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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
Moor. Schändliche Kerls!
Spiegelberg. Der Leichenpomp wird veran-
staltet in aller Pracht, Karmina gabs die schwere
Meng um den Hund, und zogen wir aus des
Nachts gegen tausend, eine Laterne in der einen
Hand, unsre Raufdegen in der andern, und so fort
durch die Stadt mit Glockenspiel und Geklimper,
bis der Hund beigesezt war. Drauf gabs ein Fres-
sen, das währt bis an den lichten Morgen, da
bedanktest du dich bey den Herren für das herzli-
che Beileid, und ließest das Fleisch verkauffen ums
halbe Geld. Mort de ma vie, da hatten wir dir
Respekt, wie eine Garnison in einer eroberten Ve-
stung --
Moor. Und du schämst dich nicht damit groß
zu pralen? Hast nicht einmal so viel Schaam dich
dieser Streiche zu schämen?
Spiegelberg. Geh, geh. Du bist nicht mehr
Moor. Weist du noch wie tausendmal du die
Flasche in der Hand den alten Filzen hast aufge-
zogen, und gesagt: Er soll nur drauf los schaben
und scharren, du wollest dir dafür die Gurgel ab-
sauffen. -- Weist du noch? he? weist du noch?
O du heilloser, erbärmlicher Pralhanß! das war
noch männlich gesprochen, und edelmännisch, aber --
Moor. Verflucht seyst du, daß du mich dran
erinnerst! Verflucht ich, daß ich es sagte! Aber es
war
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ein Schauſpiel.
Moor. Schaͤndliche Kerls!
Spiegelberg. Der Leichenpomp wird veran-
ſtaltet in aller Pracht, Karmina gabs die ſchwere
Meng um den Hund, und zogen wir aus des
Nachts gegen tauſend, eine Laterne in der einen
Hand, unſre Raufdegen in der andern, und ſo fort
durch die Stadt mit Glockenſpiel und Geklimper,
bis der Hund beigeſezt war. Drauf gabs ein Freſ-
ſen, das waͤhrt bis an den lichten Morgen, da
bedankteſt du dich bey den Herren fuͤr das herzli-
che Beileid, und ließeſt das Fleiſch verkauffen ums
halbe Geld. Mort de ma vie, da hatten wir dir
Reſpekt, wie eine Garniſon in einer eroberten Ve-
ſtung —
Moor. Und du ſchaͤmſt dich nicht damit groß
zu pralen? Haſt nicht einmal ſo viel Schaam dich
dieſer Streiche zu ſchaͤmen?
Spiegelberg. Geh, geh. Du biſt nicht mehr
Moor. Weiſt du noch wie tauſendmal du die
Flaſche in der Hand den alten Filzen haſt aufge-
zogen, und geſagt: Er ſoll nur drauf los ſchaben
und ſcharren, du wolleſt dir dafuͤr die Gurgel ab-
ſauffen. — Weiſt du noch? he? weiſt du noch?
O du heilloſer, erbaͤrmlicher Pralhanß! das war
noch maͤnnlich geſprochen, und edelmaͤnniſch, aber —
Moor. Verflucht ſeyſt du, daß du mich dran
erinnerſt! Verflucht ich, daß ich es ſagte! Aber es
war
B 4
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[23/0045] ein Schauſpiel. Moor. Schaͤndliche Kerls! Spiegelberg. Der Leichenpomp wird veran- ſtaltet in aller Pracht, Karmina gabs die ſchwere Meng um den Hund, und zogen wir aus des Nachts gegen tauſend, eine Laterne in der einen Hand, unſre Raufdegen in der andern, und ſo fort durch die Stadt mit Glockenſpiel und Geklimper, bis der Hund beigeſezt war. Drauf gabs ein Freſ- ſen, das waͤhrt bis an den lichten Morgen, da bedankteſt du dich bey den Herren fuͤr das herzli- che Beileid, und ließeſt das Fleiſch verkauffen ums halbe Geld. Mort de ma vie, da hatten wir dir Reſpekt, wie eine Garniſon in einer eroberten Ve- ſtung — Moor. Und du ſchaͤmſt dich nicht damit groß zu pralen? Haſt nicht einmal ſo viel Schaam dich dieſer Streiche zu ſchaͤmen? Spiegelberg. Geh, geh. Du biſt nicht mehr Moor. Weiſt du noch wie tauſendmal du die Flaſche in der Hand den alten Filzen haſt aufge- zogen, und geſagt: Er ſoll nur drauf los ſchaben und ſcharren, du wolleſt dir dafuͤr die Gurgel ab- ſauffen. — Weiſt du noch? he? weiſt du noch? O du heilloſer, erbaͤrmlicher Pralhanß! das war noch maͤnnlich geſprochen, und edelmaͤnniſch, aber — Moor. Verflucht ſeyſt du, daß du mich dran erinnerſt! Verflucht ich, daß ich es ſagte! Aber es war B 4

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/45>, abgerufen am 29.03.2024.