Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.ein Schauspiel. zerfliessen, den einzigen wiederzustralen, den ein-zigen dir entgegen zu tönen. Amalia bewegt. Ja wahrhaftig, ich gesteh es. Euch Barbaren zum Trutz will ichs vor aller Welt gestehen -- ich lieb ihn! Franz. Unmenschlich, grausam! Diese Liebe so zu belohnen! Die zu vergessen -- Amalia auffahrend. Was, mich vergessen? Franz. Hattest du ihm nicht einen Ring an den Finger gestekt? einen Diamantring zum Un- terpfand deiner Treue! -- Freylich nun, wie kann auch ein Jüngling den Reizen einer Meze Wider- stand thun? Wer wirds ihm auch verdenken, da ihm sonst nichts mehr übrig war wegzugeben, -- und bezahlte sie ihn nicht mit Wucher dafür mit ih- ren Liebkosungen, ihren Umarmungen? Amalia aufgebrachs. Meinen Ring einer Meze? Franz. Pfui, pfui! das ist schändlich. Wol aber, wenns nur das wäre! -- Ein Ring, so kost- bar er auch ist, ist im Grunde bey jedem Juden wieder zu haben -- vielleicht mag ihm die Arbeit daran nicht gefallen haben, vielleicht hat er einen schönern dafür eingehandelt. Amalia heftig. Aber meinen Ring -- ich sage meinen Ring? Franz. Keinen andern, Amalia -- ha! solch ein Kleinod, und an meinem Finger -- und von Amalia! -- von hier sollt ihn der Tod nicht ge- ris-
ein Schauſpiel. zerflieſſen, den einzigen wiederzuſtralen, den ein-zigen dir entgegen zu toͤnen. Amalia bewegt. Ja wahrhaftig, ich geſteh es. Euch Barbaren zum Trutz will ichs vor aller Welt geſtehen — ich lieb ihn! Franz. Unmenſchlich, grauſam! Dieſe Liebe ſo zu belohnen! Die zu vergeſſen — Amalia auffahrend. Was, mich vergeſſen? Franz. Hatteſt du ihm nicht einen Ring an den Finger geſtekt? einen Diamantring zum Un- terpfand deiner Treue! — Freylich nun, wie kann auch ein Juͤngling den Reizen einer Meze Wider- ſtand thun? Wer wirds ihm auch verdenken, da ihm ſonſt nichts mehr uͤbrig war wegzugeben, — und bezahlte ſie ihn nicht mit Wucher dafuͤr mit ih- ren Liebkoſungen, ihren Umarmungen? Amalia aufgebrachs. Meinen Ring einer Meze? Franz. Pfui, pfui! das iſt ſchaͤndlich. Wol aber, wenns nur das waͤre! — Ein Ring, ſo koſt- bar er auch iſt, iſt im Grunde bey jedem Juden wieder zu haben — vielleicht mag ihm die Arbeit daran nicht gefallen haben, vielleicht hat er einen ſchoͤnern dafuͤr eingehandelt. Amalia heftig. Aber meinen Ring — ich ſage meinen Ring? Franz. Keinen andern, Amalia — ha! ſolch ein Kleinod, und an meinem Finger — und von Amalia! — von hier ſollt ihn der Tod nicht ge- riſ-
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ein Schauſpiel.
zerflieſſen, den einzigen wiederzuſtralen, den ein-
zigen dir entgegen zu toͤnen.
Amalia bewegt. Ja wahrhaftig, ich geſteh es.
Euch Barbaren zum Trutz will ichs vor aller Welt
geſtehen — ich lieb ihn!
Franz. Unmenſchlich, grauſam! Dieſe Liebe ſo
zu belohnen! Die zu vergeſſen —
Amalia auffahrend. Was, mich vergeſſen?
Franz. Hatteſt du ihm nicht einen Ring an
den Finger geſtekt? einen Diamantring zum Un-
terpfand deiner Treue! — Freylich nun, wie kann
auch ein Juͤngling den Reizen einer Meze Wider-
ſtand thun? Wer wirds ihm auch verdenken, da
ihm ſonſt nichts mehr uͤbrig war wegzugeben, —
und bezahlte ſie ihn nicht mit Wucher dafuͤr mit ih-
ren Liebkoſungen, ihren Umarmungen?
Amalia aufgebrachs. Meinen Ring einer Meze?
Franz. Pfui, pfui! das iſt ſchaͤndlich. Wol
aber, wenns nur das waͤre! — Ein Ring, ſo koſt-
bar er auch iſt, iſt im Grunde bey jedem Juden
wieder zu haben — vielleicht mag ihm die Arbeit
daran nicht gefallen haben, vielleicht hat er einen
ſchoͤnern dafuͤr eingehandelt.
Amalia heftig. Aber meinen Ring — ich ſage
meinen Ring?
Franz. Keinen andern, Amalia — ha! ſolch
ein Kleinod, und an meinem Finger — und von
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