Schiller, Friedrich: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? (Antrittsvorlesung in Jena, 26. 5. 1789 ). Jena, 1789.ben, bey der gegenwärtigen Gestalt der Welt, die wir Der menschliche Fleiß hat sie angebaut, und den jetzt
ben, bey der gegenwaͤrtigen Geſtalt der Welt, die wir Der menſchliche Fleiß hat ſie angebaut, und den jetzt
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ben, bey der gegenwaͤrtigen Geſtalt der Welt, die wir
bewohnen.
Der menſchliche Fleiß hat ſie angebaut, und den
widerſtrebenden Boden durch ſein Beharren und ſeine
Geſchicklichkeit uͤberwunden. Dort hat er dem Meere
Land abgewonnen, hier dem duͤrren Lande Stroͤme ge-
geben. Zonen und Jahrszeiten hat der Menſch durch
einander gemengt, und die weichlichen Gewaͤchſe des
Orients zu ſeinem rauheren Himmel abgehaͤrtet. Wie
er Europa nach Weſtindien und dem Suͤdmeere trug,
hat er Aſien in Europa auferſtehen laſſen. Ein heitrer
Himmel lacht jetzt uͤber Germaniens Waͤldern, welche
die ſtarke Menſchenhand zerriß und dem Sonnenſtral
aufthat, und in den Wellen des Rheins ſpiegeln ſich
Aſiens Reben. An ſeinen Ufern erheben ſich volkreiche
Staͤdte, die Genuß und Arbeit in munterm Leben durch-
ſchwaͤrmen. Hier finden wir den Menſchen, in ſeines Er-
werbes friedlichem Beſitz ſicher unter einer Million, ihn,
dem ſonſt ein einziger Nachbar den Schlummer raubte.
Die Gleichheit, die er durch ſeinen Eintritt in die Ge-
ſellſchaft verlohr, hat er wieder gewonnen durch weiſe
Geſetze. Von dem blinden Zwange des Zufalls und
der Noth hat er ſich unter die ſanftere Herrſchaft der
Vertraͤge gefluͤchtet, und die Freyheit des Raubthiers
hingegeben, um die edlere Freyheit des Menſchen zu
retten. Wohlthaͤtig haben ſich ſeine Sorgen getrennt,
ſeine Thaͤtigkeiten vertheilt. Jetzt noͤthigt ihn das ge-
bieteriſche Beduͤrfniß nicht mehr an die Pflugſchaar,
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