Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.rezensirt, ist man in der Amtskleidung: man redet nicht mehr in seinem eignen Namen, sondern als Mitglied eines Kollegiums. Wer eigenthümlichen Geist hat, muß ihn dem Zweck und Ton des Jnstituts unterordnen; und es fragt sich, ob durch die Theilnahme an der Würde desselben die Aufopferung ersetzt werden kann, da es mit einem kollektiven Geist immer eine verwickelte Bewandniß hat. Hieraus entsteht gar leicht etwas steifes und zunftmäßiges, das mit jener beseelten Freyheit, welche das gemeinschaftliche Element der bildenden Kraft und der Empfänglichkeit für ihre Schöpfungen ist, im Widerspruche steht. Überdieß liegt in diesem förmlichen Vortrage ein Anspruch auf allgemeine Gültigkeit, den nur die wissenschaftliche Anwendung wissenschaftlicher Wahrheiten zu machen hat, der aber keinesweges auf Gegenstände ausgedehnt werden kann, die erst in der Seele des Betrachtenden durch ein wunderbares Spiel der innern Kräfte ihre Bestimmung erreichen. Ein Kunstrichter zu seyn, nämlich der über Kunstwerke zu Gericht sitzt und nach Recht und Gesetz Urtheil spricht, ist etwas eben so unstatthaftes als unersprießliches und unerfreuliches. Mit Einem Worte, da die Wahrnehmung hier immer von subjektiven Bedingungen abhängig bleibt, so lasse man ihren Ausdruck so individuell, daß heißt so frey und lebendig seyn wie möglich. Die folgenden Beyträge wollen sich nicht zum Range von Rezensionen erheben: ihr Verfasser erklärt sie für nichts weiter als Privatansichten eines in und rezensirt, ist man in der Amtskleidung: man redet nicht mehr in seinem eignen Namen, sondern als Mitglied eines Kollegiums. Wer eigenthuͤmlichen Geist hat, muß ihn dem Zweck und Ton des Jnstituts unterordnen; und es fragt sich, ob durch die Theilnahme an der Wuͤrde desselben die Aufopferung ersetzt werden kann, da es mit einem kollektiven Geist immer eine verwickelte Bewandniß hat. Hieraus entsteht gar leicht etwas steifes und zunftmaͤßiges, das mit jener beseelten Freyheit, welche das gemeinschaftliche Element der bildenden Kraft und der Empfaͤnglichkeit fuͤr ihre Schoͤpfungen ist, im Widerspruche steht. Überdieß liegt in diesem foͤrmlichen Vortrage ein Anspruch auf allgemeine Guͤltigkeit, den nur die wissenschaftliche Anwendung wissenschaftlicher Wahrheiten zu machen hat, der aber keinesweges auf Gegenstaͤnde ausgedehnt werden kann, die erst in der Seele des Betrachtenden durch ein wunderbares Spiel der innern Kraͤfte ihre Bestimmung erreichen. Ein Kunstrichter zu seyn, naͤmlich der uͤber Kunstwerke zu Gericht sitzt und nach Recht und Gesetz Urtheil spricht, ist etwas eben so unstatthaftes als unersprießliches und unerfreuliches. Mit Einem Worte, da die Wahrnehmung hier immer von subjektiven Bedingungen abhaͤngig bleibt, so lasse man ihren Ausdruck so individuell, daß heißt so frey und lebendig seyn wie moͤglich. Die folgenden Beytraͤge wollen sich nicht zum Range von Rezensionen erheben: ihr Verfasser erklaͤrt sie fuͤr nichts weiter als Privatansichten eines in und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0158" n="147"/> rezensirt, ist man in der Amtskleidung: man redet nicht mehr in seinem eignen Namen, sondern als Mitglied eines Kollegiums. Wer eigenthuͤmlichen Geist hat, muß ihn dem Zweck und Ton des Jnstituts unterordnen; und es fragt sich, ob durch die Theilnahme an der Wuͤrde desselben die Aufopferung ersetzt werden kann, da es mit einem kollektiven Geist immer eine verwickelte Bewandniß hat. Hieraus entsteht gar leicht etwas steifes und zunftmaͤßiges, das mit jener beseelten Freyheit, welche das gemeinschaftliche Element der bildenden Kraft und der Empfaͤnglichkeit fuͤr ihre Schoͤpfungen ist, im Widerspruche steht. Überdieß liegt in diesem foͤrmlichen Vortrage ein Anspruch auf allgemeine Guͤltigkeit, den nur die wissenschaftliche Anwendung wissenschaftlicher Wahrheiten zu machen hat, der aber keinesweges auf Gegenstaͤnde ausgedehnt werden kann, die erst in der Seele des Betrachtenden durch ein wunderbares Spiel der innern Kraͤfte ihre Bestimmung erreichen. Ein Kunstrichter zu seyn, naͤmlich der uͤber Kunstwerke zu Gericht sitzt und nach Recht und Gesetz Urtheil spricht, ist etwas eben so unstatthaftes als unersprießliches und unerfreuliches. Mit Einem Worte, da die Wahrnehmung hier immer von subjektiven Bedingungen abhaͤngig bleibt, so lasse man ihren Ausdruck so individuell, daß heißt so frey und lebendig seyn wie moͤglich.</p><lb/> <p>Die folgenden Beytraͤge wollen sich nicht zum Range von Rezensionen erheben: ihr Verfasser erklaͤrt sie fuͤr nichts weiter als Privatansichten eines in und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [147/0158]
rezensirt, ist man in der Amtskleidung: man redet nicht mehr in seinem eignen Namen, sondern als Mitglied eines Kollegiums. Wer eigenthuͤmlichen Geist hat, muß ihn dem Zweck und Ton des Jnstituts unterordnen; und es fragt sich, ob durch die Theilnahme an der Wuͤrde desselben die Aufopferung ersetzt werden kann, da es mit einem kollektiven Geist immer eine verwickelte Bewandniß hat. Hieraus entsteht gar leicht etwas steifes und zunftmaͤßiges, das mit jener beseelten Freyheit, welche das gemeinschaftliche Element der bildenden Kraft und der Empfaͤnglichkeit fuͤr ihre Schoͤpfungen ist, im Widerspruche steht. Überdieß liegt in diesem foͤrmlichen Vortrage ein Anspruch auf allgemeine Guͤltigkeit, den nur die wissenschaftliche Anwendung wissenschaftlicher Wahrheiten zu machen hat, der aber keinesweges auf Gegenstaͤnde ausgedehnt werden kann, die erst in der Seele des Betrachtenden durch ein wunderbares Spiel der innern Kraͤfte ihre Bestimmung erreichen. Ein Kunstrichter zu seyn, naͤmlich der uͤber Kunstwerke zu Gericht sitzt und nach Recht und Gesetz Urtheil spricht, ist etwas eben so unstatthaftes als unersprießliches und unerfreuliches. Mit Einem Worte, da die Wahrnehmung hier immer von subjektiven Bedingungen abhaͤngig bleibt, so lasse man ihren Ausdruck so individuell, daß heißt so frey und lebendig seyn wie moͤglich.
Die folgenden Beytraͤge wollen sich nicht zum Range von Rezensionen erheben: ihr Verfasser erklaͤrt sie fuͤr nichts weiter als Privatansichten eines in und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/158 |
Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/158>, abgerufen am 16.02.2025. |