Schriftstellerruhm ist es oft wie mit Frauengunst, und Gelderwerb. Jst nur erst ein guter Grund gelegt, so folgt das uͤbrige von selbst. Viele heißen durch Zufall groß. „. Es ist alles Gluͤck nur Gluͤck;“ist das Resultat mancher litterarischen Phaͤnomene nicht minder als der meisten politischen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>An das Herkommen glaubend, und immer um neue Tollheiten bemuͤht; nachahmungssuͤchtig und stolz auf Selbstaͤndigkeit, unbeholfen in der Oberflaͤchlichkeit, und bis zur Gewandtheit geschickt im tief- oder truͤbsinnig Schwerfaͤlligen; von Natur platt, aber dem Streben nach transcendent in Empfindungen und Ansichten; in ernsthafter Behaglichkeit gegen Witz und Muthwillen durch einen heiligen Abscheu verschanzt; auf die große Masse welcher Litteratur moͤchten diese Zuͤge etwa passen?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die schlechten Schriftsteller klagen viel uͤber Tyranney der Rezensenten; ich glaube diese haͤtten eher die Klage zu fuͤhren. Sie sollen schoͤn, geistvoll, vortrefflich finden, was nichts von dem allen ist; und es stoͤßt sich nur an dem kleinen Umstande der Macht, so gingen die Rezensirten eben so mit ihnen um wie Dionysius mit den Tadlern seiner Verse. Ein Kotzebue hat dieß ja laut bekannt. Auch ließen sich die neuen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0205]
Da die Philosophie jetzt alles was ihr vorkoͤmmt kritisirt, so waͤre eine Kritik der Philosophie nichts als eine gerechte Repressalie.
Mit dem Schriftstellerruhm ist es oft wie mit Frauengunst, und Gelderwerb. Jst nur erst ein guter Grund gelegt, so folgt das uͤbrige von selbst. Viele heißen durch Zufall groß. „. Es ist alles Gluͤck nur Gluͤck;“ist das Resultat mancher litterarischen Phaͤnomene nicht minder als der meisten politischen.
An das Herkommen glaubend, und immer um neue Tollheiten bemuͤht; nachahmungssuͤchtig und stolz auf Selbstaͤndigkeit, unbeholfen in der Oberflaͤchlichkeit, und bis zur Gewandtheit geschickt im tief- oder truͤbsinnig Schwerfaͤlligen; von Natur platt, aber dem Streben nach transcendent in Empfindungen und Ansichten; in ernsthafter Behaglichkeit gegen Witz und Muthwillen durch einen heiligen Abscheu verschanzt; auf die große Masse welcher Litteratur moͤchten diese Zuͤge etwa passen?
Die schlechten Schriftsteller klagen viel uͤber Tyranney der Rezensenten; ich glaube diese haͤtten eher die Klage zu fuͤhren. Sie sollen schoͤn, geistvoll, vortrefflich finden, was nichts von dem allen ist; und es stoͤßt sich nur an dem kleinen Umstande der Macht, so gingen die Rezensirten eben so mit ihnen um wie Dionysius mit den Tadlern seiner Verse. Ein Kotzebue hat dieß ja laut bekannt. Auch ließen sich die neuen
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